Nicht ohne Beruf (German Edition)
Landwirtschaft hätte. Nun, meine Erfahrung aus Oberschöna war doch eine gute Grundlage. Und so ergab es sich, dass ich nicht mehr zum Hamstern musste, sondern meinen festen Bauernhof hatte, wo ich über viele Jahre hinfuhr und an den Wochenenden mitarbeitete.
Im September wurde Elke geboren. Der Bauer kam als Kriegsversehrter heim. Ich kümmerte mich um den Haushalt und ging mit aufs Feld. Zur Erntezeit stellten wir die Getreidegarben zu Puppen auf. Bei schlechtem Wetter strickte ich Pullover für ihre drei Mädchen aus aufgetrudelten Ki nderstrümpfen.
Ich konnte mich satt essen, und es fiel auch immer etwas ab, das ich mit nach Hause nehmen konnte: Mehl, Sirup (Rübensaft), paar Kartoffeln. Nur Butter gab es nicht, die Milch musste sie abliefern. Ich schlep pte anfangs alles im Rucksack sieben km bis zur Straßenbahn. Später hatte ich einen kleinen Handwagen. Noch später bekam ich als Geschenk von Omi Anna ein Fahrrad, das Erich gegen Butter getauscht hatte.
Er war nach Kriegsende in der Lützener Molkerei als Betriebsleiter eingesetzt wo rden, zurück in seinen gelernten Beruf. Uta erzählten wir aber, er wäre im Westen. Zwar könne er jemandem Butter mitgeben, aber nicht selber kommen. Dass ihr Vater bereits 1944 eine neue Familie gegründet hatte, haben wir lange vor ihr verheimlicht.
In den späteren Sommerferien tippelte auch Uta mit nach Schkorlopp. Als sie dann ein Fahrrad hatte, radelten wir durch die ganze Stadt hinaus aufs Land, eine ganze Anzahl von km, so dass einmal Utas kleine Beinchen nicht mehr wollten und sie vom Rad in den Rasenstreifen neben der Landstraße fiel.
Die Kinder mussten Tabakblätter auff ädeln , die dann wie Girlanden zum Trocknen aufgehängt wurden. Jeder Bauer war verpflichtet, ein Feld mit Tabak zu bepflanzen.
Zu den Schkorloppern entwickelte sich e ine Art Freundschaft, die noch hielt, als wir bereits im Westen waren.
Aufgegeben habe ich die viele Arbeit dann doch, da es mir gesundheitlich nicht gut tat. Einmal zur Rapsernte, früh drei Uhr, denn es muss noch feucht vom Tau sein, gab es Fettbrote. Oh, wie meine Galle rebellierte! Ich fuhr bald heim, früher als ich vorhatte. Meine Uta jubelte an der Tür: „Die Mutti kommt, die Mutti kommt!“ Das gab den Ausschlag.
Zu Festlichkeiten ( Karpfen aus dem Dorfteich zur Kirmes) oder besuchsweise oder auch in den Sommerferien fuhren wir noch nach Schkorlopp.
Eine Sehnenscheidenentzündung machte mir länger zu schaffen. Die war aber vom Grabeland! In den Großstädten war jeder Rasen, jeder Spielplatz, jede Grünfläche parzelliert und an die Bevölkerung zum Gartenbau abgegeben. Überall Möhren und Krautköpfe.
Ich hatte ein Stück auf Brandts Wiesen bekommen. Früher wurde dort Lehm für die Ziegelei abgetragen, dann wurde jahr elang Müll und Schutt abgeladen.
Mit Spitzhacke und einem Militärspaten rückte ich dem Schrott zu Leibe. Was da alles aus dem Boden kam! Verrostete Bet tgestelle, aus denen der erste Gartenzaun erstand, kaputte Nachttöpfe, Kachelöfen.
Aber die gewonnene Erde war sehr gut und fruchtbar. Im ersten Herbst erntete ich wunderbar feste Weißkrautköpfe. Später auch Tomaten, Kürbisse, Kohlrabi.
Das Wasser zum Gießen musste in den ersten Jahren mit Eimern aus einem Bombe ntrichter geholt und geschleppt werden! Man musste höllisch aufpassen, dass man auf dem glitschigen, abschüssigen Kraterrand nicht ausrutschte und in dem Schlammloch landete. - Später wurde eine Pumpe im Garten installiert.
Mit den Jahren wurde ein richtiger schöner Schrebergarten daraus. Aber es hat Kraft gekostet. Eine kleine hübsche Gartenlaube entstand. Alles Brauchbare wie Ziegelsteine, Holz, Fensterrahmen, wurde von Trümmergrundstücken geholt. Ein junger Maurer errichtete ein schmuckes Häuschen. Mit Pinsel und Farbe ging ich selbst zu Werk.
Bäume trugen mit der Zeit Edelobst, das landete in der Küche und im Magen. Er dbeeren. Blumen in allen Farben.
Doch 1958 betrat ich das schwer erarbeitete Kleinod zum letzten Mal. Der Richtungspfeil zeigte gen Westen. Es tat schon ein wenig weh, war es doch praktisch aus dem Nichts entstanden.
Inzwischen hatte sich auch das Privatleben definitiv verändert. Erich hatte eine Ärztin geheiratet.
Schicksalhafte Verkettung unvorherges ehener Umstände! April 1944, ich bin bei meiner Kollegin Kati zum Geburtstag in der Nähe des Völkerschlachtdenkmals. Erich hat unverhofft Urlaub. Omi ist in Großschkorlopp bei ihrer Schwester, um den
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