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Nicht menschlich Inc.

Nicht menschlich Inc.

Titel: Nicht menschlich Inc. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Linnhe
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mich auf eine Idee. Ich schlich zurück ins Schlafzimmer. Der Kleiderschrank war in die Wand hineingebaut, zusätzlich gab es eine Kommode mit fünf Schubladen und Griffen in Form von Gänseköpfen. Ich begann mit dieser und fand einen Badeanzug und zwei Bikinis. Wenn Kirsten nicht gerade Badebekleidung sammelte und nur ihre Lieblingsstücke mitgenommen hatte, war sie definitiv nicht gen Süden gereist.
    Wenn der Süden überhaupt der warme Bereich dieser Welt war.
    Ich wuselte ins Bad, um meine These zu untermauern. Das Chaos vom Vortag war noch präsent. Ein Teil der Kosmetik- und Pflegeartikel lag vor dem Stellschränkchen, auf dem sich weitere Tiegel und Tuben befanden. Ich kniete mich hin, um einen besseren Blick auf die einzelnen Produkte zu werfen. Ich fand Körperlotion, Körperöl, Hautwasser, Körpermilch und – ha! – Sonnencreme. Kirsten kannte sich zumindest auf dem Feld der Kosmetik aus und wäre ein ebenbürtiger Gegner für Kim. Ob sie in der Liga meiner Mutter spielte, wagte ich dagegen zu bezweifeln.
    Ich warf einen Blick auf die halb leere Flasche Körperlotion mit Sesamöl, Zimt und extra viel Kirschblüten. In dumpfer Vorahnung griff ich nach der Körpermilch. Dieselbe Duftnote. Ebenso das Körperpeeling. Für einen Moment fühlte ich mich vom weiblichen Teil der Welt ausgeschlossen, als ich mich an die ehrlich empörten Gesichter von Kim und Julie erinnerte. Sie hatten vielleicht doch nicht übertrieben, sondern sich wie ganz normale Frauen verhalten.
    O mein Gott. Ich schlug eine Hand auf den Mund. Das würde bedeuten, dass ich entweder nicht ausreichend Wert auf meinen Körper legte oder dass ich hoffnungslos rückständig war. Eine Landpomeranze! Ob Desmond das auch schon bemerkt hatte? Waren die Nasen der Männer sensibel genug, um zu erschnuppern, wenn eine Frau ein Sammelsurium an nicht aufeinander abgestimmten Gerüchen verwendete? Und wenn ja, musste das zwangsläufig eine abschreckende Wirkung haben? Ein Obstsalat war doch auch etwas Nettes. Vielleicht aber zu gesund. Ich erinnerte mich an einen Exfreund, der in meinem Dasein wahren Heißhunger auf Bananen mit Dinkel und Kleie entwickelte, aber vor seinen Kollegen jegliche Annäherung an Obst im Allgemeinen leugnete.
    Ich richtete mich auf und durchsuchte die übrigen Schranketagen. Da hatte ich es, die Haarpflegemittel waren ebenfalls mit Sesamöl, Zimt- und Kirschduft versehen. Ich griff nach der Haarspülung, öffnete sie und schnupperte daran. Blühende Kirschbäume, ein ganzer Hain davon, unterstrichen von einem Hauch Weihnachtsbäckerei. Es roch gut, das musste ich Kirsten lassen. Der Duft brachte irgendetwas in meinem Kopf zum Klingeln. Ich runzelte die Stirn und suchte weiter.
    »Haarkur, Haaröl, Glanzspray …«
    Von jedem Produkt gab es mindestens zwei Flaschen oder Tuben, wenn nicht drei. Kirsten legte viel Wert auf ihr Haar. Ich gab mich geschlagen und bekannte mich insgeheim schuldig, als mir etwas auffiel. Schnell ging ich die Reihen der einzelnen Cremes und Öle noch einmal durch, dann ein weiteres Mal, wobei ich spürte, wie sich die Falte zwischen meinen Augenbrauen verstärkte.
    Ich drehte mich um und öffnete die Fiberglastür der Dusche. Bis auf einen Schwamm und eine Gummigans war sie leer. Vorsorglich blickte ich in alle Ecken und sogar in den kleinen Mülleimer.
    Ich hatte es gefunden, mein erstes Indiz – und den ersten Hinweis darauf, dass etwas nicht stimmte. Kirsten besaß die gesamte Palette an Haut- und Haarprodukten mit Kirschzimtduft mehrmals. Aber es gab im ganzen Badezimmer keine einzige Flasche Shampoo.
     
    Zurück auf dem Parkplatz von ABM war es mir herzlich egal, ob der Prokurist aus dem Fenster glotzte oder nicht. Ich musste nachdenken, konnte mich aber vor Aufregung nicht richtig konzentrieren. Ich hatte etwas gefunden – und nicht nur das, ich konnte es auch zuordnen. Zunächst war da nur ein Gefühl gewesen, dass ein Teil der Lösung des Rätsels um Kirsten sich ganz in der Nähe befand. Vielleicht war es ein Instinkt, denn dieses Gefühl zwang mich, meine Gedanken immer und immer wieder um die Bilder in der Wohnung kreisen zu lassen. Es machte mich beinahe wahnsinnig, doch dann, endlich, klickte es in meinem Kopf. Ein kleiner Teil des Puzzles fügte sich zusammen. Der Verdacht, der sich in Kirstens Badezimmer gebildet hatte, während ich auf die Blütenbilder der Pflegeserie starrte, riss energisch an dem Boden unter meinen Füßen. Und das umso stärker, als sich zum Bild der

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