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Nicht die Bohne!

Nicht die Bohne!

Titel: Nicht die Bohne! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Steffan
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schwanger. Aber das tut hier wohl nichts zur Sache.
    Also erhebe ich mich wieder, gieße Kaffee in eine Tasse, füge die genau definierte Menge an Milch und Zucker hinzu und folge ihm. Ich sage laut: »Bitte schön!«, und platziere die Tasse auf seinem Schreibtisch. Er gibt einen unartikulierten Laut von sich, und ich laufe den gleichen Weg wieder zurück. Dann gieße ich mir selbst einen Kaffee ein und setze mich an meinen Schreibtisch. Während ich meine Mails öffne, nehme ich einen Schluck und erstarre.
    Erstaunt linse ich in die Tasse. Der Inhalt sieht aus wie Kaffee. Er riecht auch wie Kaffee. Aber er schmeckt wie Moppelkotze oder Klostein. Je nachdem, welche Geschmacksknospen in meinem Mund mit dem Gebräu in Kontakt kommen. Angewidert schlucke ich es runter und greife mir die Kanne. Gleiches Ergebnis: riecht wie Kaffee, sieht aus wie Kaffee, schmeckt grauslich. Vermutlich hat der Interne Einkauf uns mit einem Sonderangebot von armen Kaffeepflückern aus Guatemala versorgt. Ich schütte den Kaffee in den Ausguss und mache mir einen Tee. Dann notiere ich mir auf einem Post-it, unbedingt die entsprechende Abteilung zur Rede zu stellen. Den gilligelben Post-it klebe ich zu seinen Freunden an den Bildschirmrand des Computers und widme mich jetzt endlich meinen Mails.
    Ärger und Stress, so weit das Auge blicken kann. Irgendwie sind in diesem Unternehmen alle immer sauer aufeinander. Das scheint zur Firmenphilosophie zu gehören. Dabei sollten wir eigentlich Autoteile bauen, aber das kann man bei meinem mit wüsten Anschuldigungen und Vorwürfen prall gefüllten Posteingang allerdings schnell aus den Augen verlieren. Vielmehr sind wir ein Vorzeigeunternehmen in Sachen schlechte und wenig zielführende Kommunikation.
    Seufzend tröste ich mich damit, dass ich hier nicht ewig hocken werde, sondern dieser Job das ultimative Sprungbrett nach oben ist, und befasse mich mit der Vorstandsvorlage, den bedenklich hohen Stapeln an Unterlagen auf und neben meinem Schreibtisch und den wüsten Anschuldigungen von Abteilung X an Abteilung Y, sie über dies und jenes nicht korrekt und nach Norm informiert zu haben.
    Ich bin so beschäftigt, dass ich zwischendurch sogar das Plus vergesse und mich erst das unsanfte Piepen meines Handys darauf aufmerksam macht, dass der Termin zur Rettung meines Lebens kurz bevorsteht. Hektisch fahre ich den Computer herunter und stelle mein Telefon um. In Rekordgeschwindigkeit verlasse ich das Firmengelände und rase zur Praxis meines Gynäkologen.
    Dort werde ich erst mal im Wartezimmer geparkt. Mein Blutdruck könnte dem eines DSDS -Kandidaten kurz vor dem Finale Konkurrenz machen. Verzweifelt versuche ich mich mit einer der vielen Zeitschriften abzulenken und nicht auf die dickbäuchigen Frauen zu achten, die mich umringen. Allein die Anwesenheit dieser so offensichtlich sehr schwangeren Frauen macht mich noch nervöser. Eine nach der anderen verlässt das Wartezimmer, bis ich ganz alleine zurückbleibe. Es ist mittlerweile kurz vor sieben. Knapp vor einem Nervenzusammenbruch meinerseits steckt die Sprechstundenhilfe den Kopf durch die Tür und nickt mir freundlich zu. Es ist dieselbe Frau, die ich heute Morgen am Telefon hatte, und ich schäme mich kurz, weil ich sie so angezischt habe. Schließlich ist sie ja nicht schuld an meinem Dilemma.
    »Ich habe Ihnen ja gesagt, dass es dauern kann, aber jetzt können Sie schon mal in Behandlungszimmer 1 gehen. Der Doktor kommt dann gleich.« Sie lächelt mich an, und meine Mundwinkel zucken in dem verzweifelten Versuch, ebenfalls eine halbwegs sozialverträgliche Miene zu produzieren.
    In Behandlungszimmer 1 ist es schummrig dunkel. Allerdings nicht dunkel genug, um das große Plakat an der Wand neben dem Schrank zu übersehen. Auf dem Plakat ist eine Zelle. Eine Zelle, die von Bild zu Bild immer größer wird und schließlich als kleiner zerknautschter Säugling in den Armen einer glückselig grinsenden Frau liegt. Erschrocken atme ich ein und stecke meine eiskalten und zitternden Hände in die Taschen meiner Anzughose. Bild Nummer eins ist also das, was da gerade in meinem Uterus herumschwimmt.
    Hinter mir fällt die Tür ins Schloss, das Licht geht an, und ich wende den Blick von dem Plakat ab. Dr. Ganter steht vor mir und streckt mir seine Hand entgegen.
    »Hallo, Frau Schmidt, was ist denn so dringend?«, brummt er väterlich und setzt sich an seinen Schreibtisch, während er mich mit einer einladenden Geste dazu auffordert, auf einem der Stühle

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