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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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eingebracht.«
    »Was?« sagte Tobias.
    »Pigello hat Astorre einen Zinssatz geboten, der doppelt so hoch ist wie der, den er bei de Fleury bekommt, und da hat Astorre seine Finanzgeschäfte den Medici übertragen. Wenn das kein Vertrauen ist! Die Medici sind der Meinung, daß Ferrante König von Neapel bleiben wird. Oder glaubt Ihr, sie reden uns Eures Onkels wegen nach dem Munde?«
    »Sprecht Ihr von meinem Onkel, dem Leibarzt des Herzogs? Nein, sicher nicht«, sagte Tobias. »Er hat mich besucht, während Ihr weg wart, und keinen Zweifel daran gelassen, daß er mich auf der Verliererseite sieht. Ihr müßt das also anders betrachten. Ferrante scheitert, Astorre wird getötet und die Medici behalten ihr Geld. Es interessiert mich eigentlich nicht, aber ist Lionetto schon in Italien eingetroffen? Und wenn ja, auf wessen Seite steht er?«
    »Warum?« fragte Julius. »Wenn Anjou und die Franzosen siegen und nicht Ferrante, wollt Ihr dann wieder zu ihm wechseln?«
    »Mitsamt meinem Gold? Ein verlockender Gedanke«, meinte Tobias. Er hatte seinen Hut auf den Hinterkopf geschoben, sein Gesicht mit den hübschen, geschwungenen Nasenflügeln war unbewegt. »Ihr hättet unser Rechengenie zum Zählen mitnehmen sollen«, sagte er. »Wo war Claes eigentlich gestern abend?«
    »Zweite Spalte von links, dritter Name von oben«, sagte Julius. »Ich habe noch keine Durchschrift der Liste, aber sie verkaufen sie im Hof gegen Geld für Bier.«
    »Na los, dann holen wir sie uns doch«, sagte Tobias. »Ich werde Claes finden. Macht er so etwas öfter?«
    »Ich weiß es nicht. Ich war vorher noch nie mit ihm in einer fremden Stadt«, antwortete Julius. »Vermutlich sucht er etwas.«
    »Das Zahlenglück«, sagte Tobias lakonisch.
    Als Julius gegangen war, machte er sich gar nicht erst auf die Suche nach Claes, denn von seinem Onkel wußte er, wo Claes sich aufhielt und was er gerade tat. Er drückte nur den Hut in die Stirn, strich sich über das kurze schwarze Gewand, das ihn als Arzt auszeichnete, warf sich seinen Umhang über und machte sich auf den Weg zu dem prächtigen Haus der Acciajuoli.

KAPITEL 14
    Das Haus der Acciajuoli in Mailand lag zwischen dem Staub und Schmutz des Doms und dem Staub und Schmutz des Castello, nicht weit von der Piazza dei Mercanti entfernt. Dort gab es lange, von Arkaden durchbrochene Häuserzeilen aus rohen Quadersteinen, rotem Backstein und behauenem Marmor. Es gab mächtige Gebäude mit vorspringenden Dachsimsen, Bogenfenstern und Wappen über den Toren. Es gab Kirchen, einige mit umfriedeten Gartenanlagen. Und es gab Türme und Treppen und Balkone und hölzerne Auskragungen in den oberen Stockwerken, die hier und da wie ein Schutzdach die Straßen überwölbten.
    Die große Glocke des Broletto erklang, als Tobias die belebten Marktstraßen hinter sich ließ und in ruhigere einbog, wo weniger Frauen waren und wo die Männer, die wegen der Kälte nur kurz miteinander sprachen, breite oder hohe drapierte Hüte oder auch die schwarzen Kappen ihres Berufsstandes trugen und sich mit schweren Umhängen und gestepptem Damast wärmten. Wie immer sah Tobias den Leuten direkt ins Gesicht und zog seine Schlüsse über die Zustände in der Stadt. Seit der Herzog herrschte, wurde sie gut verwaltet. Unterernährte, Krüppel und von unfähigen Wundärzten Verunstaltete fanden sich in diesem Viertel ohnehin nicht. Die gab es bei den einfachen Häusern und Werkstätten. Und auch andere, dem medizinisch Gebildeten nur zu gut bekannte Gebrechen wie Brandwunden und taube Ohren der Waffenschmiede.
    Doch es war nicht das Elend, an das sich Tobias aus seiner Studentenzeit erinnerte. Er erinnerte sich an die Hitze und das Lärmen und an die Lebensfreude der Mailänder. Im Winter bekam man überall heiße Maroni. Die hatte er stets mit den Freunden gegessen, wenn er auf der Bank neben einem Amboß die Beine baumeln ließ und ihnen oder den Schmieden etwas zurief. Diese Gespräche mit den Schmieden waren es, dachte er manchmal, die ihn zu jenem Arzt gemacht hatten, der er war.
    Das Haus der Acciajuoli war ganz nach Art der im Bankwesen tätigen Familien gebaut: eher breit als hoch, mit einer schönen großen Flügeltür, die durch einen kurzen gewölbten Gang in einen rechteckigen, kopfsteingepflasterten Innenhof führte, der mit Kübeln voll immergrüner Pflanzen selbst bei Regen noch schön war und am jenseitigen Ende von soliden Gebäuden begrenzt wurde, vermutlich den Stallungen. Dort standen die unter Mühen mitgeführten

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