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Nicht menschlich Inc.

Nicht menschlich Inc.

Titel: Nicht menschlich Inc. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Linnhe
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unterwegs, da ist ein Rock hinderlich.«
    Sie runzelte kurz die Stirn und signalisierte mir, dass ihre Meinung eine andere war, schwieg aber. Sie kannte mich gut genug, um zu wissen, dass ich niemals den Wert eines schmalen, gezierten Ganges erkennen würde. Ihr Schweigen sprach jedoch Bände und war Aufforderung genug.
    »Aber die Arbeit ist interessant«, versicherte ich ihr. »Viel Neues. Ich muss mich erst noch einarbeiten.«
    Sie wölbte ihre Augenbrauen. »Wächst die Firma gerade sehr schnell?«
    Gute Frage. »Nein, momentan nicht, soweit ich weiß.«
    »Das heißt, deine Stelle war schon zuvor besetzt?«
    Ihre Frage klang neugierig, ohne den geringsten Unterton, und doch entfachte sie eine unangenehme Hitze in meinem Magen.
    »Ja«, stammelte ich. »Es gibt einen Vorgänger.«
    »Oh, wunderbar.« Sie strahlte und tätschelte mein Knie. »Stell dich gut mit ihm. Frag ihn über deine Arbeit aus. Denk an die Blockbuster in Hollywood, der Nachfolger muss immer teurer sein. Und besser.«
    Da gingen unsere Meinungen auseinander. Das flaue Gefühl in meinem Inneren blieb, und nicht zum ersten Mal dachte ich darüber nach, was mein Vorgänger heute machte. Was, wenn ihm etwas passiert war, nur weil er mehrere Misserfolge zu verbuchen gehabt hatte?
    »Er arbeitet nicht mehr in der Firma«, gab ich zu und versuchte, rasch das Thema zu wechseln. »Momentan herrscht fast schon Personalmangel. Die Führungskräfte vertreten sich gegenseitig.« Ich zwang ein Grinsen auf mein Gesicht, doch es spannte auf den Lippen.
    Alessia beugte sich vor wie ein Raubvogel. »Ah, Rivalitäten.«
    Es dauerte, bis ich begriff, dass sie mir nicht den Titel einer ihrer Kolumnen erzählte. Schnell winkte ich ab. »Nein, so ist das nicht wirklich.«
    »Ach Nala, natürlich ist das so.« Sie bleckte die Zähne und rieb mit einem Finger darüber, obwohl kein Hauch Lippenstift daran klebte. »Sobald jemand seinen Thron kurzzeitig verlässt, prüfen die anderen, ob ihnen die Sitzfläche passt. Das ist wie im Showbusiness. Und dein Job, meine Liebe, ist es, eine Seite zu wählen.«
    Nun verwirrte sie mich wirklich. »Warum sollte ich das tun?«
    Aus ihrem Blick sprachen Mitleid und Begeisterung. »Du musst erst in einen Sog eintauchen und dich mitreißen lassen, um zum Kern vorzustoßen. Und dieser Kern ist der Erfolg. Solange du im seichten Gewässer herumdümpelst, wird sich nie etwas ändern.«
    Sie breitete ihre Arme aus, und ich überlegte, wo sie diese Weisheit gelesen hatte.
    »Ich bin eigentlich ganz zufrieden mit meiner Position. Ich gewöhne mich ja erst noch ein.«
    Es war ihr anzusehen, dass sie am liebsten laut geseufzt hätte. Die eigene Tochter ohne den Drang nach Karriere zu erleben, war für Alessia di Lorenzo ein hartes Stück Wirklichkeit.
    »Du wirst sehen, dass deine Kollegen irgendjemanden unterstützen. Oder seinen Rivalen anfeinden, um die andere Seite zu schwächen. Du kommst schon noch dahinter.«
    Sie schnappte sich eine meiner Haarsträhnen und begutachtete sie eingehend. »Du musst mal wieder …«
    Damit war die mütterliche Belehrung vorbei. Trotz allem reagierte ich blitzschnell und setzte meine Geheimwaffe, die Plastiktüte in meiner Hand, ein. »Schau mal, was ich mir heute gekauft habe.«
    Es raschelte. Alessia ließ sich wie erwartet ablenken und begutachtete meine neue Pflegeserie mit kritischem Blick. Shampoo und Duschöl siegten mit Leichtigkeit über Informationen bezüglich meines Arbeitgebers, der sie nicht mehr interessierte. Immerhin durfte ich kurz darauf mit meinem Wohlfühlbad in die Badewanne marschieren. Ich stellte mir Julies energische Miene vor und schickte ihr einen stummen Dank, ehe ich tief Luft holte, im Rosenduft untertauchte und alle dunklen Gedanken an der Oberfläche zurückließ.

14
    Geistesblitze
     
     
     
    A m nächsten Morgen ging ich in aller Seelenruhe von der Bushaltestelle in Camlen zu der Stelle, an der sich das Portal öffnen würde, und wartete, ohne herumzuzappeln. Käfergebrumm, Farbwirbel und Staceys Teufelsattribute waren für mich beinahe zur Normalität geworden. Ich fühlte mich wie ein Bewerber, der die Aufnahmeprüfung eines Geheimordens bestanden hatte und nun offiziell die dazugehörige Kutte tragen durfte. Mit anderen Worten, ich trat sicherer auf, stolperte weniger und plauderte lockerer mit Stacey, auch wenn Desmonds warnende Worte mir nicht aus dem Kopf gingen. Und eine Menge Fragen noch ungelöst blieben.
    Am Abend war ich direkt nach dem Bad ins Bett gehuscht

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