Nicht menschlich Inc.
lösten sich sofort wieder auf. Der Anblick machte mich schwindelig.
Ich spürte eine Bewegung am Handgelenk. Stacey. »Los!«
Sie zog mich und hatte dabei leichtes Spiel, weil ich vollkommen perplex und somit willenlos war. Mein letzter Gedanke auf dem Hinterhof von ABM war, ob es sich bei dem Ding um den Zugang zu Staceys Wohnzimmer handelte.
In dem Wirrwarr gab es keinen Tunnel, kein Gleiten, und auch keine Begegnung mit geisterhaften Wesen, die unsere irdischen Geschicke lenkten. Es gab nichts Übernatürliches nach meinem Schritt nach vorn. Denn das Nächste, was ich sah, war die Straßenecke in Camlen. Ich roch Abgase und hörte den zornigen Schrei einer Krähe. Dann blinzelte ich Stacey an.
Sie nickte mir zu. »Wir sehen uns morgen früh. Halb neun, genau hier.«
Kraftlos hob ich eine Hand und hielt den Daumen in die Höhe. Sprechen fiel mir in diesem Moment nicht leicht. Ich suchte verzweifelt ein paar Silben zusammen, als ein Geräusch sich uns näherte. Stacey und ich wandten uns gleichzeitig um, sie erwartungsvoll, ich ahnungsvoll. Dieses dumpfe Brummen hatte ich schon einmal vernommen, genau hier.
»Nein«, schrie ich, schützte mein Gesicht mit beiden Händen und ließ mich zu Boden fallen. Den Schmerz in meiner Hüfte ignorierte ich heldenhaft und biss die Zähne zusammen. Nicht noch einmal.
Leises Gelächter antwortete mir, dann spürte ich eine Berührung an der Schulter. Tapfer harrte ich aus und bewegte mich nicht.
»So geht das mit dir nicht weiter, Nala«, hörte ich Staceys amüsierte Stimme neben mir. »Wie willst du denn jemals allein springen, wenn du eine solche Angst vor Käfern hast? Du solltest etwas dagegen unternehmen.«
Ich blieb hartnäckig und rührte mich nicht.
Staceys Absätze klapperten auf dem Boden. »Dann bis morgen.«
Von einer Sekunde auf die andere hatte Stille geherrscht. Ich wartete noch eine Weile, konnte aber nichts mehr ausmachen. Unauffällig spreizte ich die Finger, lugte hindurch und sah ein Stück Stange, ein schrottreifes Auto und etwas Graues. Ich spreizte weiter. Grau wurde zu Straße, Stange zu Verkehrsschild. Ich war allein. Um sicherzugehen, stand ich auf und drehte mich um die eigene Achse. Stacey, der Springer und der Farbwirbel waren verschwunden.
Es musste sich um eine Art Tor handeln. Was hatte Desmond gesagt? LaBrock war nicht meine Welt. Es war das auf der anderen Seite. Und allein kam ich offenbar nicht hinüber. Nur durch diesen Käfer, der beschlossen hatte, dass ich eine super Landebahn abgab.
Ich schüttelte den Kopf.
Dann tat ich das Einzige, was jeder normale Mensch in meiner Situation tun würde. Ich holte tief Luft und schrie.
Eine halbe Stunde später saß ich sicher und wohlbehalten in meinem Zimmer in Westburg und starrte hinaus in die Dunkelheit. Mein kleiner Gefühlsausbruch hatte mir ein Taxi beschert, dessen Fahrer noch in der Sekunde mit quietschenden Reifen neben mir gehalten hatte, als ich zu einem zweiten Brüllen ansetzte. Er hatte geglaubt, so erzählte er mir zumindest während der Fahrt mit wild fuchtelnden Armen, dass ich in einer Hintergasse unfreiwillig Organe spendete. Folglich hatte er sämtliche Verkehrsregeln missachtet, um den illegalen Austausch zu verhindern und seine Stadt sauber zu halten.
Da er ein wenig missmutig über seine magere Ausbeute einer ordinären Irren zu sein schien, gab ich ihm an der Haustür ein großzügiges Trinkgeld, huschte anschließend die Treppe nach oben und suchte Zuflucht in meinem Zimmer. Ich ließ mich auf mein unordentliches Bett fallen und vergrub mich in den Kissen. Alles in meinem Kopf fuhr Achterbahn. Jetzt, in der Sicherheit des elterlichen und hundertprozentig menschlichen Hauses, versuchte ich, die Dinge für mich zu klären und einen roten Faden durch den heutigen Tag zu ziehen. Erfolglos. Das Einzige, was sich nicht falsch anfühlte, war der Gedanke an Desmond. Er brachte mich zwar auch durcheinander, jedoch auf eine vollkommen andere Weise. Ich warf einen Blick auf die Uhr, kurz nach acht. Es half nichts, die gute alte Liste musste her. Manchmal wurde ich ruhiger, wenn ich alles notierte, was mich aufwühlte. Also suchte ich mir Block und Stift, überlegte und entschied mich für eine wertfreie Reihenfolge.
Einige Minuten später starrte ich auf Folgendes:
- Arbeitsplatz nicht in diesem Universum
- Sekretärin ist halber Teufel
- Prokurist hat keinen Namen und ist halber Kobold
- Job hat Vertreterqualitäten
- Käfer als Transportmittel, Transportweg
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