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Nicht menschlich Inc.

Nicht menschlich Inc.

Titel: Nicht menschlich Inc. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Linnhe
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Wohnung zerrte, nachdem er angeklingelt hatte, um ein harmloses Beweisfoto zu schießen. Sicherlich hatte sie ihn zum Balkon getragen und über die Brüstung gehoben, um ihn mit dem Kampfschrei einer Walküre fallen zu lassen. Nachdem der Arme einen Arzt aufgesucht hatte und später als geplant zu ABM zurückgekehrt war … nun, den Rest wusste ich ja.
    Wusste ich? Vielleicht hatte er auch gekündigt und war nicht gefeuert worden, oder er lag noch im Krankenhaus. Wie auch immer, ich hielt es für wichtig, zu erfahren, ob Kirsten möglicherweise aggressiv darauf reagierte, überprüft zu werden.
    »Was ich mich frage ist«, leitete ich ein, »ob die Teamleiterin des Callcenters kooperativ …«
    »Sie haben den Schlüssel?«, krächzte der Prokurist dazwischen. Vielleicht waren Koboldohren so ausgebildet, dass sie die Worte eines Untergebenen von vornherein ausgrenzten.
    »Welchen Schlüssel?«
    Sein Blick verriet mir, dass er mit dieser Frage gerechnet hatte.
    »Den Wagenschlüssel«, sagte er und vollführte eine herablassende Handbewegung.
    »Nein, ich habe …«
    »Wenden Sie sich an Stacey. Es kann sein, dass Desmond mit dem Firmenwagen unterwegs ist. Fahren Sie sofort los, wenn er wiederkommt.«
    Etwas anderes als eine knappe Reaktion war bei dem Tonfall nicht drin. Also nickte ich. »Sicher.«
    Der Prokurist wandte sich seinem Aktenkoffer zu, öffnete ihn und begann etwas darin zu suchen. Ich stand auf und ging, ohne mich zu verabschieden, weil er mich offensichtlich schon vergessen hatte. Ich hoffte inständig, dass Desmond wirklich mit dem Firmenwagen unterwegs war. Nicht, weil ich aus Faulheit länger im Gebäude bleiben wollte, sondern weil ich ihn so bei der Übergabe der Schlüssel sehen würde. Er war der Einzige, mit dem ich offen und ehrlich reden konnte, mit dem ich meine Ängste und Befürchtungen teilen konnte und der es mir nicht übel nahm, wenn ich seltsame Fragen stellte. Er war der Einzige, der wusste, dass ich keine Ahnung von anderen Spezies außer Menschen hatte. Streng genommen hatte ich nicht mal von denen besonders viel Ahnung.
    Vielleicht würde Desmond mich begleiten, so wie gestern. Ein Lächeln schlich sich bei dieser Vorstellung auf meine Lippen. Ich mochte seine Gegenwart, und das nicht nur, weil ich darauf hoffte, seinen Beinahe-Waschbrettbauch noch einmal zu sehen. Nein, auch das stete Grummeln im Bauch, hervorgerufen durch den Irrsinn dieser seltsamen Welt, nahm in seiner Nähe ab.
    Also bahnte ich mir einen Weg durch die Flure und ließ mich entgegen der Anweisung des Prokuristen auch am Empfang von Stacey nicht aufhalten. Mit einer zum Gruß erhobenen Hand und einem breiten Lächeln auf den Lippen huschte ich an ihr vorbei und trat kurz darauf ins Freie.
    Es gab eindeutig schönere Tage. Jegliche Hoffnung, dass die Wolkendecke in den nächsten Stunden aufreißen würde, schwand. Kleine Regentropfen erzeugten trübe Schlieren in der Luft und trafen kalt auf meine Haut. Ich schüttelte mich, doch die Gänsehaut blieb. Hastig musterte ich den Parkplatz, doch der Firmenwagen war nirgends zu sehen. Ich schlang beide Arme um meinen Körper, gab mich geschlagen und trat den Rückzug an. Stacey erwartete mich mit einem wissenden Blick. Ich gab mich betont entspannt.
    »Ich hab meinen zweiten Auftrag bekommen.« Als ob sie das noch nicht wüsste. »Aber das Auto ist nicht da.«
    »Desmond hat es genommen, um zur Post zu fahren. Er müsste jeden Augenblick zurück sein.«
    Ich schenkte ihr ein ebenso freundliches Lächeln wie sie mir. »Kannst du kurz durchrufen, wenn er wiederkommt? Ich bin solange an meinem Platz.« Immerhin war sie auch dafür da, oder?
    Ihr Lächeln hielt. Oder konnte ich an den Mundwinkeln etwa ein Bröckeln wahrnehmen?
    »Natürlich. Benötigst du noch Hilfe?« Sie schaffte es trotz allem, mir klarzumachen, dass ich die Neue war – diejenige, die am unteren Ende der Treppe stand und zu den anderen hochblickte.
    Ich schüttelte den Kopf und machte, dass ich wegkam – ich wünschte mir ohnehin, Stacey nicht gereizt zu haben. Wer wusste, wie die Rache dafür aussah. Es war so leicht, sie für einen Menschen zu halten, wenn man vor ihr stand.
    Mein Büro bot mir nicht das erhoffte Hafengefühl, im Gegenteil. Die beiden Jungs sahen nicht hoch und klebten weiterhin auf ihren Stühlen, der eine mit der Nase fast am Monitor, der andere blickte hektisch zwischen diesem und seinen über die Tastatur huschenden Fingern hin und her. Als ich mich räusperte, bedachten

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