Nicholas Flamel Bd. 2 Der dunkle Magier
und wies mit dem Kinn Richtung Marsfeld.
Da sah Josh den Mann in Schwarz, der sich mit schnellen Schritten durch die Urlauber bewegte. Keiner der Touristen achtete auf den Mann, der sich zwischen ihnen durchschlängelte wie ein Tänzer und sorgfältig darauf achtete, dass er niemanden auch nur streifte. Josh nahm an, dass er ungefähr so groß war wie er selbst, doch seine Statur einzuschätzen, war unmöglich, da er einen dreiviertellangen schwarzen Ledermantel trug, der beim Gehen um ihn herumflatterte. Er hatte den Mantelkragen aufgestellt und die Hände tief in den Taschen vergraben. Josh wurde es mulmig. Was nun?
Sophie kam angelaufen und boxte ihren Bruder spielerisch auf den Arm. »Da seid ihr ja!«, rief sie atemlos. »Gibt’s Probleme?«
Josh wies mit dem Kopf auf den herankommenden Mann im Ledermantel. »Ich bin mir nicht sicher.«
Scathach stellte sich neben die Zwillinge. Sie atmete nicht einmal schwer, wie Josh bemerkte. Sie atmete überhaupt nicht.
»Probleme?«, fragte Sophie und schaute Scathach an.
Die Kriegerin lächelte mit zusammengepressten Lippen. »Kommt drauf an, wie du Probleme definierst«, murmelte sie.
»Ganz im Gegenteil«, sagte Nicholas und lächelte breit. Er seufzte erleichtert. »Es ist ein Freund. Ein alter Freund. Ein guter Freund.«
Der Mann in Schwarz war jetzt so nah, dass die Zwillinge sein kleines, fast rundes Gesicht mit den stechenden blauen Augen erkennen konnten. Seine Haut war tief gebräunt. Das dichte, schulterlange schwarze Haar war aus der hohen Stirn gekämmt. Noch auf der Treppe zog er die Hände aus den Taschen und breitete weit die Arme aus. Silberne Ringe blitzten an sämtlichen Fingern, einschließlich den Daumen, dazu passten die silbernen Stecker in beiden Ohren. Er lächelte breit und man sah seine ungleichmäßigen, leicht gelblich verfärbten Zähne.
»Meister!« Er schlang beide Arme um Nicholas und küsste ihn rasch auf die Wangen. »Du bist zurückgekommen!« Er blinzelte, seine Augen waren feucht geworden, und für einen Augenblick leuchteten die Pupillen rot. In der Luft lag plötzlich der Geruch nach verbranntem Laub.
»Und du warst nie weg«, erwiderte Nicholas herzlich. Er hielt den Mann auf Armeslänge von sich und betrachtete ihn kritisch. »Du siehst gut aus, Francis. Besser als beim letzten Mal, als ich dich gesehen habe.« Er drehte sich um und legte dem Mann den Arm um die Schultern. »Du kennst natürlich Scathach.«
»Wer könnte je die Schattenhafte vergessen!« Der Mann machte einen Schritt auf die Kriegerin zu, nahm ihre blasse Hand in seine und führte sie in einer altmodisch höfischen Geste an seine Lippen.
Scathach beugte sich vor und zwickte den Mann so fest in die Wange, dass ihre Finger einen roten Abdruck hinterließen. »Ich habe dir beim letzten Mal schon gesagt, du sollst das nicht mit mir machen!«
»Gib es zu – du findest es toll.« Er grinste. »Und das müssen Sophie und Josh sein. Die Hexe hat mir von ihnen erzählt«, fügte er hinzu. Die blauen Augen des Mannes waren weit geöffnet, und er blinzelte nicht, als er sie nacheinander anschaute. »Die legendären Zwillinge«, murmelte er. Dann zog er leicht die Stirn in Falten. »Seid ihr sicher?«
»Ganz sicher«, erwiderte Nicholas bestimmt.
Der Fremde nickte und verbeugte sich leicht. »Die legendären Zwillinge«, wiederholte er. »Es ist mir eine Ehre, eure Bekanntschaft zu machen. Darf ich mich vorstellen? Ich bin der Graf von Saint-Germain«, verkündete er theatralisch und schaute sie erwartungsvoll an, fast so als müssten sie seinen Namen kennen.
Die Zwillinge blickten ihn an, beide denselben ratlosen Ausdruck auf dem Gesicht.
»Aber ihr müsst mich Francis nennen, das tun alle meine Freunde.«
»Mein Lieblingsschüler«, erklärte Nicholas voller Zuneigung. »Und zweifellos auch mein bester. Wir kennen uns schon sehr lange.«
»Wie lange?«, erkundigte sich Sophie automatisch, obwohl ihr, noch während sie fragte, die Antwort in den Sinn kam.
»Seit ungefähr dreihundert Jahren«, antwortete Nicholas. »Francis hat bei mir eine Ausbildung zum Alchemysten gemacht und mich bald überflügelt. Er hat sich auf die Herstellung von Edelsteinen spezialisiert.«
»Alles, was ich über Alchemie weiß, habe ich vom Meister gelernt, von Nicholas Flamel«, warf Saint-Germain rasch ein.
»Im achtzehnten Jahrhundert war Francis auch ein begnadeter Sänger und Musiker. Und was bist du in diesem Jahrhundert?«, fragte Nicholas.
»Ich muss zugeben, ich bin
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