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Nicholas Flamel Bd. 2 Der dunkle Magier

Nicholas Flamel Bd. 2 Der dunkle Magier

Titel: Nicholas Flamel Bd. 2 Der dunkle Magier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Scott
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Gefangene sich eingebildet hatten, Stimmen in der Dunkelheit zu vernehmen – geflüsterte Worte, gehauchte Sätze –, doch was sie gehört hatten, existierte nur in ihrer Fantasie. Es sei denn, sie besaßen wie Perenelle eine spezielle Gabe.
    Perenelle vernahm die Stimmen der Geister von Alcatraz.
    Wenn sie aufmerksam hinhörte, konnte sie Hunderte von Stimmen unterscheiden, vielleicht sogar Tausende. Männer und Frauen – auch Kinder –, die schrien und protestierten, vor sich hin murmelten und weinten, nach ihren Liebsten riefen, ununterbrochen ihren eigenen Namen wiederholten, ihre Unschuld beteuerten, ihre Gefängniswärter verfluchten. Sie runzelte die Stirn. Das waren nicht die, nach denen sie suchte.
    Sie ließ die Stimmen an sich vorbeirauschen und prüfte die verschiedenen Klänge, bis eine Stimme, lauter als alle anderen, an ihr Ohr drang. Energisch und selbstbewusst übertönte sie das Tohuwabohu und unwillkürlich konzentrierte sich Perenelle auf sie, achtete auf die Worte, erkannte die Sprache.
    »Das ist meine Insel.«
    Es war ein Mann und er sprach spanisch mit einem alten, etwas geschraubt wirkenden Akzent. Indem sie sich auf die Decke konzentrierte, schloss Perenelle alle anderen Stimmen aus. »Wer bist du?« In der kalten, feuchten Luft der Zelle kamen ihre Worte wie eingehüllt in eine Dampfwolke aus ihrem Mund und die Myriaden von Geistern verstummten.
    Es entstand eine lange Pause. Anscheinend hatte der Geist nicht damit gerechnet, angesprochen zu werden. Dann sagte er stolz: »Ich war der erste Europäer, der diese Bucht bereiste, der Erste, der diese Insel gesehen hat.«
    Über ihrem Kopf erschienen nach und nach die groben Umrisse eines Gesichts in den Spalten und feinen Haarrissen der Decke. Wasserflecken und das grüne Moos gaben ihm Form und Ausdruck.
    »Ich habe diesen Ort ›Isla de los Alcatraces‹ getauft.«
    »Die Insel der Pelikane«, sagte Perenelle, ihre Worte kaum lauter als ein Lufthauch.
    Das Gesicht an der Decke nahm für einen Augenblick feste Züge an. Es war das schmale Gesicht eines gut aussehenden Mannes mit dunklen Augen. Wassertropfen bildeten sich und die Augen blinzelten Tränen fort.
»Wer bist du?«, fragte Perenelle noch einmal.
    »Ich bin Juan Manuel de Ayala. Ich habe Alcatraz entdeckt.«
    Krallen klackten auf dem Steinboden vor der Zelle und der Geruch nach Schlange und ranzigem Fleisch waberte den Korridor herunter. Perenelle schwieg, bis der Geruch und die Schritte vorbeigezogen waren. Als sie dann wieder an die Decke schaute, waren in dem Gesicht weitere Details zu erkennen: Die Risse im Mauerwerk bildeten tiefe Falten auf der Stirn und um die Augen des Mannes. Sie schloss daraus, dass es das Gesicht eines Seemanns war und dass die Falten daher rührten, dass er blinzelnd nach fernen Horizonten Ausschau gehalten hatte.
    »Warum bist du hier?«, fragte sie. »Bist du hier gestorben?«
    »Nein, nicht hier.« Schmale Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Ich bin zurückgekommen, weil ich mich vom ersten Augenblick an in diesen Ort verliebt habe. Es war im Jahr des Herrn 1775 und ich befand mich auf dem guten Schiff ›San Carlos‹. Ich erinnere mich sogar noch an den Monat, es war August, und an den Tag, den fünften.«
    Perenelle nickte. Sie war schon öfter Geistern wie dem von de Ayala begegnet. Männer und Frauen, die von einem Ort so beeindruckt waren, dass sie in ihren Träumen immer wieder dorthin zurückkehrten. Wenn sie dann starben, begab sich ihr Geist an genau diesen Ort und wurde zu seinem Schutzgeist.
    »Seit Generationen wache ich über diese Insel. Und ich werde auch in aller Zukunft über sie wachen.«
    Perenelle schaute zu dem Gesicht hinauf. »Es muss dich doch traurig gemacht haben, zu sehen, wie deine wundervolle Insel zu einem Ort der Schmerzen und des Leids wurde«, sagte sie, um ihn zum Reden zu bringen.
    Etwas zuckte um den Mund des Geistes und aus einem Auge fiel ein einzelner Wassertropfen auf Perenelles Wange.
    »Dunkle Zeiten, traurige Zeiten, doch vorbei … zum Glück vorbei.« Die Lippen des Geistes bewegten sich und Perenelle hörte die geflüsterten Worte in ihrem Kopf. »Seit 1963 hat es keinen menschlichen Gefangenen mehr auf Alcatraz gegeben. Und seit 1971 ist es auf der Insel ruhig geworden, so ruhig.«
    »Doch jetzt ist wieder eine Gefangene auf deiner geliebten Insel«, erklärte Perenelle sachlich. »Und sie wird bewacht von einem Wärter, der schrecklicher ist als alles, was die Insel je gesehen hat.«
    Das

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