Nicholas Flamel Bd. 4 Der unheimliche Geisterrufer
gegeben: Ein Älterer darf nie, gar nie einen solchen Schädel berühren.«
»Warum nicht?«, fragte Flamel.
Prometheus ging nicht auf die Frage ein. Er streckte die Hand aus und legte sie auf die Hände der Flamels. Augenblicklich erfüllte Anisduft den Raum und der Schädel färbte sich rubinrot. »Ich kann Verbindung zu dem Jungen aufnehmen, aber auf den Magier müsst ihr euch konzentrieren«, sagte er fast entschuldigend. »Seid ihr sicher, dass ihr es tun wollt? Es wird euch weiter altern lassen.«
»Nur zu«, sagte Perenelle, und der Alchemyst nickte.
»Dann wollen wir mal sehen, was der Magier mit dem Jungen vorhat«, sagte Prometheus.
Bilder erschienen über dem Schädel, glasklare Bilder in leuchtenden Farben.
Und plötzlich sahen sie durch Josh Newmans Augen in Virginia Dares Gesicht.
KAPITEL SECHSUNDFÜNFZIG
K annst du denn nicht schneller fahren?«, schnauzte Aoife Niten an. »Wenn ich die Kiste schieben würde, kämen wir schneller voran.«
»Das Gaspedal ist voll durchgedrückt«, erwiderte der Japaner ruhig, »aber das Vehikel ist vierzig Jahre alt und hat nur einen fünfzig PS starken Motor.«
»Schrottmühle«, murmelte Aoife. Sie drehte sich zu Sophie um, die ausgestreckt auf dem Rücksitz lag, und zog eine Decke über die Schultern des Mädchens. »Man sollte meinen, dass ein Wesen des Älteren Geschlechts sich einen besseren Wagen leisten könnte als diesen antiquierten Minivan«, sagte sie, wieder an Niten gewandt.
»Mich wundert, dass Prometheus überhaupt ein Auto hat. Und im Übrigen ist es kein Minivan sondern ein Microbus. Mir gefällt er«, gestand der unsterbliche Japaner. »Es ist ein Volkswagen Microbus aus dem Jahr 1964. Und er hat noch die Originallackierung in Rot und Weiß. Wenn man jetzt noch welche findet, sind sie meist in sämtlichen Regenbogenfarben lackiert.«
»Du solltest dich mal hören! Seit wann bist du zum Autoexperten geworden?«, fragte Aoife böse.
Ein winziges Lächeln umspielte Nitens Mund. »Du weißt schon, dass ich klassische Wagen sammle, ja?«
Aoife sah ihn überrascht an. »Nein«, antwortete sie schließlich. »Das wusste ich nicht.«
»Wie lange kennen wir uns schon, Aoife?«, fragte er in formellem Japanisch.
Sie runzelte die Stirn und antwortete in derselben Sprache: »Da war doch eine Schlacht, wenn ich mich richtig erinnere.«
»Wir sind uns im Jahr 1600 in der Schlacht von Sekigahara begegnet.«
Sie nickte langsam. »Ja, jetzt erinnere ich mich.«
»Ich dachte damals, du wärst Scathach«, gab er zu.
Aoife lächelte und nickte wieder.
»Doch sobald wir angefangen hatten zu kämpfen, wusste ich, dass du nicht das Mädchen bist, gegen das ich schon einmal gekämpft hatte. Dein Kampfstil war anders.«
»Und ich habe dich besiegt«, erinnerte sie ihn.
»Das hast du. Allerdings nur das eine Mal.« Er kurbelte an dem großen Lenkrad und steuerte den Van auf die schmale zweispurige Landstraße. »Dann kennen wir uns also seit wie vielen Jahren? Mehr als vierhundert? Aber was weißt du wirklich über mich?«
Aoife sah den schlanken Mann in dem schwarzen Anzug an. »Nicht sehr viel«, gab sie zu.
»Und wie kommt das?«
Sie zuckte mit den Schultern.
»Weil es dich nie interessiert hat«, sagte er leise. »Du bist die selbstsüchtigste Person, die ich kenne.«
Die Kriegerin blinzelte überrascht. »Du sagst das so, als sei es etwas Schlechtes.«
»Es ist keine Kritik«, stellte er klar, »lediglich eine Beobachtung. «
Sie fuhren eine ganze Zeit lang schweigend weiter, dann fragte Aoife: »Warum sagst du mir das nach vierhundert Jahren ausgerechnet jetzt?«
»Reine Neugier«, antwortete Niten. Er blickte in den Rückspiegel und stellte ihn dann so ein, dass er Sophie anschauen konnte. »Du kennst das Mädchen nicht. Du bist ihr gestern zum ersten Mal begegnet, und da hatte ich den Eindruck, dass du sie entweder nicht magst oder Angst vor ihr hast.«
»Ich habe vor niemandem Angst«, sagte Aoife ruppig.
Niten deutete eine Verbeugung an. »Du bist furchtlos im Kampf«, bestätigte er diplomatisch. »Aber warum fahren wir sie jetzt zu einer Auseinandersetzung mit einem gefährlichen und mächtigen Gegner?«
Aoife blickte stur geradeaus, und als sie endlich antwortete, klang ihre Stimme unendlich traurig. »Sie sucht ihren Zwilling«, flüsterte sie.
»Und das ist der einzige Grund?«, fragte er behutsam nach.
»Sie hat mich um Hilfe gebeten, Niten. Weißt du, wer die letzte Person war, die mich um Hilfe gebeten hat?«
Niten
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