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Nicht menschlich Inc.

Nicht menschlich Inc.

Titel: Nicht menschlich Inc. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Linnhe
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Raum, der mit zwei Tischen und ungefähr einem Dutzend Stühlen vollkommen ausgefüllt war. Die cremefarbenen Möbel hoben sich kaum von den Wänden ab. Wenn dies ein Aufenthaltsraum sein sollte, fehlte der Firma ein Händchen für stimmungsvolles Ambiente. Alessia wäre entsetzt gewesen.
    Ich lenkte den Blick von der trostlosen Umgebung auf Staceys schmalen Rücken. Ein Schatten huschte zuckend über den grauen Stoff ihres Rockes und formte sich frech zu einem Bogen. Es sah aus wie … ein Schwanz.
    Ich keuchte.
    Das schlangenförmige Etwas zuckte noch einmal und verschwand unter Staceys Kleidung.
    Ich musste heftig mit dem Kopf aufgeschlagen sein. Halt suchend streckte ich die Hände nach der Wand aus, als die Welt um mich herum sich zu drehen begann.
     
    Wenig später saß ich im Büro des Prokuristen und wartete auf sein Erscheinen. Der Boden unter meinen Füßen fühlte sich in einer Sekunde an wie ein riesiger, mit Wasser gefüllter Ballon, in der nächsten wie ein Meer aus Eierschalen. Ab und an schrie mir die Umgebung zu, dass ich mich nicht im Einklang mit dem Universum bewegte. Dieser Zustand erinnerte mich an die wenigen Male, wenn ich als Kind lange im Meer geschwommen war und abends auf dem Sofa glaubte, noch immer die Wellen spüren zu können.
    Stacey saß neben mir. Nachdem sie ihren kleinen Rundgang beendet und meine Verwirrung professionell übersehen hatte, beschloss ich, alles Unerklärliche zu ignorieren. Momentan wirkte sie distanzierter als zuvor. Vielleicht, weil ich so eindeutig auf ihren Schönheitsfehler am Po gestarrt hatte, vielleicht auch, weil sie ihre sonstigen Pflichten derzeit meinetwegen vernachlässigen musste.
    Ich hatte die Einrichtung bereits ausgiebig begutachtet. Alles wirkte normal, wenn auch ein wenig steril, der Schreibtisch teuer und poliert, die Akten gestapelt und zahlreich, die Besucherstühle hart und glatt bezogen – im Gegensatz zu dem Chefsessel hinter dem Schreibtisch.
    Ich fragte mich, ob Staceys Stuhl ein kleines Loch in der Mitte besaß. Ich hatte so viele Fragen, dass ich nicht wusste, wo ich anfangen sollte. Gleichzeitig spürte ich, wie sich dieses irre Lachen in meinem Bauch sammelte und auf den passenden Moment wartete, um auszubrechen. Ich befand mich in einem seltsamen Schwebezustand, von dem ich nicht wusste, ob er real war oder nicht. In Gedanken spielte ich wieder und wieder Optionen durch, die mir alles erklärten.
    Ich kam auf vier.
    Erstens: Meine Käfertheorie stimmte, ich befand mich im Drogenrausch und lag noch immer auf der Straße in Camlen oder zu Hause in meinem Bett.
    Zweitens: Ich war verletzt, lag im Krankenhaus und ein Tropf pumpte Flüssigkeit in meine Adern, die für diese skurrile Traumwelt verantwortlich war.
    Drittens: Ich war das Opfer einer Fernseh-Crew, die mich für eine neue Dokuserie filmte.
    Viertens: Ich wurde verrückt.
    Wenn ich mehr herausfinden wollte, blieb mir leider nichts anderes übrig, als abzuwarten. Bis dahin musste ich die Ereignisse als gegeben hinnehmen.
    Schritte näherten sich auf dem Gang, gleichmäßig wie die eines Soldaten. Die Tür öffnete sich.
    Ich versteifte mich, als der niedrig angesetzte Scheitel des Prokuristen zur Tür hereinhuschte und mich kleine Teeraugen zu kurz musterten, um etwas in ihnen lesen zu können. Dann bahnte sich der Prokurist den Weg hinter seinen Schreibtisch und ließ sich auf dem Sessel nieder. Zog man eine Verbindungsgerade zwischen seiner Stirn und der meinen, dann war sie schräg und neigte sich bedrohlich auf ihn hinab.
    Ich erkannte, dass meine aufrechte Haltung in dieser Situation ein Fehler war. Viele Männer mochten es nicht, wenn eine Frau, noch dazu eine Angestellte, sie überragte, und wenn ich die Mimik des Prokuristen richtig deutete, gehörte er dazu. Es war nicht leicht, über sein Äußeres hinwegzusehen, davon abgesehen strahlte er unbeirrbar Macht und geschäftliches Selbstvertrauen aus.
    Ich klammerte meine Aufmerksamkeit an seinen Augen fest, die normaler wirkten als der Rest. Gut, die Haare sahen auch halbwegs akzeptabel aus – zumindest die Farbe, nicht diese schreckliche Frisur, die ihm ein gehässiger Friseur verpasst haben musste.
    Wie verhielt man sich, wenn man nicht sicher war, soeben auf den Arm genommen zu werden? Es kam darauf an, den goldenen Mittelweg zu finden.
    Der Prokurist hob sein Kinn. »So. Frau …«, setzte die leicht quäkende Stimme an, verstummte aber rasch. Eine grüne Hand schob sich wie ein Eroberer in die Fluten aus

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