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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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soldatischen Auftritt hatte, dann dieser Francesco Sforza, seit nunmehr neun Jahren Herzog von Mailand. So ritt denn der Trupp des Hauses Charetty in blitzenden Helmen und Kniebuckeln, mit glänzenden Schilden und kriegerisch aufgerichteten Lanzen durch die belebten Straßen Mailands. Und andere Söldnerführer, auch sie vom Krieg in die Ferne gelockt, beobachteten taxierend, wie Astorres Schlachtroß in kostbar bestickter Schabracke und blinkendem, teils aus feinstem Leder gearbeitetem Geschirr, das Brust und Kruppe umspannte, auf dem Straßenpflaster einen Fuß vor den anderen setzte.
    Astorre trug Straußenfedern am Helm, einen Pelzkragen, der die kümmerlichen Reste seines Ohrs bedeckte, und Ringe über den Handschuhen. An diesem Tag verlangte ihn keine Minute danach, wieder ein einfacher Soldat zu sein, der mit den Kameraden lärmend am Feuer saß und auf Weiber und Wucherer schimpfte. Möglich, daß es am folgenden Tag etwas anders war, als der Vorsteher der herzoglichen Kanzlei ihn ins Schloß Arengo zitierte, ehemals der Palazzo Visconti, gleich neben dem Dom gelegen, und von ihm wissen wollte, was für Dienste er und seine Truppe anzubieten hatten.
    Ein Krieger war nun einmal auf dem Schlachtfeld in seinem Element und nicht in einem vornehmen Palast, wo er höchstens über sein Prunkschwert stolperte. Astorre hoffte, sich auf den Verstand des Konsulenten verlassen zu können, den er mitnehmen wollte. Außerdem hatte er für den Herzog ein nobles Geschenk, den Afrikaner Loppe, der mit rotem, über der Brust wattiertem Tuch herausgeputzt war, so daß man (wie dieser neunmalkluge Claes gesagt hatte) nur noch ein Kopfkissen brauchte, wenn man ihn als Bettdecke verwenden wollte. Obendrein hatten sie ihn in zweifarbige Hosen gesteckt und an seine Kopfbedeckung das in Gold gestickte Sforza-Wappen mit der Viper und dem Adler geheftet, das sie an einer Marktbude in Vercelli gekauft hatten.
    Schon im Interesse der Witwe Charetty erwartete Astorre, wie es üblich war, sein Geld in dieser oder jener Form zurückzubekommen. Loppe, der bereits etwas Italienisch sprach, hatte sich in Astorres Beisein nicht über das ihm bestimmte Los geäußert. Natürlich nicht. Dennoch war der Hauptmann nervös, als sie sich auf den Weg zum Palast begaben, und fuhr Thomas an, als dieser ihn mit der Nachricht aufzuhalten suchte, daß ein wichtiger Signore ihn zu sprechen wünsche.
    Thomas, übriggeblieben aus dem englisch-französischen Krieg, sprach primitives Englisch, ebenso primitives Französisch, abscheuliches Flämisch und fast kein Italienisch. Der »wichtige Signore« entpuppte sich als Pigello Portinari vom Bankhaus Medici, der seine Briefe, seine Pferde und seinen Tenor abholen wollte. Julius, schon zu Pferd, sagte: »Richte ihm aus, daß der Hauptmann und ich zum Schloß geritten sind. Wir machen ihm morgen unsere Aufwartung. Wenn er die Briefe haben möchte, kann er sie gleich mitnehmen, er muß nur dafür unterschreiben. Claes weiß, wo sie sind.«
    »Ich hole Meester Tobias«, sagte Thomas.
    »Nein, das tust du nicht«, widersprach Astorre. Tobias hantierte gegenwärtig mit Messer, Nadel und Salben in einem Hinterzimmer und bemühte sich, Cosimo de Medicis angeschlagenen Tenor wieder zusammenzuflicken. »Claes holt die Briefe, zeigt ihm, wo er unterschreiben muß, und bringt sie ihm zur Bank, wenn er möchte.« Den flämischen Färberlehrling Claes hinderten schon Stand und Sprache daran, Indiskretionen zu begehen, wie sie von Thomas zweifellos zu befürchten waren. Aber das sagte Astorre lieber nicht.
    Er schwang sich aufs Pferd und gesellte sich zu Julius und der Eskorte, die er für den kurzen Weg zum Palast zusammengestellt hatte. Straßenschmutz spritzte auf seinen Panzer. Es wurde schlimmer, als sie den Platz mit dem halbfertigen Dom überquerten. Astorre fand, man hätte die alte Kirche belassen sollen, wie sie war. Jetzt stand nur noch die Fassade. Dahinter wölbte sich der neue Dom wie der Wanst eines wühlenden Trüffelschweins. Bald würden auch Teile des Arengo-Palastes abgerissen werden, damit der Dom wachsen konnte. Und dann würde der Herzog ins Castello umziehen müssen. Was für ein Unfug, mit dem Geld um sich zu werfen, als verfügte man über eine unerschöpfliche Quelle, statt es dort einzusetzen, wo es gebraucht wurde. An Kirchenbauten waren Staaten schon bankrott gegangen.
    Da war der Torbogen zum Palast. Er erinnerte sich an ihn und auch an die Größe des Innenhofs: Galerien und eine Loggia und ein

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