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Nicht menschlich Inc.

Nicht menschlich Inc.

Titel: Nicht menschlich Inc. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Linnhe
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würde er wirklich darüber nachdenken. Dabei wussten wir beide, dass er eine ärztliche Kontrolle nicht in Betracht ziehen würde.
    Er stand auf und begann die Küche aufzuräumen.
    »Du solltest dich ausruhen, Kleines. Auch, wenn du es jetzt noch nicht merkst, aber der erste Arbeitstag ist immer der anstrengendste. All die neuen Eindrücke müssen verarbeitet werden. Du wirst heute Nacht schlafen wie ein Stein. Am besten, du legst dich sofort hin.« Mit einem Mal hatte er es sehr eilig, mich loszuwerden.
    Ich wusste, dass ich hier nicht weiterkam, also umarmte ich ihn und ging anschließend nach oben. Erst in meinem Zimmer kam mir der Gedanke, dass Pas Ohnmacht eventuell kein Zufall gewesen war.

8
    Premierenpapiere
     
     
     
    A m nächsten Morgen stand ich mutterseelenallein an der Straßenecke in Camlen. Auf der Nase trug ich eine Sonnenbrille, obwohl der Himmel voller Wolken war und die Gläser meine Sicht so weit verdunkelten, dass ich mich nur sehr vorsichtig bewegte.
    Dieses Mal hatte ich den Bus genommen. Abgesehen davon, dass ich meinen Vater vor weiteren Ohnmachten bewahren wollte – sollte wirklich das Dimensionstor daran schuld sein, konnte ich ihn keinem weiteren Risiko aussetzen –, durfte ich mich nicht ewig von ihm zur Arbeit bringen lassen. Ich war fest entschlossen, bei Bewusstsein zu bleiben. Nichts und niemand würde mich davon abhalten. Noch zog ein helles Stimmchen im Kopf die Möglichkeit in Betracht, dass der gestrige Tag ein schräger Traum gewesen war.
    Ich warf einen Blick auf die Uhr. Noch zwei Minuten.
    Nervös zupfte ich an meinem Oberteil. Heute hatte ich mir das Kostüm gespart, weil ich mich in Hosen wohler fühlte und dies – glaubte man der Flut an Psychoratgebern – auch ausstrahlte. Glaubte ich dagegen meinem Online-Horoskop, so konnte mich heute eh nichts in den Schatten stellen. Also war ich zu meiner schmalen, schwarzen Hose und dem weinroten Shirt mit Wasserfallausschnitt in ein elegantes Schuhpaar von Alessia geschlüpft, um das mir prophezeite Funkeln zu verstärken.
    Ich fuhr herum.
    Hatte ich da ein leises Summen gehört? Diese Frage stellte ich mir zum mindestens zehnten Mal innerhalb der letzten Viertelstunde, und jedes Mal zuckte ich zusammen. Ich bereute es, mir nicht den Baseballschläger meines Bruders ausgeliehen zu haben, um dem Springer das zu verpassen, was er verdient hatte. Heute würde er kein so leichtes Spiel mit mir haben. Ich lächelte kalt hinter meiner Sonnenbrille. Kein zweites Mal, mein Freund.
    Ich hatte mich nicht getäuscht. Da lag ein dunkler Ton in der Luft. Er wurde lauter, doch so sehr ich auch suchte, ich konnte kein Tor entdecken. War es vielleicht nur von einer Seite zu sehen? Und wie sah es aus, wenn jemand durch das Tor trat – erschienen die Leute für mich wie aus dem Nichts?
    Ich wagte es, meine Brille kurz von der Nase zu heben, und da entdeckte ich es. Ein sanfter, rötlicher Schimmer kam um die Hausecke. Ich machte mich auf den Weg – und drehte mit einem Aufschrei um, als ich den Springer in vollem Flug auf mich zukommen sah. Ich rannte einige Meter, duckte mich und schützte meinen Kopf mit beiden Händen.
    Der Käfer flog weiter. Ich schickte ihm meine Verachtung mit einem Schnauben hinterher, richtete mein Haar und machte mich bereit, um Desmond zu begrüßen. Schon trat eine Gestalt um die Ecke, noch ein wenig verzerrt von dem Strahlen des Dimensionstors. Sie kam mir sehr klein vor.
    »Einen schönen guten Morgen, Nala.«
    Ich war enttäuscht. »Hallo Stacey.«
    Sie trug ein raffiniert geschnittenes Kostüm, das ihre Figur vorteilhaft zur Geltung brachte. Die Feuer der Hölle waren offenbar nützlich, um alle überflüssigen Pfunde wegzuschmelzen.
    Stacey ignorierte, dass ich trotz des grauen Morgens eine Sonnenbrille trug, und winkte mir ungeduldig. »Los, ehe das Tor sich wieder schließt.«
    Ich schluckte die Enttäuschung hinunter, zwang mich zu einem Lächeln und folgte ihr. Nach einigen Metern stand ich vor dem tanzenden, feuerfarbenen Regenbogen. Der Springer summte an meinem Kopf vorbei und flog hinein. Dieses Mal zog ich den Kopf nicht ein, als ich mich von den Farben umhüllen ließ und Camlen den Rücken kehrte.
    Wir kamen dort raus, wo ich am vergangenen Abend meine Heimreise angetreten hatte, auf der Rückseite des ABM-Gebäudes. Stacey verwickelte mich in eine harmlose kollegiale Plauderei zum Thema »Was hast du gestern Abend noch gemacht?« Sie hatte ein langes Schaumbad genommen und sich

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