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Nicholas Flamel Bd. 4 Der unheimliche Geisterrufer

Nicholas Flamel Bd. 4 Der unheimliche Geisterrufer

Titel: Nicholas Flamel Bd. 4 Der unheimliche Geisterrufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Scott
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die ihre Gedanken mithilfe von Wortkombinationen — Beschwörungsformeln und Zaubersprüchen – abschirmten, doch Dee benutzte das älteste aller magischen Mittel: Musik. Den Blick fest auf den Schreibtisch gerichtet, begann er »Greensleeves« zu summen, das Lieblingslied von Königin Elizabeth I. Die Königin war der Meinung gewesen, ihr Vater, Heinrich der IV., hätte es für ihre Mutter, Anne Boleyn, geschrieben. Dee wusste, dass das nicht stimmte, doch er hatte nie das Herz gehabt, es ihr zu sagen. Dennoch wirkten die einfache Melodie und der uralte Rhythmus einen ausgezeichneten Schutzzauber. Indem er den Text leise vor sich hin sang, näherte er sich dem Schreibtisch.
    » Alas, my love, ye do me wrong to cast me off discourteously … «
    Seine Finger zitterten merklich, als er vorsichtig das schmutzige graue Tuch, das er in der zerstörten Scheune gefunden hatte, abwickelte und den darin verborgenen Gegenstand zum Vorschein brachte.
    » And I have loved you so long, delighting in your companie … «
    Auf der blank polierten Schreibtischplatte aus schwarzem Marmor lag eines der ältesten Objekte dieser Welt. Es sah wie ein einfaches Steinschwert aus, aber es war mehr, sehr viel mehr. Von diesen zu einer einzigen Waffe verschmolzenen Zwillingsschwertern hieß es, sie seien älter als das Ältere Geschlecht und sogar älter als die Archone und stammten aus jener sagenhaften Zeit vor der Zeit. König Artur hatte bekanntlich mit Excalibur gekämpft und sein Sohn Mordred hatte ihn mit Clarent ermordet, doch der König und der Feigling waren lediglich zwei Gestalten aus den vielen Generationen von Helden und Bösewichten, die diese Klingen geschwungen hatten. Klingen, die entweder einzeln oder zusammen bei jedem größeren Ereignis der Erdgeschichte im Spiel gewesen waren.
    » Greensleeves was all my joy, Greensleeves was my delight, Greensleeves was my heart of gold … «
    Er konnte es noch immer nicht recht glauben, dass er Excaliburs Gegenstück tatsächlich gefunden hatte. Vor einem halben Jahrtausend, als Heinrich VIII. England regiert hatte, hatte Dee seine Suche nach dem legendären Feuerschwert begonnen.
    » I have been readie at your hand, to grant whatever you would crave … «
    Der Doktor holte tief Luft und hob das Schwert vom Tisch auf. Dafür, dass es nur einen guten halben Meter maß, war es ungewöhnlich schwer. Die Klinge und der schmucklose Griff sahen aus, als seien sie aus einem einzigen Stück glitzerndem Granit gehauen worden. Im selben Moment, in dem seine Finger den warmen Stein berührten, kam die Kraft des Schwertes über ihn …
    Laute, wütende Stimmen.
    Rufe in Todesangst.
    Schmerzensschreie.
    Dee schauderte es, als die Geräusche in seinem Kopf widerhallten und ihn zu überwältigen drohten. Sein Gesang kam nur noch stockend. » I … I have waged life and … and land, your love and … and good will for to have …«
    Das Schwert besaß eine unwahrscheinliche Kraft und unzählige Geheimnisse und Legenden rankten sich darum. Als Gilgamesch das Schwert tags zuvor gesehen hatte, hatte er die Worte der uralten Prophezeiung wiederholt – die zwei, die eins sind, das eine, das alles ist –, und sie auf die Waffe bezogen. Dee hatte immer geglaubt, die Prophezeiung beziehe sich auf die Zwillinge, doch jetzt war er sich nicht mehr so sicher.
    » Greensleeves, now farewell adieu … «
    Tatsache war, dass es nichts mehr gab, dessen er sich sicher sein konnte. In den letzten Tagen hatte sich seine gesamte Lebensweise, seine ganze Welt verändert. Und das alles wegen Flamel und den Zwillingen. Auf ihr Konto ging, dass er dagestanden hatte wie ein Idiot und in Todesgefahr geraten war. Dee strich mit seinen kurzen Fingern über den warmen Stein.
    Geflüsterte Geheimnisse …
    Vage Versprechungen …
    Andeutungen uralten Wissens, verschütteter Weisheiten …
    Dee riss die Hand zurück und die Stimmen verschwanden aus seinem Bewusstsein. Seine schmalen Lippen verzogen sich zu einem grausamen Lächeln. Dieses Schwert war möglicherweise seine Rettung. Für eine solche Waffe würden die dunklen Älteren einen hohen Preis bezahlen. Er überlegte, ob sie sogar seine Unsterblichkeit wert wäre.
    Als sein Handy plötzlich vibrierte und summte, zuckte er erschrocken zusammen. Er trat von dem Schreibtisch mit dem Schwert darauf zurück, zog den Apparat aus der Tasche und blickte auf das von Fingerabdrücken verschmierte Display. Er hatte die abartig lange Nummer seines Gebieters erwartet, doch

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