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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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Waid zugegeben. Er schnappte nach Luft. »So ein Unsinn«, rief er keuchend. »Ihr seid selbst schuld. Ihr habt die Seiten gewechselt. Ihr seid von Piccinino zu Aragon übergelaufen. Und die Franzosen haben das erfahren. Sie haben den Befehl gegeben. Euer ganzes Vermögen sollte beschlagnahmt werden. Savoyen hat mich angewiesen.«
    »Ach, wirklich?« Lionetto tänzelte auf de Fleury zu. Der wich zurück. »Vielleicht war s wirklich so. Aber dann seid Ihr natürlich entschädigt worden.«
    »Nein!« rief de Fleury. »Sie haben es zwar versprochen, aber sie haben nicht bezahlt. Ich hatte alles angelegt. Die Auszahlung hat mich in den Bankrott getrieben. Ich bin bankrott.«
    »Das seh ich«, sagte Lionetto. Sein Schwert zuckte. Ein Edelstein von de Fleurys Kragen fiel zu Boden. »Arm wie eine Kirchenmaus! Los, wo ist mein Geld?«
    »Er sagt die Wahrheit«, mischte sich Nicholas ein. »Der König von Frankreich hat es durch den Savoyer beschlagnahmen lassen. Er ist bankrott. Er lebt vom Geld der Familie Charetty.«
    Lionetto fuhr herum. »Kein Geld?«
    »Nein. Laßt ihn in Ruhe«, sagte Nicholas.
    »Nicholas!« rief Julius. »Er wollte dich töten!«
    »Ach?« sagte Lionetto. »Er wollte den lieben Nicholas töten? Vielleicht verschone ich ihn. Ich hätte ja selbst manchmal Lust, Nicholas zu töten. Beinahe hätte ich übrigens Euren Doktor umgebracht. Ich habe ihn unterwegs getroffen. Er wollte nach Norden. Euer Doktor Tobias. Wegen dem Geld, das er mitgebracht hat, bin ich von Piccinino weg. Aber er hat gesagt, daß er mir nicht schaden wollte. Er hätte mich doch reich gemacht, und das stimmt ja auch. Nur bin ich jetzt nicht mehr reich, oder? Und wer ist schuld dran?«
    Jaak de Fleury war kein Feigling. Bei seinem übersteigerten Selbstbewußtsein hatte er Mut nie nötig gehabt. »Mir reichts«, sagte er, machte kehrt und ging.
    Lionetto andererseits war Söldner. »Mir auch, Monsieur«, rief er, holte ihn mit drei gemessenen Schritten ein und stieß ihm das Schwert in den Rücken.
    Über den Gestürzten gebeugt, zog er seine Klinge aus dem Körper, musterte sie prüfend und wischte sie dann sorgfältig an einem Büschel Gras ab. »Ich hoffe, ihr habt alle gut aufgepaßt«, sagte er. »Unser armer Nicholas kämpfte um sein Leben, und ich habe ihn gerettet. Was tun die vielen Leute hier?«
    »Schauen zu, wie Ihr Nicholas rettet«, antwortete Julius. Er atmete ziemlich hastig. »Habt Ihr dringende Geschäfte in Brügge?«
    Lionetto sah sich um und warf Nicholas einen finsteren Blick zu. »Jetzt nicht mehr. Hatte ich nicht auch mit dir mal Ärger?«
    »Ja«, bestätigte Nicholas. »Aber ein anderer hat sich für Euch mit mir angelegt. Ich denke, wir können die Sache begraben.«
    »Hast du gewonnen?« knurrte Lionetto.
    »Nein, verloren.«
    Lionettos Blick schweifte über das Gelände zu der Mauer, bei der die zwei Toten lagen. »Na, inzwischen hast du anscheinend gelernt, wies geht. Wenn du dich mit dem Sieg über den alten Kerl da schmücken willst, hab ich nichts dagegen. Ich brauch nur ein paar Groschen für eine Unterkunft.«
    »Bitte!« Gregorio warf ihm seinen Beutel zu.
    Lionetto fing ihn auf und sah ihn verblüfft an. Dann lachte er. »Ich hab Euch wohl einen Dienst erwiesen, wie? Dann vergeßt das nicht. Vielleicht brauch ich auch mal was von Euch. Demoiselle?«
    Er verneigte sich vor einer Person, die aus der Menge der Gaffer an der Straßenseite des Geländes trat. Dann schob er sein Schwert in die Scheide und ging gemächlich davon.
    Inzwischen war die Person näher gekommen. Marian de Charetty.
    »O Gott«, sagte Julius.
    Gregorio, der Lionetto nachgeblickt hatte, drehte sich herum. »Ich glaube, sie hat gesehen, wer de Fleury getötet hat. Vielleicht sollte Nicholas …?«
    »Könntet Ihr … vielleicht könntet Ihr dafür sorgen«, sagte Nicholas, »daß die Neugierigen verschwinden und die Sache dann den zuständigen Leuten melden. Ich bringe die Demoiselle zur Spanjaardstraat zurück.«
    Sein Herz schlug wie wild nach der Auseinandersetzung und seine Hände zitterten. Er kämpfte gegen aufsteigende Übelkeit an. Starr stand er da und bemühte sich, seine fünf Sinne zusammenzuhalten. Sie würde es in der Öffentlichkeit erfahren. Die Gaffer konnten sie nicht hören, aber sie konnten sie sehen.
    Daß er ihr nicht entgegenging, verriet ihr, was sie erwartete. Sie war streng gekleidet: anliegende Ärmel bis zu den Handgelenken, hoher Kragen, Ohren und Kinn unter dem Hut in Voile gehüllt. Die leuchtend

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