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Nicht menschlich Inc.

Nicht menschlich Inc.

Titel: Nicht menschlich Inc. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Linnhe
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Des zu reden. Als ich ihr erzählte, dass er mich geküsst hatte, sie quietschte und nach meinen Händen griff, fühlte ich mich in meine Teenagerzeit zurückversetzt. Und wenn ich ehrlich war, klopfte mein Herz bei der Erinnerung an den Kuss im Papierlager so sehr, als wäre es mein erster gewesen.
    Die Hürde namens Kim war genommen. Es würde schwieriger sein, meine Eltern abzulenken. Alessia würde unnachgiebig bohren, in der Hoffnung, eine skandalträchtige Mitteilung zu finden oder auf einen neuen Arbeitskollegen zu stoßen, der ein Bekannter eines Bekannten eines Filmstars war. Mein Vater bohrte ähnlich intensiv, aber aus anderen Gründen. Das Einzige, was ihn interessierte, war das Wohlergehen meines Magens. Bei diesem Gedanken musste ich lächeln. Das Glück dieser Erde lag für Pa in Töpfen und Pfannen, und solange die in Ordnung waren und keine Löcher aufwiesen, konnte er beinahe alles ertragen. Oder alles verdrängen.
    Um das zu vermeiden, hatte ich vorgegeben, neue Bodylotion zu benötigen, als meine Eltern eine Stunde später nach Hause kamen. Kim musste ich nicht fragen, ob sie mich bei meinem Trip in die Stadt begleiten wollte. Es war die Öffentlichkeit, und man konnte langweiliges Geld in spannende Dinge umtauschen – da war sie sofort dabei.
    Unter dem vorwurfsvollen Blick meines Vaters zerrte sie mich aus dem Haus. Kurz darauf sprühten kleine Steinchen über die Straße, als sie das Gaspedal ihres Flitzers durchtrat. Was für meinen Vater ein frischer Bund Bärlauch war, war für sie die Aussicht auf einige Minuten Schaufensterbummel.
    Um meinen Vorwand nicht auffliegen zu lassen, steuerte ich den Drogeriemarkt an. Während ich auf das Regal mit den Cremes zusteuerte, verschwand Kim zielgerichtet in den hinteren Bereich des Ladens – sie kannte die Hälfte der Verkäuferinnen, wenn nicht alle. Kurz darauf kehrte sie zurück, im Schlepptau eine junge Frau, die sogar in ihrem Arbeitskittel eine gute Figur machte. Sie war sehr zierlich, da halfen auch die steil nach oben gestylten Haarsträhnen nichts.
    »Das ist Julie«, stellte Kim mir die Frau vor, die bereits einen fachkundigen Blick auf die Lotion in meinen Händen und dann auf meine Haut warf.
    Ich grüßte höflich und starrte erstaunt auf meine linke Hand, die plötzlich leer war.
    »Das ist zwar teuer«, sagte Julie energisch, während sie die Flasche vor meinem Gesicht schüttelte, »aber viel zu fettig für deine Haut. Die sieht nämlich ganz gesund aus.« Die Flasche schwebte zurück zum Regal. Kurz darauf reichte Julie mir eine andere. »Hier. Das ist besser. Und die gehören dazu.« Sie drückte mir einen Tiegel in die Hand, dann eine kleinere Tube. Wie von Zauberhand mehrten sich die Artikel in meinen Händen. Kim schnappte sich eine, schraubte sie auf, schnupperte daran und schaute auf das Etikett.
    »Rosenhaarkur«, las sie murmelnd und lachte ihre Lieblingsverkäuferin an.
    »Die Haarkur«, bemerkte Julie, »stammt aus derselben Pflegeserie wie deine Bodylotion.«
    Ich glotzte auf das Ding in meiner Linken.
    »Stimmt.«
    »Es gibt aus der Serie auch ein Shampoo, eine Spülung, Tages- und Nachtcreme.« Julie zählte es an ihren Fingern ab. »Die solltest du angleichen, wenn du dir die Lotion kaufst.«
    Ich stöhnte innerlich auf. Kims Bekannte in allen Ehren, aber mir stand derzeit wirklich nicht der Sinn nach einem Verkaufsgespräch. »Ich bin ganz zufrieden mit den Produkten, die ich zu Hause habe«, versuchte ich abzuwiegeln.
    Totenstille senkte sich über mich wie ein fester, undurchlässiger Umhang. Zwei Augenpaare starrten mich an, eins braun und eins blau, doch in beiden war dieselbe Fassungslosigkeit zu lesen. Das waren nicht die unwilligen Blicke zweier Frauen, sondern erschütterte Botschaften an eine fremde Spezies, die damit gedroht hatte, sämtliche Heiligtümer der Gastkultur zu schänden.
    Mühevoll kramte ich die letzten Reste Selbstvertrauen zusammen. Immerhin arbeitete ich in einer Koboldfirma, da konnte ich es mit zwei Frauen im Pflegewahn aufnehmen.
    Nun griff Kim ein.
    »Sie hat seit gestern einen neuen Job und ist vollkommen erschlagen«, teilte sie Julie mit. Ihre Argumentation fiel auf äußerst fruchtbaren Boden.
    »Ach so. Na, ein Wellnessbad gibt’s auch.« Fröhlich verschwand Julie im nächsten Gang. Ehe ich protestieren konnte, wurde mir eine rosa-weiße Riesenschachtel in die Hand gedrückt.
    Ich war mir nicht sicher, ob diese Situation schwieriger war als ein Gespräch mit dem Prokuristen und

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