Nicht mein Märchen (spezieller Festtags-Preis) (German Edition)
spähte durch die Tür und sah, dass er sein Handy am Ohr hatte. „Hm? Nein. Nein. Whoa, was? Red‘ langsamer.“
Ich riss ein Weichspüler-Tuch ab, schmiss es zu meiner Wäsche, schloss die Tür und startete den Trockner. Das Sausen des Motors übertönte Jasons Worte für einen Moment, aber als ich in die Küche kam, runzelte er gerade die Stirn. „Was kann ich tun um zu helfen? Soll ich jemanden anrufen oder…?“ Als er mich sah, nahm er das Handy vom Ohr und tippte auf den Bildschirm.
„-weiß es nicht!“ ertönte Jens Stimme über den Lautsprecher.
„Sie ist immer noch minderjährig. Du kannst die Polizei anrufen und sie nach Hause bringen lassen, richtig?“
„Damit sie mich noch mehr hasst.“
„Sie kann nicht mit siebzehn von zu Hause ausziehen, Jen.“
„Aber das ist sie gerade!“
„Also, was soll ich tun?“
„Nichts. Ich rufe nur an, um Stress abzubauen. Mir fällt schon was ein.“
„Wo ist Kyle?“
„Der telefoniert gerade mit ihr. Er versucht sein Bestes.“
„Hast du schon mit Mom und Dad gesprochen?“
„Ja, ja, die haben mir nur gesagt ich solle nicht aufgeben. Du weißt ja wie sie sind.“
Jason sah mich an. „Ist’s ok, wenn wir rüber zu Jen fahren?“ fragte er.
Ich nickte.
„Chloe und ich kommen vorbei. Brauchst nichts kochen.“
Jens Haus war ein ausladendes, im Ranch-Stil gehaltenes Gebäude in den Gebirgsausläufern, nicht unweit der von der Sandia-Bergbahn. Wir bogen zur gleichen Zeit in die Einfahrt ein wie Kyle und Kyra und betraten eine Szene schrecklichen Durcheinanders im Innern.
Das Haus roch nach allen möglichen Kochgerüchen. Gewürze, Tomatensoße, warmes Brot. Jens Küche war nicht ganz so modern ausgestattet wie Jasons in LA, aber sie war trotzdem einige Stufen besser als die Durchschnittsküche. Trotz Jasons Hinweis, dass sie nichts vorzubereite brauche, hatte sie einen Korb mit knusprigen Tortillas und einen Spinat-Artischocken-Dip für alle hingestellt. Die anderen Gerüche, mutmaßte ich, hingen noch vom Abendessen in der Luft.
Jason und ich kamen durch die vordere Eingangstür, Kyra stürmte von hinten herein. Sie platzte schreiend in die Küche: „Ich hasse euch!“
„Von mir aus,“ sagte ihr Vater, der in einer gelasseneren Geschwindigkeit folgte. „Aber du wirst zu Hause wohnen bis du die High School abgeschlossen hast.“
Sie schwang ihre Handtasche von der Schulter und machte eine Bewegung, als ob sie diese schleudern wolle, dann sah sie mich und gefror.
Zu sagen, dass ich mich wie ein Eindringling fühlte, war maßlos untertrieben. Alle anderen sahen mich ebenfalls an. Mit einer Bewegung die wirkte, als würde sie eine Niederlage eingestehen, warf Kyra ihre Handtasche auf den Küchentresen und steckte trotzig beide Hände in die Hosentaschen. Sie trug einen kurzen Jeansrock und süße Sandalen. Ich kam nicht umhin, einige Ähnlichkeiten zum Kleidungsstil meiner Mutter zu bemerken. Mom hatte mit siebzehn wahrscheinlich ähnlich süß ausgesehen.
„Hi Chloe,“ sagte sie.
„Hi.“
Sie warf einen Blick auf den Rest der Familie, sah kurz auf ihre Füße und marschierte dann aus dem Raum den Flur runter.
Alle anderen wandten sich wieder mir zu.
Ich machte einen zögernden Schritt um ihr nachzugehen, dann, weil es schien als würden es alle von mir erwarten, folgte ich ihr. Ich fühlte mich immer noch wie ein Eindringling, einfach so durch den hinteren Flur von Jens Haus zu laufen, aber es war leicht Kyras Zimmer zu finden. Die Tür war geschlossen, aber drinnen war das Licht an, so dass es einen dünnen Streifen Helligkeit unter ihrer Zimmertür gab. Ich klopfte. „Kyra?“
„Ja. Komm rein.“
Ich öffnete die Tür und fand Kyra am Schreibtisch sitzend vor – sie starrte aus dem Fenster in die ausgedehnte Wüste im Dämmerlicht des Abends. Das Haus war einiges von der Straße entfernt gelegen, aber es hatte keinen extra angelegten Garten. Das Bett des Mädchen war ordentlich gemacht und ihr Zimmer aufgeräumt. Die Wände waren in einem schwachen Rosa gestrichen und mit gerahmten Bildern dekoriert, größtenteils von Landschaften.
„Du denkst wahrscheinlich ich bin ziemlich dumm,“ sagte sie.
„Um ehrlich zu sein – ich habe keine Ahnung was hier los ist, und fühle mich, als würde ich überhaupt nicht hierhin gehören.“
„Geht mir genauso. Jen hasst mich.“
„Wohl kaum.“
„Ich werde nie gut genug für sie sein.“
Dafür hatte ich keine wirklich durchdachte Antwort, also ging ich einfach
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