Nicht ohne Beruf (German Edition)
wollte nicht heilen.
Auch aus den Klinikräumen im oberen Stockwerk kamen Patienten von Belegär zten zum Röntgen, von der Gynäkologie, auch Schwangerschaften.
Einmal, ich habe die Luft angehalten ob dieser enorm langen Belichtungszeit bei diesem Bauch-Umfang. Es war Zeit für die Entbindung. Ja, was zeigte das Röntge nbild? Zwillinge! Ich habe das extra für mich angefertigte Diapositiv lange aufbewahrt. Später in Geislingen kam das oft vor, sogar Drillinge.
Die älteren Dame ging bald weg. Dafür kam ein kleines, sportliches Persönchen, Schwester Grete Seifert. Zwischen uns entwickelte sich bald eine lebenslange Freundschaft. Ich nenne sie seit eh und je Gretchen. Sie hatte eine nicht besonders gute Ehe hinter sich .
Diese miese Ehe diente später noch zu meiner sexuellen Aufklärung! Fazit: Man - oder frau – solle die Katze – und ganz b estimmt den Kater - nicht im Sack kaufen! Drum prüfe, was sich ewig bindet!
Sie ließ sich als Schwester ausbilden. Ihr Mann war wohl in der Autobranche. Jede nfalls hatte sie auch sehr gute Fahrkenntnisse.
Als unser Chef das mitkriegte, kaufte er ein großes Auto, einen Ford 6-Zylinder. Ich verstehe nicht viel von Autos. Dr. Arnold war sehr großzügig.
So machte es ihm Freude, mit uns, Gre tchen als Chauffeuse, irgend wohin zu fahren, z. B. nach Saalfeld zum Rostbratwurst Essen.
Ein anderes Mal hoch über der Saale in ein Lokal „Himmelreich“ zu köstlichem Gänsebraten; leider plötzlich umschwirrt von Hornissen.
Dafür mussten wir aber unseren Feie rabend oder auch mal den Samstagnachmittag opfern. Wir arbeiteten ohnehin auch am Samstag vormittags. Uta war ja bei Mama und Papa in guten Händen.
Für den Zoo gegenüber hatten wir alle Freikarten von dessen Direktor, Dr. Schneider. Ab und zu ging auch die e rwachsene Tochter von Arnolds mit Uta in den Zoo.
Zum Jahresende gab es ein gemeinsames Festessen mit Familienangehörigen. Die Kinder saßen an einem Extratischchen. Nach dem Essen wurden Zigaretten gereicht, und obgleich ich Nichtraucherin bin, nahm ich eine der angebotenen Zigaretten. Wie von der Tarantel gestochen sprang meine Uta auf, stand mit erhobenem Zeigefinger neben meinem Stuhl und sagte: „Mutti, was machst du denn da! Das tust du aber nie wieder! Versprich mir das!“
Ich habe mich daran gehalten, aber sie hat nach der Schulzeit angefangen zu qualmen. Die kleinen Pharisäer!
1939 verbrachte ich meinen letzten Urlaub im Bregenzer Wald. Die Züge beförderten viel Militär. Und schon bald, am 1. September 1939, begann eine grausige Zeit. Krieg!
Ich kannte ja Vati nur in Feldgrau. So war ich stark auf uniformierte junge Männer geprägt. Wie später noch oft erzählt wurde, soll ich, wenn ich in meiner Karre (Sportwagen) spazieren gefahren wurde, jeden jungen Soldaten so lange angestrahlt haben, bis er sich lächelnd zu mir beugte. Zur Verlegenheit der mich Schiebenden, Mutti oder Mama oder Tante Trudi, sagte ich dann zu dem jungen Mann freudig:„Vati!“
War Vati später bei Omi auf Urlaub, war das jedes Mal ein Fest für mich. Er konnte so richtig schönen Blödsinn machen. So zeigte er mir, trotz des Widerspruchs der Mütter, wie sich ein Landser wäscht: Er nahm den Mund voll Wasser, wärmte es dort kurz an, spuckte dann den ganzen Schwall in beide Hände und verteilte es übers Gesicht. Toll! Bei jeder unpassenden Gelegenheit habe ich Freunden und auch Muttis Gästen diese neue Methode der Hygiene vorgeführt.
Gegenüber der Praxis von Dr. Arnold stand eine Schule. Wir sahen vom Fenster aus, dass sich viele Menschen dort versammelten – Männer, Frauen, alle mit großen Koffern, die später in eine Art Mannschaftswagen einstiegen und fortgefahren wurden. Erst war mir nicht klar, was das zu bedeuten hatte. Alles Juden! Wurden sie umgesiedelt?
In der Nähe wohnten fast nur die berüh mten Pelzjuden, die ihre Geschäfte in der Stadt, am Brühl hatten. Dass sie aber, wie erst weit später bekannt wurde, in so genannte Konzentrationslager kamen, blieb geheim – bis nach Kriegsende.
Ganz privat wollte ich von einer jüdischen Familie noch etwas an Pelzen kaufen. Sie hatten vor, noch nach Jerusalem zu ko mmen. Doch am nächsten Tag war die Wohnungstür bereits versiegelt.
Hoffentlich haben die Leute noch ihr Ziel erreicht!
Hier will ich die ausgelassene Geschichte von Waltraud, dem Mädchen aus Freiberg (für deren Eltern ich zu Bank ging) einf ügen, wie ich sie nach dem
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