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Nicholas Flamel Bd. 3 Die mächtige Zauberin

Nicholas Flamel Bd. 3 Die mächtige Zauberin

Titel: Nicholas Flamel Bd. 3 Die mächtige Zauberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Scott
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Boden vor ihr frei. »Ich bin Perenelle Flamel, die Zauberin«, sagte sie laut, obwohl sie nicht sicher war, ob Areop-Enap sie noch hören konnte, »und ich bin nie schutzlos.«
    Doch als sie die Worte aussprach, hörte sie deutlich den Zweifel, der sich in ihre Stimme stahl.

K APITEL N EUN
    A m Westufer der Treasure Island in der Bucht von San Francisco saß ein junger Mann auf der Kühlerhaube eines leuchtend roten Thunderbird-Cabrios, Baujahr 1960. Er war klein und schlank und trug Jeans mit ausgefranstem Saum und durchgescheuerten Knien. Das Bild eines Wolfskopfes auf seinem T-Shirt war so verblichen, dass es nur noch schemenhaft zu erkennen war, und seine Cowboystiefel waren zerschrammt und hätten dringend neue Sohlen und Absätze gebraucht. Sein heruntergekommenes Aussehen – er hatte langes Haar und einen mehrere Tage alten Bart – passte absolut nicht zu dem glänzenden Wagen, auf dem er saß und der aussah, als käme er geradewegs aus dem Ausstellungsraum eines Autohändlers. Der junge Mann hatte 29 Dollar und ein paar Cent in seinem Geldbeutel; der Wagen war mindestens das Tausendfache wert.
    Neben ihm auf der Kühlerhaube stand eine antike Keramikschale der Anasazi-Kultur, verziert mit eckigen, eleganten geometrischen Mustern in Schwarz und Weiß. In der Schale war eine zähe Flüssigkeit, eine Mischung aus Honig, Leinöl und Wasser, und in der Flüssigkeit spiegelte sich das Bild von Perenelle Flamel, wie sie über Alcatraz ging und sich in dem schwarzen Teppich aus Spinnen- und Fliegenleichen vor ihr eine Gasse bildete.
    Das war also die legendäre Perenelle Flamel. Der junge Mann fuhr mit dem Finger im Uhrzeigersinn über die Flüssigkeit und seine leuchtend blauen Augen blitzten kurz purpurrot auf. Ein Hauch von Cayennepfeffer erfüllte die Luft. Das Bild von Perenelle wurde herangezoomt. Er sah, wie sie stehen blieb und die Stirn runzelte, wie sich die Falten zwischen den Brauen tiefer eingruben. Sie blickte sich verstohlen um, fast so als wüsste sie, dass sie beobachtet wurde. Er wedelte mit der Hand, die Flüssigkeit kräuselte sich und das Bild verschwand.
    Der Mann verschränkte die Arme vor der schmalen Brust und drehte das Gesicht nach Westen, wo Alcatraz mit bloßem Auge im Dämmerlicht kaum zu erkennen war. Offenbar stimmte alles, was er über die Frau gehört hatte. Perenelle besaß jene Eigenschaften, die in ihrer Kombination absolut tödlich sein konnten: Sie war schön und kompromisslos.
    Im Moment wusste er nicht weiter. Sollte er noch einmal angreifen oder lieber warten? Er legte die Hand an seine Wange und atmete tief ein und aus. Seine Aura leuchtete in einem intensiven Purpurrot, eine Spur dunkler als der Thunderbird, und die salzige Meerluft roch leicht nach Chili. Er hatte noch genügend Kraft, um etwas zu unternehmen – nur was?
    Die Fliegen auf den Plan zu rufen, war relativ einfach gewesen. Ein indianischer Schamane hatte ihm den Trick gezeigt, der ihm schon mehr als ein Mal das Leben gerettet hatte. Die Fliegen zu vergiften, war der Vorschlag seines Meisters aus dem Älteren Geschlecht gewesen, der auch für den Teich mit vergiftetem Wasser in Solano County im Norden der Stadt gesorgt hatte. Der Plan war gewesen, Areop-Enaps Armee von Spinnen zu vernichten und die Erstgewesene zu töten. Und fast wäre das auch gelungen. Das gewaltige Spinnenheer war tot und die Urspinne dem Tod sehr nahe. Doch im letzten Augenblick hatte etwas die Fliegen veranlasst, Alcatraz in einer riesigen, pulsierenden Wolke zu verlassen. In der öligen Flüssigkeit der Schale hatte der junge Mann gesehen, wie Perenelles Aura aufgeleuchtet hatte. Daher wusste er, dass sie für den Abzug der Insekten verantwortlich war.
    Sein schmales Gesicht verzog sich zu einer Grimasse und er biss sich nervös auf die Unterlippe. Man hatte ihm versichert, sie sei geschwächt und nicht in der Lage, ihre Kräfte einzusetzen. Diese Information war offensichtlich falsch gewesen.
    Die zähe Flüssigkeit begann zu blubbern und trübe zu werden, dann verdampfte sie zischend. Der Spähzauber hielt nur eine bestimmte Zeit. Der junge Mann rutschte von der Kühlerhaube des Wagens, schüttete die restliche Flüssigkeit auf die Erde, wusch die Schale mit Wasser aus einer mitgebrachten Flasche aus und trocknete sie mit einem Wildledertuch. Erst dann legte er sie in einen kleinen, mit Schaumstoff ausgeschlagenen Metallkoffer und stellte den in den Kofferraum. Die Seher-schale gehörte zu seinen kostbarsten Besitztümern, und

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