Nicholas Flamel Bd. 2 Der dunkle Magier
geparkt hatten, glitten gleichzeitig auf, schwer bewaffnete Polizisten in Schutzkleidung sprangen heraus und joggten auf den Eiffelturm zu. Ein Tourist schrie auf, und das Dutzend Leute, das unter dem Turm stand, schwenkte sofort die Kameras in ihre Richtung.
»Gehen wir«, sagte Flamel rasch. »Ihr seht zu, dass ihr auf die andere Seite der Seine kommt, ich führe sie in die entgegengesetzte Richtung. Saint-Germain, mein Freund«, flüsterte Nicholas, »wenn wir entkommen wollen, brauchen wir irgendeine Ablenkung. Etwas Spektakuläres.«
»Wohin gehst du?«, wollte Saint-Germain wissen.
Flamel lächelte. »Das war meine Stadt, lange bevor Machiavelli hierherkam. Vielleicht existieren ein paar meiner alten Stammlokale noch.«
»Es hat sich eine Menge verändert, seit du das letzte Mal hier warst«, warnte ihn Saint-Germain. Während er sprach, umfasste er mit beiden Händen Flamels Linke, drehte sie um und drückte den rechten Handballen in die Handfläche des Alchemysten. Sophie und Josh standen dicht genug daneben, um zu sehen, dass in Flamels Hand die Umrisse eines winzigen schwarzen Schmetterlings zu erkennen waren, als der Graf ihn losließ. »Er wird dich zu mir zurückführen«, sagte Saint-Germain geheimnisvoll. »Aber du wolltest etwas Spektakuläres. Bitte sehr.« Er grinste und schob die Ärmel seines schwarzen Ledermantels zurück. Darunter kamen bloße Arme zum Vorschein. Winzige tätowierte Schmetterlinge wanden sich wie Armreifen um seine Handgelenke und weiter hinauf bis zu den Ellbogenbeugen. Er verschlang die Finger ineinander, drehte die Handgelenke und bog sie mit einem hörbaren Knacken nach außen wie ein Pianist, der sich aufs Spielen vorbereitet. »Habt ihr gesehen, wie Paris das Millenium gefeiert hat?«
»Das Millenium?« Die Zwillinge schauten ihn verständnis los an.
»Das Millenium. Das Jahr 2000. Obwohl das Millenium eigentlich im Jahr 2001 hätte gefeiert werden müssen«, fügte er hinzu.
»Oh, das Millenium«, meinte Sophie und schaute ihren Bruder verwirrt an. Was hatte das Millenium mit ihrer jetzigen Situation zu tun?
»Unsere Eltern sind mit uns zum Times Square gegangen«, sagte Josh. »Warum?«
»Dann habt ihr etwas wahrhaft Spektakuläres hier in Paris verpasst. Schaut euch die Bilder an, wenn ihr das nächste Mal online seid.« Saint-Germain stand unter der gewaltigen Metallkonstruktion des Eiffelturms und rieb kräftig seine Arme. Dann reckte er die Hände hoch in die Luft und wieder lag plötzlich der Geruch von verbranntem Laub in der Luft.
Sophie und auch Josh sahen, wie die Schmetterlingstattoos auf Saint-Germains Armen zuckten und zitterten und dann pulsierten. Hauchzarte Flügel schlugen, Fühler vibrierten … und dann lösten sich die Tattoos von der Haut des Mannes.
Ein endloser Strom winziger roter und weißer Schmetterlinge löste sich von Saint-Germains bleicher Haut und flog in die kühle Morgenluft. Die Tiere wanden sich in nicht enden wol lenden Spiralen aus roten und weißen Pünktchen nach oben, umschwirrten die Streben und Holme, Nieten und Bolzen des Turms und hüllten ihn ein wie eine schillernde, glitzernde Haut.
»Ignis« , flüsterte Saint-Germain, warf den Kopf zurück und klatschte in die Hände.
Und der Turm verwandelte sich mit einem Schlag in eine knisternde, Funken sprühende Lichtfontäne.
Der Mann lachte vergnügt über die Mienen der Zwillinge und sagte: »Jetzt habt ihr mich kennengelernt: Ich bin der Comte de Saint-Germain. Ich bin der Meister des Feuers!«
K APITEL F ÜNFZEHN
E in Feuerwerk«, hauchte Sophie überwältigt.
Der Eiffelturm erstrahlte unter einem spektakulären Feuerwerk. Blaue und goldene Lichtbänder schraubten sich die gesamten 324 Meter des Turms hinauf bis zu seiner höchsten Spitze, wo sie als blaue Kugelfontänen in den Himmel aufstiegen. Sprühende, zischende, knisternde Schnüre, die in allen Regenbogenfarben leuchteten, flochten sich durch die Streben und explodierten mit lautem Knall. Aus den dicken Nieten des Turms sprühte weißes Feuer, während die gebogenen Holme kühle eisblaue Tropfen auf den Platz darunter regnen ließen.
Es war ein dramatisches Schauspiel, doch wahrhaft spektakulär wurde es, als Saint-Germain mit den Fingern schnippte und der gesamte Eiffelturm in der Morgensonne zuerst bronzefarben strahlte, dann golden, dann grün und schließlich blau. Prasselnde Lichtbänder schossen an dem Metall hinauf und hinunter. Von jedem Stockwerk stiegen Feuerräder und Raketen, Fontänen und
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