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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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wirklich eine solche Rache ausgedacht?
    »Ihr habt noch nicht gesagt, warum Nicholas Lionetto auf unserer Seite haben wollte und nicht auf feindlicher«, bemerkte Gregorio.
    Tobias richtete die hellen Augen kurz auf Julius, dann wieder auf Gregorio. Der rosige kleine Mund war mürrisch verzogen. »Um ihn verraten zu können. Lionetto ist Franzose. Um ihn zu Fall zu bringen, brauchte man nur nach Frankreich zu melden, daß er auf der feindlichen Seite kämpft und bei einem abtrünnigen Unternehmen in Genf eine große Geldsumme liegen hat. Der König von Frankreich brauchte keine besonderen Anstrengungen zu machen, um Thibault und Jaak de Fleury zugrunde zu richten. Er brauchte nur Lionettos gewaltige Einlage zu beschlagnahmen, und das Haus de Fleury ging ganz von selbst bankrott.«
    »Ihr wollt behaupten, daß Nicholas sich das ausgedacht hat«, sagte Julius. »Aber wie soll er -«
    »Nicholas hat sich das nicht nur ausgedacht, er hat es eingefädelt«, entgegnete Tobias. »Er brauchte einen Dritten, der Lionetto beim französischen König anschwärzte, und da fiel ihm der Savoyer ein. Erinnert Ihr Euch an die Lawine in den Alpen? Die war nicht geplant. Ich habe gemerkt, wie Nicholas plötzlich der Einfall kam. Er sah, daß der Mönch schreien wollte, und stachelte ihn noch an. Kindischer Übermut, den er hinterher bereuen mußte. Aber in den Herbergen unterwegs hatte er allerhand Klatsch aufgeschnappt. Ich möchte schwören, er wußte, daß sich unter den Engländern ein Hofbeamter des Dauphin befand. Dort in den Alpen trafen Nicholas und Gaston du Lyon zum ersten Mal zusammen. Ich bin überzeugt, sie hätten auch ohne die Lawine ein Zusammentreffen herbeizuführen gewußt. In Mailand trafen sie sich erneut - ich war dabei. Du Lyon interessierte sich angeblich im Auftrag seines Herrn für den Charetty-Kurierdienst. In Wirklichkeit wird der Dauphin natürlich gehofft haben, geheime Nachrichten kaufen zu können. Und Nicholas hat sicher welche anzubieten gehabt. Und als Gegenleistung vielleicht verlangt, daß der Dauphin ihm über seine savoyardischen Verbindungen hilft, Lionetto an Frankreich zu verraten. »Ist doch klar«, fuhr Tobias fort. »Der Dauphin wird ihm diesen Gefallen aus allen möglichen Gründen mit Freuden getan haben. Er haßt seinen Vater. Er hofft, Lionetto wieder auf die mailändische Seite zu bekommen, und er hat nichts dagegen, de Fleury eins auszuwischen, der immer seinen Vater begünstigt hat, wenn er es auch aus Geldgier nicht abgelehnt hat, mit Lionetto Geschäfte zu machen. Der Dauphin erteilte also die notwendigen Anweisungen. Gaston du Lyon war selbst in Savoyen, als Nicholas sich das letzte Mal mit Felix auf der Durchreise dort befand. Und so wurde de Fleury in den Bankrott getrieben, wenn Ihr mich fragt.«
    Es fiel Julius immer noch schwer, Nicholas solche Hinterlist zuzutrauen. Während er noch mit seiner Ungläubigkeit kämpfte, versuchte er widerstrebend, sich zu erinnern. Ein Vorfall fiel ihm ein. »In Mailand - Nicholas und ich haben durch Gaston du Lyon von dem Bankrott erfahren. Und dann …« Er brach ab.
    »Und dann?« hakte Tobias nach.
    »Die Medici erwarteten uns. Sie konnten uns alles zurückzahlen, was Jaak de Fleury uns noch schuldete, sei es in Geld oder in Waren, und uns dazu alle unbezahlte Ware zurückgeben, die de Fleury noch in Besitz hatte. Nicholas hatte ihnen schon zuvor sämtliche ausstehenden Forderungen verkauft. Die Medici waren sehr zufrieden. Sie hatten nichts verloren, weil sie … sie waren vorher gewarnt worden.«
    »Ganz recht«, sagte Tobias. »Nicholas beauftragte mich, dem Waffenhersteller in Piacenza auszurichten, Jaak de Fleury sei es mit den bestellten Waffen nicht eilig. Ich sollte Agostino sogar auffordern, sie auch dann nicht nach Genf zu senden, wenn sie schon fertig wären.«
    »Damit sie beim Bankrott des Hauses de Fleury für uns bereit lägen«, sagte Gregorio. »Julius … Ihr wart dabei, als Nicholas in Mailand von dem Bankrott hörte. Wie hat er es aufgenommen?«
    »Er war so entsetzt wie ich über den Tod der Demoiselle Esota und die Zerstörung des Anwesens. Er …«
    »Was?« fragte Tobias.
    »Er hat einen Weinkrug zerschlagen«, sagte Julius lahm.
    »Aber war er sonst irgendwie überrascht?« fragte Gregorio. »Über den Bankrott? Oder das Geld, das er bekam?«
    Julius dachte an den heißen Abend in Mailand, als sich die beiden grotesk geputzten Köpfe über den zahlenbedeckten Papieren hin und her schwangen, während Nicholas

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