Nicht menschlich Inc.
und gleich eingeschlafen. Nun trug ich als Zeichen der Vernachlässigung meines Föhns drei lustige Wirbel auf dem Kopf und legte all meine Hoffnung in die kaschierenden Locken. Ich hatte zu lange vor dem Kleiderschrank gestanden, sodass mir keine Zeit geblieben wäre, die Haare zu stylen. Diese Unentschlossenheit bezüglich meines Outfits war merkwürdig und ungewohnt. Spätestens als ich das vierte Oberteil mit frustriertem Blick auf mein Bett warf, wurde mir bewusst, dass ich einzig und allein mit dem Vorsatz zur Arbeit ging, Desmond wiederzusehen.
Das war ebenfalls ungewöhnlich für mich. Normalerweise brauchte ich Wochen oder sogar Monate, um mich für einen Typen zu begeistern. Ich musste mich zunächst mit einem Mann anfreunden, ehe ich – auch gedanklich – eine Stufe weiter ging. Bei Desmond war ich scheinbar auf einer Rolltreppe gelandet.
Ich atmete auf, als ich die sterilen Flure der Firma betrat, nachdem ich mich durch ein Spalier an Telefonisten und Zigarettenqualm gekämpft hatte. Ich schaute in den Lagerraum, fand ihn jedoch leer vor. Grübelnd machte ich mich auf den Weg zu meinem Schreibtisch. Als ich die Tür öffnete, begrüßte mich lustiges Fiepen – Neil und Eric spielten irgendein Computerspiel, und ihrem Verhalten nach zu urteilen, auch noch gegeneinander. Trotzdem sahen beide auf, als ich mich setzte. Während Eric wieder wegsah, kroch so etwas wie ein Begrüßungslächeln über Neils Gesicht.
»Guten Morgen.« Überdeutlich betonte ich jede Silbe. Ich erreichte damit nicht mehr als ein müdes Nicken. Ein wenig ärgerte mich, dass Stacey es schaffte, von einer Sekunde auf die andere ängstlichen Respekt zu erzeugen, während ich um die geringste Aufmerksamkeit kämpfen musste.
War das Missachtung meiner Person oder lag das an meiner Stellung als neue Kollegin, die sich ihren Kükenstatus noch abstrampeln musste? Ich grübelte und blickte neugierig auf meinen Schreibtisch.
Er war leer. Bis auf den Computer, die Tastatur und den ganzen übrigen Schreibkram natürlich. Dabei hatte ich angenommen, dass eine neue Akte auf mich warten würde. Es konnte doch nicht sein, dass ich mir jeden Auftrag persönlich beim Prokuristen abholen musste?
Ich fuhr den Computer hoch und wusste danach nicht weiter. Nachdenklich beobachtete ich meine beiden Kollegen, die ihr Spiel mittlerweile beendet, aber offenbar noch genügend Dinge auf der Agenda hatten. Neil und Eric besaßen das, was mir noch fehlte, einen Arbeitsplan. Dabei brauchte ich nur eine Liste mit Dingen, die zu erledigen waren, dann war ich glücklich und konnte Gefallen an meiner Arbeit finden.
Ich grübelte. Die Liste, die ich dabei zusammenbekam, war kurz. Genauer gesagt beinhaltete sie nur einen Punkt, die Kontrolle bei Kirsten Herms. Damit meine aufflammende Eigeninitiative nicht wieder verflog, griff ich zum Telefon und wählte Staceys Durchwahl. Die Chefsekretärin meldete sich augenblicklich.
»Was gibt es, Nala?«
Ein wenig beneidete ich sie um ihren professionellen Tonfall, der dem Anrufer deutlich signalisierte, dass sie Wichtiges zu erledigen hatte, sich aber Zeit für die Belange jedes Einzelnen nahm.
Ich ging zum Angriff über. »Hallo Stacey. Ist der Firmenwagen zufällig frei, oder ist Desmond unterwegs?«
»Nein, Desmond kommt heute erst spät.« Sie klang ein wenig verwundert. »Brauchst du den Wagen jetzt sofort?«
Die Frage dahinter war »Wozu brauchst du ihn?«, doch ich nahm mir das Recht heraus, nur auf das gesprochene Wort zu reagieren. »Ja, ich muss im Fall Herms etwas erledigen und mache das am besten gleich als Erstes. Ich hole mir dann eben schnell die Schlüssel bei dir ab, okay?«
Kurze Pause.
»Gut. Bis gleich.«
Sie hatte noch immer höflich und professionell geklungen, aber das kaum merkliche Zögern streichelte mein Ego zur Genüge. Nala das Küken, hatte soeben eine erste Babyfeder verloren.
Zehn Minuten später lenkte ich den Wagen durch die Straßen von LaBrock und versuchte, mich an die Strecke zu Kirstens Wohnung zu erinnern. Natürlich verfuhr ich mich und kam unterwegs an einem Laden für rituelle Bücher und einer Boutique namens All Skins vorbei, die ich mir nicht näher ansehen konnte, weil die Ampel vor mir auf Grün schaltete. Ich beschleunigte und schoss die Straße hinab. Nichts in der Gegend hatte einen Wiedererkennungswert für mich. Ich gab mir noch zehn Minuten, ehe ich anhalten und bei verriegelten Türen auf den Straßenplan schauen würde. Zehn Minuten später gab ich
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