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Nicht menschlich Inc.

Nicht menschlich Inc.

Titel: Nicht menschlich Inc. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Linnhe
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öffnete neugierig den Deckel. Für eine flüchtige Sekunde küsste mich das typische Weihnachtsgeschenk-Gefühl, dann hielt ich eine alte Kamera in die Höhe, deren Schultergurt mit roten und blauen Gummibändern geflickt war.
    Es dauerte einige Sekunden, doch dann verstand selbst ich. »Ich soll ihnen hinterherspionieren? Und sogar Fotos machen?«
    Stacey zuckte mit den Schultern. »Das ist dein Job, Nala. Dafür wurdest du eingestellt.«
    Ich vergaß meine Fassade, die ich vor Stacey zu halten versucht hatte. »Um Leute zu beschatten?«
    »Um sicherzustellen, dass jede Krankmeldung auch begründet ist. Was ist da das Problem?«
    »Ist das nicht illegal?« Ich sah die Falten auf ihrer Stirn und versuchte, abzuschwächen. »Zumindest ist es merkwürdig.«
    Stacey kräuselte ihre Lippen und schwieg. Für eine Weile schien die Szenerie einzufrieren, als hätte jemand die Stopp-Taste gedrückt. Am liebsten hätte ich die Zeit genutzt, um den Film zu wechseln. Irgendetwas mit Gerard Butler, langen Haaren und viel dreckiger Haut. Seitdem ich Desmond zum ersten Mal gesehen hatte, huschten meine Gedanken auffällig oft in diese Richtung.
    »Nala, das hättest du dir vor deiner Bewerbung überlegen müssen«, riss Staceys Stimme mich in die Realität zurück.
    Ich verbiss mir die Antwort, die mir auf der Zunge lag. Das hätte ich vielleicht tun können, wenn mein Nachname Houdini oder Copperfield lauten würde.
    »Hm«, war daher alles, was ich von mir gab. Dummerweise nahm sie es als Aufforderung zum Weiterreden.
    »Das sind nun einmal deine Aufgaben. Und denk daran, dass der Prokurist dich in den ersten drei Tagen genau beobachten wird.«
    Diesmal war ich schlagfertig. »Woher will er denn die Zeit dafür nehmen?«
    Schulterzucken. »Er ist der Prokurist.«
    Warum nur hatte ich das Gefühl, dass ich diese Antwort noch einige Male hören würde? »Und warum drei Tage?«
    Stacey schloss den Schrank und strich ihren Rock glatt. Etwas Dunkles zog einen Halbkreis hinter ihrem Rücken.
    Ich sah weg.
    »Weil das deine Probezeit ist.« Dieses Mal lachte sie und schlug mir auf den Oberarm. Ich hatte wohl endgültig die Schwelle überschritten, an der sie mich ernst nahm. Von nun an würde sie alles, was ich von mir gab, auf meinen Unfall, Müdigkeit oder meine Haarfarbe schieben.
    Trotzdem musste ich nachhaken. »Nur drei?«
    Stacey lachte weiter, trotz der ausgeprägten oberen Zahnreihe sehr kokett.
    Ich wagte einen allerletzten Rettungsversuch. »Werden denn die Leute, denen ich auflauere, das nicht irgendwo melden? Der Gewerkschaft, der Polizei?«
    Irgendwelchen Hinterhofschlägern? Den Drehbuchautoren?
    In Staceys zuckersüße Ausstrahlung schlich sich ein Hauch von Verschlagenheit, nachdem sie bei dem Wort Gewerkschaft kurz die Stirn gerunzelt hatte. Ihre Augen verengten sich und ihre Nasenflügel bebten.
    »Sie werden es nicht melden«, antwortete sie ruhig. »Diese Überprüfungen sind Bestandteil ihrer Arbeitsverträge. Zudem werden sie dich nicht bemerken, wenn du es gut anstellst. Zwar wissen sie, dass sie irgendwann kontrolliert werden, während sie entschuldigt fehlen, aber nicht, wann das sein wird.« Sie ließ sich auf ihren Stuhl fallen. »Das weißt nur du.« Sie zwinkerte mir zu. Dann öffnete sie eine Schublade, zog etwas heraus und hielt es mir mit triumphierendem Gesichtsausdruck entgegen. »Hier, das gehört nun dir.«
    Ich griff danach und erwartete weitere Absonderlichkeiten wie einen Stapel getrockneter Menschenhaut oder die Enzyklopädie der Mutanten. Es handelte sich allerdings um eine Straßenkarte und einen Schlüsselbund mit einem Autoschlüssel. Ich ließ ihn von meinem Finger baumeln und drehte die Straßenkarte um. Da waren sie, alle Wege und wichtige Anhaltspunkte in …
    Ich stutzte.
    LaBrock? Davon hatte ich noch nie gehört. Wo zur Hölle war LaBrock? Was zur Hölle war LaBrock?
    Ich entschied, in Staceys Gegenwart alle Redensarten, in denen Hölle oder Teufel vorkamen, nicht laut zu äußern, als ihr sorgfältig manikürter Zeigefinger auf das Büchlein tippte. »Den Plan wirst du brauchen. ABM ist auch eingezeichnet.« Sie blätterte herum und fand die Seite, die sie suchte. »Hier«, rief sie. »Ich habe es umkringelt.«
    Hatte sie. Es hätte mich nicht mehr gewundert, wenn aus diesem Kreis kleine Flämmchen geschossen wären.
    »Vielleicht sollte Desmond dich heute begleiten, weil du dich noch gar nicht auskennst.« Staceys Stimme driftete immer weiter von mir weg, wie ein Stück Papier,

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