Niccolòs Aufstieg
blauen Augen lagen in dunklen Höhlen, Lippen und Wangen waren bleich.
Neben ihm blieb sie stehen und sah ihn an. »Hat er dich verwundet?«
Das Gras zu seinen Füßen war blutig. Er erinnerte sich an die Klinge in seinem Rücken. Es war nur eine Fleischwunde, sie würde sich schnell schließen. »Nein. Julius und ich - wir bringen Euch schlechte Nachricht.«
»Ich habe Felix verloren«, sagte sie. Ihre Augen waren trocken.
»Er war erwachsen geworden«, erwiderte Nicholas. »Beinahe über Nacht. Er hat mir bei den Verhandlungen in Mailand geholfen und wollte in den Krieg nach Neapel. Er hat an den Kämpfen teilgenommen und seine Sache gut gemacht. Astorre wird es Euch erzählen. Statt heimzukehren, ist er dann zu Urbinos Heer gewechselt. Der Graf von Urbino und Alessandro Sforza standen im Osten.«
»Ich weiß. In den Abruzzen. Warst du dort?«
»Er durfte sogar an einem Turnier teilnehmen. Und siegte. Und war sehr glücklich. Wenig später ist er gefallen. Es kam zu einer Schlacht, und er wurde vom Bolzen einer Armbrust getroffen. Es ging sehr schnell. Wir haben ihn dort begraben.«
Er sah, wie sie zusammenzuckte. Sie wollte noch keine Einzelheiten. Sie sah zu dem anderen Toten hinunter. »Er wollte das Geschäft.«
»Er hat die Charettys gehaßt«, sagte Nicholas. »Und er hat Frauen gehaßt, glaube ich. Thibault hat zweimal geheiratet, dafür hat er ihn verachtet und Eure Schwester und meine Mutter. Er ist keinen Gedanken wert.«
»Nein. Du kannst mir später alles erzählen«, meinte sie. »Wo er begraben ist. Und - ach, die Mädchen. Sie sind nicht zu Hause.«
»Dann holen wir sie«, schlug er vor.
Das Haus in der Spanjaardstraat, nach dem Brand neu eingerichtet, war ihm fremd. Tilde und Catherine waren nicht so beherrscht wie ihre Mutter, und diese hatte einiges zu tun, sie zu trösten. Nicholas behandelten sie wie früher, als er der vertraute Gefährte gewesen war, der in ihrem Leben ein und aus ging. Es war, als hätte er ihre Mutter nie geheiratet.
Auch Marian verhielt sich, als hätte sich an ihrem Witwendasein nichts geändert. Sie kannte Claes seit zehn Jahren. Sie hatte Felix zur Welt gebracht und großgezogen und Cornelis’ Stolz gesehen auf sein Kind, seinen Sohn.
Nicholas nahm all dies wahr und ging, ohne sich einzumischen, daran, die Trümmer des Tages zu beseitigen.
Die Erledigung des Falls Jaak de Fleury überließ er den beiden Juristen, die in Anbetracht des völlig unprovozierten Angriffs de Fleurys keine Schwierigkeiten sahen. Der Leichnam wurde fortgebracht. Gregorio entließ die kleine Dienerschaft des Toten. Alles, was de Fleury noch besessen hatte, würde an seinen Bruder gehen.
Umsichtig und ohne die Demoiselle und ihre Kinder damit zu belästigen, nahmen Gregorio und Julius all die kleinen Wertgegenstände an sich, die sich, vom Geld der Demoiselle gekauft, mit der Zeit angesammelt hatten. Zu Silber gemacht, würden sie wieder ihrem Vermögen einverleibt werden. Am Ende konnte Julius vor Müdigkeit nicht mehr klar denken und war froh, als auch Gregorio meinte, er gehöre ins Bett.
Nicholas arbeitete mit unverminderter Energie weiter. Gregorio kam zu ihm und wurde aufgefordert, nach Hause zu gehen, was er auch tat. Die Familie hatte sein Mitgefühl. Aber er war nicht mit seiner Dienstherrin verheiratet.
Die Demoiselle bemerkte das alles. Henning und andere, die zur Hausgemeinschaft gehörten, suchten sie auf, um ihre Hilfe anzubieten oder einen Besuch zu melden. Sie wies alles dankend zurück und meinte, an diesem Tag sei ihr Platz bei ihren Töchtern.
Sie ließ die beiden Kinder, die ihr geblieben waren, in ihrem Wohnzimmer zu Abend essen. Sie selbst aß nichts, aber bei den Mädchen schlug bald der Appetit der Jugend durch. Sie begannen schon, sich zu erholen. Morgen oder übermorgen würden sie alles über die Schlacht und den Kampf wissen wollen.
Später, nachdem sie ihnen gute Nacht gesagt hatte, hörte sie Tilde weinen. Sie ging zu ihr und blieb bei ihr am Bett, bis sie eingeschlafen war. Dann kleidete sie sich aus und schlüpfte in ihr Nachthemd. In ihrer Schlafkammer setzte sie sich ans offene Fenster und wünschte Cornelis herbei.
Aber das war selbstsüchtig, denn Cornelis hätte entsetzlich gelitten. Sein Sohn. Sein Erbe. Sie hatte nur ihren kleinen Jungen verloren.
Milde und freundlich dachte sie an Cornelis zurück. Einen besseren Ehemann hätte sich keine Frau erhoffen können. Als ihr Vater bankrott gegangen war, faute van den wissele wie Jaak de
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