Nicholas Flame Bd. 1 Der Unsterbliche Alchemyst
eine Frage der Zeit.«
»Er kam mit Golems.«
Es entstand eine Pause. Die Gestalt drehte sich noch immer nicht um. »Er war schon immer ein Dummkopf. Man benutzt in einem trockenen Klima keine Golems. Das ist seine Arroganz.«
»Er hat Perenelle gekidnappt.«
»Ah. Das ist schlimm. Aber er wird ihr nichts tun.«
»Und er hat den Codex.«
Da kam Bewegung in die Gestalt. Sie stand langsam auf und drehte sich zu ihnen um. Die Zwillinge stellten schockiert fest, dass sie einem Mädchen gegenüberstanden, das nicht viel älter war als sie selbst. Sie hatte helle Haut und Sommersprossen und das runde Gesicht wurde von grasgrünen Augen beherrscht. Ihr Haar war von einem so kräftig leuchtenden Rot, dass Sophie vermutete, es könnte gefärbt sein.
»Den Codex?«
Sophie war jetzt sicher, dass es ein irischer Akzent war.
»Abrahams Buch der Magie?«
Nicholas Flamel nickte.
»Dann hast du recht. Wir haben ein Problem.«
Flamel griff in seine Tasche und zog die zwei Seiten heraus, die Josh gerettet hatte. »Er hat nicht das ganze Buch. ›Der letzte Aufruf‹ fehlt ihm.«
Die junge Frau gab ein Geräusch von sich, das sich anhörte wie Wasser, wenn es kocht, und ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Den er natürlich haben will.«
»Natürlich.«
Josh beobachtete die rothaarige Frau sehr genau. Ihm fiel auf, dass sie vollkommen reglos dastand, wie die meisten Kampfsportlehrer, die er kannte. Er warf seiner Schwester einen Blick aus den Augenwinkeln zu und hob fragend die Augenbrauen, wobei er mit dem Kinn auf das Mädchen wies. Sophie schüttelte den Kopf. Auch sie war neugierig, weshalb Nicholas Flamel ihr so offensichtlichen Respekt entgegenbrachte. Sophie war außerdem zu dem Schluss gekommen, dass mit dem Gesichtsausdruck des Mädchens etwas nicht stimmte. Was es war, konnte sie jedoch nicht sagen. Es war ein ganz gewöhnliches Mädchengesicht – vielleicht waren die Wangenknochen etwas zu hoch und das Kinn etwas zu spitz -, aber die smaragdgrünen Augen zogen alle Blicke auf sich und fesselten den Betrachter. Und dann stellte Sophie erschrocken fest, dass das Mädchen nicht blinzelte.
Die junge Frau warf plötzlich den Kopf zurück und atmete tief und mit geblähten Nasenflügeln ein und aus. »Rieche ich deshalb Beobachter?«
Flamel nickte. »Ratten und Krähen überall.«
»Und du hast sie hergebracht?« Ein vorwurfsvoller Unterton lag in ihrer Stimme. »Ich habe Jahre gebraucht, bis ich das Haus so weit hatte.«
»Du weißt, was Dee mit dem Codex tut, sobald er ihn hat.«
Die junge Frau nickte. Dann ging ihr Blick zu den Zwillingen, die sie bisher vollkommen ignoriert hatte. »Und diese beiden?«, fragte sie.
»Sie waren dabei, als Dee angriff. Sie haben mit mir gekämpft und dieser junge Mann konnte die Seiten aus dem Buch reißen. Das ist Sophie und das ihr Zwillingsbruder Josh.«
»Zwillinge?« Die junge Frau kam auf sie zu und betrachtete sie nacheinander. »Nicht identisch, aber eine Ähnlichkeit ist da.« Sie wandte sich wieder an Flamel. »Du denkst doch nicht …?«
»Ich denke, dass es sich hier um einen interessanten Zufall handelt«, erwiderte Flamel geheimnisvoll. Er schaute die Zwillinge an. »Darf ich euch Scathach vorstellen? Da sie selbst euch wahrscheinlich nicht sehr viel über sich erzählen wird, sage ich euch, dass sie zu dem Älteren Geschlecht gehört und sämtliche legendären Krieger und Helden der letzten zweitausend Jahre ausgebildet hat. In der Mythologie ist sie bekannt als Kriegerprinzessin, als die Schattenhafte, als Dämonenschlächterin und Königsmacherin, als -«
»Nennt mich einfach Scatty«, sagte die junge Frau, die so rot geworden war wie ihr Haar.
KAPITEL ACHT
D r. John Dee saß in seinem Wagen und versuchte – nicht zu hundert Prozent erfolgreich -, sein Temperament zu zügeln. Schwefelgeruch hing in der Luft und dünne gelblich weiße Feuerfäden züngelten um seine Fingerspitzen. Er hatte versagt, und auch wenn seine Gebieter ausgesprochen geduldig waren – sie leiteten oft Vorhaben ein, deren Verwirklichung sich über Jahrhunderte hinzog -, verloren sie nun doch langsam die Geduld. Und als besonders mitfühlend waren sie wirklich nicht bekannt.
Perenelle Flamel beobachtete ihn reglos – der Fesselzauber wirkte noch. In ihren blitzenden Augen lag eine Mischung aus Hass und etwas anderem, das fast Angst hätte sein können.
»Jetzt wird es kompliziert«, murmelte Dee, »und ich hasse Komplikationen.«
Dee balancierte eine flache silberne
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