Nicholas Flame Bd. 1 Der Unsterbliche Alchemyst
in diesem Jahrhundert nicht würde kaufen können. Er drehte sich auf dem Absatz um, verließ den Raum und drückte das Handy ans Ohr. Er hörte noch, wie hinter ihm der Hammer des Auktionators auf das Pult krachte. »Verkauft. Für zweihundertundsechzigtausend Euro.«
»Ich bin da.« Machiavelli sprach italienisch, die Sprache seiner Kindheit.
Die Verbindung war schlecht, es knackte und knisterte, und dann kam von der anderen Seite der Welt, aus der Stadt Ojai nördlich von Los Angeles, eine Stimme mit englischem Akzent. Der Anrufer sprach ebenfalls italienisch, aber in einem Dialekt, den man in Europa seit über vierhundert Jahren nicht mehr gehört hatte. »Ich brauche deine Hilfe.«
Der Mann am anderen Ende der Leitung stellte sich nicht vor. Das war auch nicht nötig, denn Machiavelli wusste, wer es war: der unsterbliche Magier Dr. John Dee, einer der mächtigsten und gefährlichsten Männer der Welt.
Niccolò Machiavelli verließ rasch das Hotel. Auf dem großen, gepflasterten Quadrat des Place du Tertre blieb er stehen und holte tief Luft. »Was kann ich für dich tun?«, fragte er vorsichtig. Er hasste Dee und wusste, dass das Gefühl auf Gegenseitigkeit beruhte. Aber sie dienten beide den Dunklen Wesen des Älteren Geschlechts, und das bedeutete, dass sie schon jahrhundertelang zur Zusammenarbeit gezwungen waren. Machiavelli war auch etwas eifersüchtig auf Dee, weil dieser jünger war als er – und man es ihm ansah. Machiavelli war 1463 in Florenz geboren und somit 64 Jahre älter als der Magier.
»Flamel ist wieder in Paris.«
Machiavelli straffte die Schultern. »Seit wann?«
»Gerade angekommen. Über ein Krafttor. Ich weiß nicht, wo er herauskommt. Er kommt mit Scathach.«
Machiavellis Gesicht verzog sich zu einer hässlichen Grimasse. Das letzte Mal, als er der Kriegerprinzessin begegnet war, hatte sie ihn durch eine Tür gestoßen. Die Tür war zu gewesen, und er hatte fast einen Monat gebraucht, bis alle Splitter aus seinem Rücken entfernt waren. Eine ganze Woche lang hatte er nicht sitzen können.
»Außerdem haben sie zwei Humani-Kinder dabei. Amerikaner«, sagte Dee. Seine Stimme kam mal laut und mal leise über die transatlantische Verbindung. »Zwillinge«, fügte er hinzu.
»Sag das noch einmal.«
»Zwillinge«, schnaubte Dee. »Mit Auren aus reinem Gold und Silber. Du weißt, was das bedeutet.«
»Ja«, murmelte Machiavelli. Es bedeutete Ärger.
»Hekate hat die Kräfte des Mädchens geweckt, bevor sie mitsamt ihrem Schattenreich unterging. Ich glaube, die Hexe von Endor hat das Mädchen in der Luftmagie unterrichtet.«
»Was soll ich tun?«, fragte Machiavelli vorsichtig, obwohl er bereits eine sehr gute Idee hatte.
»Finde sie«, schnaubte Dee. »Und nimm sie gefangen. Ich bin auf dem Weg nach Paris, aber bis ich da bin, dauert es vierzehn oder fünfzehn Stunden.«
»Was ist mit dem Krafttor?«, wollte Machiavelli wissen.
»Zerstört von der Hexe von Endor. Und mich hat sie auch beinahe umgebracht. Ich hatte Glück, dass ich mit ein paar Schnittwunden und Kratzern davonkam«, erwiderte Dee und beendete dann das Gespräch, ohne sich zu verabschieden.
Niccolò Machiavelli klappte sein Handy zu und tippte sich damit an die Unterlippe. Irgendwie bezweifelte er, dass Dee Glück gehabt hatte. Hätte die Hexe von Endor seinen Tod gewollt, wäre nicht einmal der legendäre Dr. John Dee davongekommen.
Machiavelli drehte sich um und ging über den Platz dorthin, wo sein Fahrer seit Stunden mit dem Wagen wartete. Wenn Flamel, Scathach und die amerikanischen Zwillinge über ein Krafttor nach Paris gekommen waren, gab es nur wenige Plätze in der Stadt, wo sie gelandet sein konnten. Es sollte nicht allzu schwierig sein, sie zu finden und gefangen zu nehmen.
Falls er es sofort schaffte, hatte er fünfzehn Stunden Zeit, sich mit seinen Gefangenen zu befassen, bevor Dee dazukam.
Und in dieser Zeit würden sie ihm alles sagen, was sie wussten. Ein halbes Jahrtausend auf dieser Erde hatte Niccolò Machiavelli gelehrt, außerordentlich überzeugend aufzutreten.
»Wo genau sind wir?«, wollte Josh Newman wissen. Er schaute sich um und versuchte zu begreifen, was gerade geschehen war. Eben noch hatte er im Laden der Hexe von Endor gestanden. Sophie hatte ihn in einen Spiegel hineingezogen, ihm war es kurz eiskalt über den Rücken gelaufen, weil er völlig desorientiert war, und er hatte die Augen zusammengekniffen. Als er sie wieder öffnete, stand er in einem kleinen Lagerraum –
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