Niccolòs Aufstieg
Flüssigkeitsaufnahme auf seinem Strohsack lag, hörte sie kommen. Das muntere Hufgeklapper und der Ton, in dem Astorre auf Julius einschrie, sagten alles. Sie hatten es geschafft. Der Vertrag, die condotta, war unter Dach und Fach Und so war es tatsächlich. Beifallsgeschrei aus einem Quartier in der Nähe verriet, daß auch die Kampftruppe die gute Nachricht erfahren hatte. Gleich darauf stieß Astorre mit gepolstertem Handschuh die Tür zu Tobias’ Kammer auf. Stolz trat er ein, während er sich noch den unförmigen Helm herunterriß, den er dann ohne einen Blick nach hinten Julius reichte. Der wiederum gab ihn an den hinter ihm laufenden Thomas weiter.
Tobias setzte sich auf. Astorre warf ihm einen selbstzufriedenen Blick zu und begann, Daten, Ziffern und Zahlen des Vertrags zwischen dem Haus Charetty und dem Herzog von Mailand herunterzuleiern, während er auf seinen krummen Säbelbeinen hin und her lief.
Seine Stimme dröhnte wie auf dem Schlachtfeld, es war ohrenbetäubend. Einhundert Lanzenträger und einhundert Fußsoldaten mußten bis zum Frühjahr in Neapel sein. Er hatte sich verpflichtet, das zu schaffen. Und sie würden auch mehr nehmen, wenn er sie beschaffen konnte. Er hatte einen Vertrag über sechs Monate zu neunhundert Gulden pro Monat unterzeichnet, ihren Anteil an Plünderungen nicht inbegriffen. Und überdies galt von heute bis April eine Vereinbarung auf anteilsmäßige Bezahlung, deren Höhe davon abhing, wie viele Soldaten er im Winter nach Süden verlegte.
Cicco Simonetta, Vorsteher der Hofkanzlei, würde den Betrag innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden auszahlen. Und in sechs Tagen, nach einer gehörigen Ruhepause für die Lanzenträger und die Pferde, würde Astorre sie nach Neapel hinunterführen. Auf welchem Weg? Woher sollte er das wissen? Sie würden es schon noch erfahren. Zu Land wahrscheinlich. Zu Land bis Pisa, vielleicht, und dann übers Wasser nach Süden. Es komme ganz aufs Wetter an und natürlich darauf, wo der Feind stehe und wie aktiv er sei. Und er werde Boten in alle Städte und Dörfer in den Niederlanden und alle anderen Regionen schicken, wo Männer vom Haus Charetty dafür bezahlt wurden, sich zum Einsatz bereitzuhalten. Kommt! würde der Befehl lauten. Kommt nach Neapel, und macht Euer Glück!
Julius war selbst so erhitzt, als hätte er den ganzen Tag getrunken, was selbstverständlich nicht der Fall war. Und Tobias wollte einiges wissen. Sie sollten sich also König Ferrante anschließen. Und die Bedingungen waren wirklich sehr ordentlich. Aber was sonst hatten Astorre und Julius in Erfahrung gebracht? Wie sah es mit den Truppen des Papstes aus? Wie mit Sforzas eigenem Heer? Und wo standen die anderen freien Heere? Man mußte die Konkurrenz im Auge behalten. Es konnte ja sein, daß einer dieser Verbände sich mit ihnen würde zusammentun müssen. Da war zum Beispiel das von Herzog Jacopo Piccinino geführte Heer, das sich (sagte Julius) derzeit nicht einmal in der Nähe von Neapel befand, sondern an der gegenüberliegenden Küste. Und der Graf von Urbino befehligte ein weiteres. Der Graf von Urbino, siebenunddreißig Jahre alt, einäugig und brillant, stand kurz vor der Verheiratung mit der Nichte des Herzogs von Mailand. Und Jahre früher schon hatte der Herzog dem Grafen Piccinino eine seiner Töchter zur Ehefrau versprochen. Söldnerführer waren beliebte Schwiegersöhne.
Das alles wußte Tobias bereits. Julius’ Auskünfte waren, gelinde ausgedrückt, unergiebig. Es ärgerte Tobias, daß er trotz des genossenen Weins nicht halb so berauscht war wie Julius von Triumph und Selbstgefälligkeit. Unbeirrt setzte er das Verhör fort. »Und der Palast? Wie war der?«
Astorre, der immer noch auf und ab lief, versuchte mit den Fingern zu schnippen und schälte sich aus seinen Handschuhen. »Kanzleistuben, nichts als Kanzleistuben! Sekretäre, Botschafter, Schreiber, Gemächer für die Familie natürlich, aber die Herzogin hat nur vier Frauen zu ihrer Bedienung, und der Herzog hat keinen Stil. Weiß der Himmel, was er mit dem Afrikaner anfangen wird, aber wir werden es sicher hören. Der Sekretär meinte, daß sich schon was Geeignetes finden wird. Na, das will ich hoffen. Wofür diese Leute Geld ausgeben! Erzieher für die Kinder! Aus denen wird eh nichts, Ihr werdet es erleben. Lateinische Vorträge mit acht! So ein Unfug. Wir sind ihrem Leibarzt begegnet …«Er drehte sich herum.
Aha, dachte Tobias.
Astorre neigte sich zu ihm hinunter und schob ihm
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