Nicht menschlich Inc.
gewöhnungs-
bedürftig
- Callcenter
- schlechte Kamera
- Rechte der Arbeitnehmer? Lohn? Arbeitszeit? Alternative
Beförderungsmittel? Berufsbezeichnung? Schlechtwetter-
geld?
- Hausmeister!
Das waren eindeutig zu viele Fragezeichen. Durch die Umstände und die ruppige Art des Prokuristen hatte ich mich davon abhalten lassen, die wichtigen Dinge zu klären. Jetzt ärgerte ich mich darüber, konnte aber nichts mehr daran ändern. Nachdenklich betrachtete ich die Zimmerdecke und überlegte, was ich meinen Leuten erzählen sollte. Die Wahrheit kam nicht infrage, sie würden mir sowieso nicht glauben und beweisen konnte ich nichts. Desmonds Worte schwebten mir durch den Kopf.
»Du darfst niemandem erzählen, dass du nicht zu den Eingeweihten gehörst, Nala. Oder wie der Kontakt zu ABM zustande gekommen ist. Das ist verdammt wichtig.«
Ich wollte meine Familie oder Kim nicht gefährden und würde mich bei meinen Berichten auf Nebensächlichkeiten konzentrieren müssen. Für meine Mutter war nur interessant, wie ich in der Chefetage angekommen war. Für Kim, ob es attraktive Arbeitskollegen gab, und mein Vater würde nach dem Angebot der Kantine fragen. Von der ich nicht wusste, ob es sie gab. Bei dem Gedanken daran protestierte mein Magen – natürlich, ich hatte nicht einmal Omas Stutenscheiben angerührt. Ich blinzelte zur Tür und überlegte, ob das Gelände sicher genug war, um eine Operation Küche zu starten. Dann sprang ich auf und schlich auf Zehenspitzen über den Flur. Die Treppe meisterte ich ohne Probleme, erst am unteren Absatz blieb ich mit der Strumpfhose an einem der winzigen Nägel im Bodenbelag hängen. Ich schaffte es, nicht hinzufallen, dafür stampfte ich bei dem Versuch, mich zu fangen, laut auf.
»Nala? Süße, bist du das?«
Ich schaffte es noch, mich hastig aufzurichten, ehe mein Vater vor mir auftauchte. Er musste in den vergangenen Minuten nach Hause gekommen sein.
»Hey.« Ich zog das Wort ebenso in die Breite wie meine Lippen und bohrte den großen Zeh durch das Loch in der Strumpfhose in den Teppich. »Seit wann bist du hier?«
»Das wollte ich dich gerade fragen. Ich hab mir Sorgen gemacht. Wo warst du so lange?«
Da war sie schon, die erste Hürde. Daran, die Wahrheit zu sagen, war nicht zu denken. Ich konnte damit leben, dass mich Teufels Tochter auf der Arbeit mitleidig betrachtete, aber jeden Tag den sorgenvollen Blick meines Vaters zu ertragen, während er hinter meinem Rücken nach der besten psychologischen Anstalt des Landes suchte, wäre zu viel.
»Ich hab die Spätschicht mitgemacht.« Es war sicher gut, eine Lüge mit der Wahrheit einzuleiten. Dann fühlte man sich nicht ganz so schlecht. »Damit ich mich schneller eingewöhne.«
Pa sah mich so gründlich an, dass ich befürchtete, er hätte mich durchschaut. Doch dann trat er neben mich und legte mir freundschaftlich einen Arm um die Schultern.
»Übertreib es am Anfang nicht sofort. Die müssen nicht denken, dass sie mit dir machen können, was sie wollen.«
Ein wenig Vaterstolz am Abend tat gut. Ich entspannte mich.
»Haben sie eine Kantine?«
Oh, oh. »Klar«, strahlte ich.
»Und, was gab es?«
Nun durfte ich keine Sekunde zögern, sonst würde er so lange nachhaken, bis ich einen Fehler machte.
»Ich bin heute nicht dazu gekommen, was zu essen. Zu viele neue Eindrücke.« Ich zuckte lässig mit den Schultern.
Meine Strategie ging auf. Das stechende Interesse verwandelte sich blitzschnell in Besorgnis.
»Es ist nicht gut, wenn du deinen Körper vernachlässigst. Du weißt doch, er ist ein kleines Kraftwerk, und …«
»Pa.«
»… das will versorgt werden. Sonst baust du Ressourcen ab, füllst sie aber nicht wieder auf. Dadurch …«
»Pa! Ich weiß.«
Seine Augen bekamen jenen Glanz, den sie nach einem ausschweifenden Essen hatten. »Komm, ich wärm dir was auf.«
Also saß ich kurz darauf an der Holztheke, die den Koch- vom Essraum abtrennte, und sah meinem Vater zu. Natürlich wärmte er nichts auf, sondern fertigte ein Limetten-Hähnchensandwich mit süßer Chilisoße auf gegrilltem Stangenweißbrot.
Der Geruch und das vertraute Geräusch brutzelnden Öls wirkten tröstend. Um einem Kreuzverhör zu entgehen, lehnte ich den Kopf gegen die Wand und täuschte einen gesunden Halbschlaf vor. Erst, als leises Klappern ertönte und unverkennbar ein Teller vor mir abgestellt wurde, öffnete ich die Augen. Mit Nahrung zwischen den Zähnen war ich weiterhin sicher vor Pas Fragen, also biss ich
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