Nicholas Flamel Bd. 3 Die mächtige Zauberin
weiter zu diesem lebendigen Tod verdammt ist?«
Dee spürte mehr als er hörte, wie die Klauen vor seinem Gesicht durch die Luft fuhren. Es gab einen leisen Knall, und es zischte, als das Lederpolster durchstochen wurde. Die Stimme der Katzengöttin bebte vor Erregung. »Die Humanivölker haben Mars im Lauf der Jahrhunderte viele Namen gegeben. Ich habe ihn Horus genannt … und er ist mein kleiner Bruder.«
Dee sank fassungslos gegen die Rückenlehne. »Aber warum hat die Hexe ihn dann verflucht?«, fragte er. »Du hast angedeutet, dass der Fluch in Wirklichkeit ein Schutz sei.«
»Weil sie ihn noch mehr geliebt hat als ich. Die Hexe von Endor ist seine Frau.«
K APITEL Z WEIUNDZWANZIG
V etalas .
Perenelle wich vor der Kreatur, die durch das Netz gekommen war, zurück. Sie hatte offenbar in der Zelle dahinter geschlafen. Im letzten Moment, bevor sie erschienen war, hatte Perenelle eine Bewegung wahrgenommen, war jedoch nicht schnell genug gewesen, um den durch die Luft fahrenden Klauen ganz ausweichen zu können. Eine scharfe Kralle hatte ihr die Haut aufgerissen und ihre Schulter und der Arm brannten wie Feuer. Sie wusste, dass sie so schnell wie möglich wieder ans Tageslicht herauskommen und die Wunde auswaschen musste. Perenelle schauderte, wenn sie daran dachte, was sich an fauligem Zeug unter den Fingernägeln des Vetala angesammelt haben mochte.
Hinter dem Vampir hing das zerrissene Spinnennetz. Winzige grüne Funken tanzten darüber, und sie fragte sich, ob sie die Kreatur geweckt hatten. Jeder Faden zeigte noch immer einen Ausschnitt von Nicholas, Josh und Shakespeare.
Dann trat der zweite Vetala durch die herunterbaumelnden Fäden.
Perenelle fiel auf, dass die beiden Kreaturen sich so ähnlich sahen, dass es Zwillinge hätten sein können. Sie hatten wunderschöne Gesichter und die feinen, klaren Züge der Inder, eine makellose Haut und große, glänzende braune Augen. Die Zauberin wusste, dass sie die schwarzen Fledermausflügel normalerweise bis zu dem Moment, in dem sie angriffen, um sich herumgewickelt hatten und ihre ausgemergelten Körper mit der grauen Haut sowie die Klauenhände und – füße darunter verbargen.
Perenelle wich langsam vor ihnen zurück den Korridor hinunter und überlegte dabei verzweifelt, was sie über die Vetalas wusste. Sie waren primitiv und mehr Tier als Mensch, Kreaturen der Nacht und der Dunkelheit, und wie viele nachtaktive Vertreter des Vampir-Clans waren sie lichtempfindlich und vertrugen keine Sonne.
Sie musste die Treppe hinter sich erreichen … Aber sie traute sich nicht, ihnen den Rücken zuzukehren und loszurennen.
De Ayala tauchte hinter den beiden Vetalas auf. Der Geist hob die Hände und schwebte durch die Kreaturen hindurch. Er stöhnte dabei, ein lang gezogenes, schreckliches Heulen, aus dem völlige Verzweiflung und unendliche Einsamkeit sprachen und das von den feuchten Mauern widerhallte.
Die Vetalas ignorierten den Geist. Ihre großen Augen waren auf die Zauberin geheftet. Ihr Mund war leicht geöffnet, sodass man die schönen weißen Zähne sah, und über ihr Kinn tropfte der Speichel. De Ayala verschwand, und kurz darauf schlugen über ihnen Türen mit solcher Wucht zu, dass Staub von der Decke rieselte. Auch darauf reagierten die Vetalas nicht, sondern schoben sich nur immer weiter vorwärts.
»Ich kann dir nicht helfen, meine Liebe«, sagte de Ayala, der wieder neben der Zauberin aufgetaucht war, verzweifelt. »Sie
wissen anscheinend, dass ich ein Geist bin und ihnen nichts anhaben kann.«
»Sie sehen aus, als hätten sie Hunger«, murmelte Perenelle. »Und sie wissen, dass sie dich nicht essen können.« Sie hielt inne, da ihr plötzlich auffiel, dass die Fetzen des Spinnennetzes hinter den Vampiren in einem matten Grün zu leuchten begonnen hatten. Sie erhaschte Blicke auf ihren Mann, umgeben von seiner Aura.
»Perenelle.«
Nicholas’ Stimme war ein kaum hörbares Flüstern. Neben ihm bewegte sich etwas, dann leuchtete seine Aura auf und warf einen matten grünen Schimmer durch die Netzfetzen auf den Korridor von Alcatraz.
Die Zauberin kannte ein Dutzend Zaubersprüche, mit denen sie die Vampire vernichten konnte, aber um sie anzuwenden, musste sie ihre Aura aktivieren … Und das würde die Sphinx anlocken. Sie wich weiter zurück. Sobald sie an der Treppe war, wollte sie sich umdrehen und hinauflaufen und konnte dann nur hoffen, dass sie es bis zur Tür schaffte, bevor die Kreaturen sie einholten. Sie glaubte, dass sie es
Weitere Kostenlose Bücher