Nicholas Flamel Bd. 3 Die mächtige Zauberin
sprangen aus der Kugel und trafen das menschliche Antlitz der Sphinx.
»Und dann gibt es noch die Schneestürme …«
Die Kugel explodierte und bedeckte Brust und Kopf der Sphinx mit einer dicken Schneeschicht. Sie hustete, als ihr die eisigen Kristalle in den Mund wehten, und versuchte zurückzuweichen, doch der ganze Korridor glich inzwischen einer Eisbahn. Die Sphinx breitete die Flügel aus, aber ein dicker Überzug aus Eis zog sie nach unten. Sie konnte sie kaum noch bewegen, so schwer waren sie.
»Und Hagel, nicht zu vergessen …«
Erbsengroße Hagelkörner prasselten auf die urzeitliche Kreatur herunter und durchlöcherten ihre Flügel.
Mit einem Aufheulen warf die Sphinx sich herum und floh.
Der Blizzard folgte ihr, Hagelkörner prallten vom Boden ab und sprangen bis zur Decke, andere knallten gegen die Zellentüren. Eine zentimeterdicke Eisschicht bedeckte die Wände des Korridors von einem Ende zum anderen, Eisenstangen barsten unter der Eiseskälte, Backsteine zerfielen zu Staub und aus der Decke brachen ganze Steinbrocken, heruntergezogen vom Gewicht des Eises.
Die Sphinx hatte das Ende des Korridors fast erreicht, als Decke und Wände einbrachen und sie unter Tonnen von Stein und Eisen begruben. Dann schob sich auch noch eine Eislawine über alles und bedeckte den Schutt mit einem halben Meter eisenhartem Permafrost.
Perenelle schwankte, als ihre Aura erlosch.
»Bravo, meine Liebe.« Juan Manuel de Ayalas Geist tauchte aus dem Dämmerlicht auf.
Die Zauberin lehnte sich gegen die Wand. Sie atmete schwer und zitterte vor Erschöpfung. Von der Anstrengung taten ihr alle Muskeln und Gelenke weh.
»Hast du sie umgebracht?«
»Kaum«, erwiderte Perenelle müde. »Sie aufgehalten, irritiert, erschreckt. Um eine Sphinx zu töten, braucht es leider mehr.« Sie drehte sich um und stieg langsam die Treppe hinauf, wobei sie sich schwer an der Wand abstützte.
»Die Schnee- und Eisgeschichte war ziemlich beeindruckend«, sagte de Ayala. Er schwebte rückwärts die Treppe hinauf, damit er den massiven Gletscher am Ende des Korridors eingehend betrachten konnte.
»Ich wollte etwas anderes ausprobieren, aber aus irgendeinem Grund hatte ich plötzlich das Bild von zwei Kriegerinnen vor mir, die in Eisblöcken eingeschlossen waren. Sie sahen aus wie Walküren …«
»Eine Erinnerung vielleicht?«
»Keine von mir.« Perenelle seufzte erleichtert, als sie in den Sonnenschein hinaustrat. Es war ein herrlicher Morgen. Sie strich mit den Fingern über ihre Wunden und säuberte sie mit den letzten Resten ihrer Aura. Dann schloss sie die Augen und wandte ihr Gesicht der Sonne zu. »Ich glaube, es waren Sophies Erinnerungen«, sagte sie staunend. Dann kam ihr ein Gedanke, bei dem es ihr eiskalt über den Rücken lief. »Walküren und der Nidhogg sind wieder auf dieser Welt.« Instinktiv drehte die Zauberin sich nach Osten und öffnete die Augen. Was machten Nicholas und die Zwillinge gerade durch? Womit mussten sie fertig werden?
K APITEL V IERUNDZWANZIG
A lchemyst«, rief Palamedes verzweifelt, »du hast uns alle vernichtet!«
Flamel kauerte in sich zusammengesunken vor den kaputten Bildschirmen. Seine Haut hatte die Farbe von vergilbtem Pergament, um die Augen herum waren neue Falten entstanden und die auf seiner Stirn hatten sich noch tiefer eingegraben. Als er den Kopf hob und den Sarazenen ansah, waren seine Augen glasig, das Weiße war grünlich verfärbt, und der Blick leer.
»Ich habe dir gesagt, du sollst deine Aura nicht einsetzen«, fuhr der Ritter ihn an. »Ich habe dich gewarnt.« Er wandte sich an Shakespeare. »Mach dich auf einen Kampf gefasst. Alarmiere die Wachen.« Der Dichter nickte und lief nach draußen. Die Hunde, die jetzt keinen Laut mehr von sich gaben, formierten sich und umringten ihn schützend. Um Palamedes’ kräftigen Körper herum legte sich wie von Geisterhand ein Kettenpanzer und verfestigte sich. »Was habe ich gesagt, Alchemyst? Tod und Zerstörung folgen dir. Wie viele werden heute Nacht wieder deinetwegen sterben?«, rief er, bevor er aus der Hütte stürmte.
Josh blinzelte die schwarzen Flecken weg, die vor seinen Augen tanzten. Er sah, wie seine Schwester schwankte, und ergriff rasch ihren Arm. »Ich bin fix und fertig«, gab er zu.
Sophie nickte. »Ich auch.«
»Ich habe richtig gespürt, wie die Energie von unten durch meinen Körper und in meinen Arm geflossen ist«, sagte Josh staunend. Er betrachtete seine Fingerspitzen. Die Haut war rot und an den
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