Nicht menschlich Inc.
mir weitere fünf. Dann begriff ich, dass ich seit geraumer Zeit durch das richtige Viertel kurvte und lediglich eine Abzweigung übersehen hatte. Endlich kam das Haus, in dem Kirsten wohnte, in Sicht.
Ich parkte den Wagen an derselben Stelle wie bei meinem ersten Besuch und kramte meine Sachen zusammen. Die Sonne strahlte vom Himmel und kitzelte meine Wangen, als ich ausstieg, als wollte sie meine Tatkraft unterstützen.
Bei der morgendlichen Odyssee durch meinen Kleiderschrank hatte ich eine dunkelblaue Stoffhose, ein lindgrünes Shirt und eine dunkelblaue Bluse gewählt. Nun streifte ich die Bluse ab und genoss den leichten Wind auf den Armen. Aufmerksam betrachtete ich meine Umgebung. Bis auf einen unschuldigen Vogel in der Hecke gegenüber, von dem ich hoffte, dass er sich nicht urplötzlich in einen Menschen verwandelte, war ich allein. Beste Voraussetzungen, um mich zum zweiten Mal in dieser Woche vor Kirstens Wohnung zu postieren. Versuchsweise drückte ich gegen die Tür des Mietshauses und hatte doppeltes Glück. Zum einen war sie noch immer geöffnet und zum anderen wienerte Frau Poll nicht im Flur herum. Dafür entdeckte ich etwas Schmutz am Boden, wie es schien, verkümmerte die Hausgemeinschaft rasant.
Ich platzierte mich vor Kirstens Tür, starrte kurz und demonstrativ über die Schulter, direkt in den Spion der Tür hinter mir, und ließ dann die Glocken im Petersdom erklingen. Mehrmals. Trotz des Getöses tat sich rein gar nichts, weder öffnete Kirsten noch begehrte Frau Poll zu wissen, ob ich nichts anderes zu tun hatte, als hier herumzuschnüffeln. Ich probierte ohne große Hoffnung, ob die Tür wieder nur angelehnt war, wurde aber enttäuscht und trat ratlos von einem Bein auf das andere. Entweder war seit meinem Besuch niemand hier gewesen oder Kirsten war zurückgekehrt und hatte dieses Mal die Tür fest zugezogen.
Was nun?
Kirsten war nicht da oder weigerte sich, zu öffnen, und damit war meine Aufgabe für diesen Tag erledigt.
Ich wollte aber nicht, dass sie erledigt war.
Zum einen würde das bedeuten, dass ich zurück zu ABM und mich dort mit untätiger Ratlosigkeit herumschlagen müsste, zum anderen hatte ich Blut geleckt. Es konnte doch gut sein, dass ich bei meinem ersten Besuch etwas übersehen hatte.
Ich hatte niemals die Heldin einer Detektivserie sein wollen, stets mitten im Geschehen und womöglich noch im Kreuzfeuer von Worten, Waffen oder Schlimmerem. Mir lag die Tätigkeit derjenigen, die sich im Labor oder Büro verschanzten und kleine, sehr deutliche Aussagen zu einem großen Bild zusammenschustern durften. So etwas Ähnliches hatte ich hier, auch wenn ich dafür kurzzeitig schnüffeln musste. Immerhin befand ich mich auf ruhigem Terrain. Ich war allein und musste nicht tausend Lügen erfinden oder andere, möglicherweise gefährliche Identitäten annehmen. Ich mochte Sicherheit. Da Kirstens geschlossene Tür mir sagte, dass kein Einbrecher in der Wohnung auf mich wartete, um mir einen schweren Gegenstand über den Hinterkopf zu ziehen, wurde ich wagemutig.
Ich wollte hinein und mich umsehen. Vielleicht fand ich Hinweise darauf, ob Kirsten wirklich im Urlaub war. Beim letzten Mal war ich so nervös darüber gewesen, in einer fremden Wohnung herumzulaufen, dass ich womöglich etwas übersehen hatte.
Ein letzter Blick über die Schulter, und ich schlich fest entschlossen zurück zur Haustür. Als ich in die Sonne trat, musste ich blinzeln. Nachdem die grünen Ringe vor meinen Augen verblassten, erkannte ich, dass ich noch immer allein war und ging über die schmale Rasenfläche um das Haus herum. Es gab einen Zaun, über den ich ohne Probleme klettern konnte, und dann stand ich in einem unbepflanzten Beet. Da, wo ich Kirstens Schlafzimmer vermutete, wenn ich mich richtig an die Aufteilung der Wohnung erinnerte, fand ich ein spaltbreit geöffnetes Fenster.
Am liebsten hätte ich vor Entzücken in die Hände geklatscht. Ich atmete tief durch, lockerte Arme und Beine und kletterte vorsichtig und, zugegeben, ziemlich ungeschickt auf die Fensterbank. Als ich sicher stand, klammerte ich mich am Mauerwerk fest und spähte durch die Fensterscheibe. Ich hatte mich nicht geirrt, dort war Kirstens Schlafzimmer. Zum Glück war es leer. Also konnte ich zum nächsten Schritt übergehen. Ich richtete mich ein wenig auf und lugte durch den schmalen Fensterspalt. Mein Arm würde nicht durchpassen, also konnte ich nicht an den Riegel gelangen. Ich rüttelte am Fenster. Nichts. Ich musste
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