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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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warmen Wetter waren die Fliegen gekommen. Julius verscheuchte sie, dann zog er seine Jacke aus und öffnete die oberen Haken seines Wamses. »Was redet Ihr da?« sagte er zu Tobias.
    Der legte den abgenagten Knochen aus der Hand, tauchte die Finger in die Wasserschale und trocknete sie an seiner Serviette. Dann schob er seinen Teller weg und umschloß seinen Weinbecher mit beiden Händen. »Wir reden von Jaak de Fleury und Lionetto.«
    Julius starrte ihn an. Er war aufgebracht und entsetzt zugleich. »Das ist ja lächerlich. Was wollt Ihr Nicholas in die Schuhe schieben? Er hat zwei Kerle getötet, die ihm ans Leben wollten. Lionetto hat er nicht getötet und de Fleury auch nicht, obwohl er weiß Gott allen Grund dazu gehabt hätte. Er hat etwas ganz anderes getan, er hat Brügge - und das Unternehmen - von der ganzen Bande befreit.«
    »Ich sage ja gar nicht, daß die Leute, denen er etwas antut, es nicht verdienen. Den meisten geschieht es wahrscheinlich recht. Ich rede davon, daß er Verwirrspiele aufbaut, Geheimschriften erfindet, Spuren legt und dann genüßlich zusieht, wie andere das Ganze zum Knallen bringen.«
    Tobias trank einen kräftigen Schluck von seinem Wein und stellte den Becher krachend wieder ab. Er sah Julius und Gregorio an.
    »Nehmen wir Lionetto«, sagte er. »Ich mag ihn nicht. Er hat übrigens auch Nicholas damals bei der Überschwemmung in der Gastwirtschaft übel beschimpft. Und später hat er mit Astorre einen Streit angezettelt, in den Nicholas gegen seinen Willen hineingezogen wurde. Er hätte dabei fast das Leben verloren. Wir können also annehmen, daß auch Nicholas nicht viel für Lionetto übrig hat. Da sollte man doch meinen, er wäre froh gewesen zu hören, daß Lionetto im Krieg um Neapel auf der anderen Seite stand, nämlich unter Piccininos Befehl.«
    »Aber das war er nicht«, sagte Gregorio. »Ich weiß noch, wie bekannt wurde, daß Piccinino die Seiten gewechselt hat. Das war Nicholas gar nicht recht. Aber er wollte mir nicht sagen, warum.«
    »Weil ihm zwar egal war, was Piccinino tat«, erklärte Tobias, »er aber Lionetto auf unserer Seite haben wollte. Dringend! Als der Papst damals Bestechungsgeld nach Mailand sandte, bat Nicholas mich sogar, den Herzog wenn möglich zu überreden, einen Teil davon zu benutzen, um Lionetto von Piccinino wegzulotsen. Das habe ich getan, und Lionetto wechselte wieder auf die mailändische Seite.«
    »Aber was sollte denn Nicholas daran liegen, Lionetto auf unserer Seite zu haben?« wandte Julius ein.
    »Das habe ich mich auch gefragt«, sagte Tobias. »Bis ich anfing, darüber nachzudenken, was Lionetto mit dem ganzen Schmiergeld machte, das er einstrich. Dreimal dürft Ihr raten!«
    »Er war früher bei der Medici-Bank«, sagte Julius. »Ich weiß noch, wie Nicholas sich in Genf mit den Medici-Leuten über Lionettos Glassteine amüsierte.«
    »Und Jaak de Fleury den Mund auf zukünftige Geschäfte mit Lionetto wäßrig machte«, fügte Tobias hinzu. »De Fleury wußte natürlich, wie einträglich das Geschäft mit einem Söldner sein kann. Er hatte ja lang genug Astorres Geld verwaltet. Bis Nicholas daherkam.«
    »Nicholas?« Aber Julius erinnerte sich schon. »Richtig. In Mailand. Astorre hat seine Geldgeschäfte den Medici übertragen, weil die ihm erstaunlich niedrige Gebühren angeboten haben.« Er hielt einen Moment inne. »Aber wie soll Nicholas es fertiggebracht haben, die Medici zu beeinflussen?«
    »Sie fressen ihm aus der Hand«, behauptete Tobias. »So leicht wie er Geheimschriften erfindet, entschlüsselt er sie. Er handelt mit geheimen Nachrichten. Natürlich hat ihre Bereitschaft, ihm gefällig zu sein, Grenzen. Aber einem Söldnerführer niedrige Preise anzubieten, um sich seine Kundschaft zu sichern, sprengt sie gewiß nicht. Astorres Geld war also sicher, und Lionetto, von de Fleury umworben und voll Verachtung für seinen Gegner, brachte sein Geld bei Maffino unter, de Fleurys Vertreter in Mailand. Nicholas war erleichtert, als er es hörte, Er hat es in Mailand auf der Durchreise eigens nachgeprüft. Das hat er mir erzählt.«
    »Er wollte Lionetto mit de Fleury zusammen in den Bankrott treiben?« fragte Gregorio.
    »Er wollte Jaak de Fleury in den Bankrott treiben«, sagte Tobias. »Das Ziel war immer de Fleury. Lionetto war nur Mittel zum Zweck.«
    War es möglich? Julius starrte ihn an. Jaak de Fleury, der Claes, das Kind, und Nicholas, den Erwachsenen, gedemütigt und mißhandelt hatte. Hatte sich der Bursche

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