Nicht ohne Beruf (German Edition)
berauschend bestellt:
Der Papa musst’ zur Marine,
als der 1. Weltkrieg brach los.
Dann reichte ne Million nur für Margarine.
Inflation und arbeitslos!
In der großen Zuckertüte waren
Ein Apfel und ein Kanten Brot;
denn in den Weimarer Republik-Jahren
litt manch einer große Not.
Mit 13, statt lachen und scherzen,
kam Leni ins Waisenhaus.
Die Mutter starb an gebrochnem Herzen,
der Papa nahm längst schon Reißaus.
Und als die Kindheit dann zu Ende,
schafft Leni im Krankenhaus.
In Mügeln bei Dokters kam die Wende
m it Erich im Gartenhaus.
Denn schon nach neun Monaten
Wusst‘ jeder was geschehen:
Da sah man mit nem Kinderwagen
Helenen spazieren gehen.
Die Hitler-Jahre holten von neuem
Die Männer zum Militär.
Die Bombennächte warn nicht zum Freuen,
auch Leipzig traf es schwer.
Als dann der Krieg vorüber,
die Stadt kaputt und verbrannt,
trabt’ Leni für paar Kartoffeln und Rüben
am Sonntag zum Bauern aufs Land.
In der AOKK am Montagmorgen
War’n Pflicht die „Zeitungs-Schaun.“
Schon wieder kamen politische Sorgen,
nur diesmal rot statt braun.
Beim Betrachten der Röntgenaufnahmen
Da wurde es allerdings klar,
dass selbst die beste Rotlicht-Bestrahlung
ohne Tiefenwirkung war.
Um sich unnützen Kummer zu ersparen,
hat Leni in den Westen gemacht.
Das war im Juni vor 30 Jahren.
Seitdem hat das Glück ihr gelacht.
Zwar hatte sie anfangs Bedenken,
ob es auch für sie Arbeit gibt.
Sie wohnte im Ökheim bei den Studenten
Und war als Utas Mutter beliebt.
Von all den Ökheimbewohnern, den vielen,
suchte Leni einen aus
als Vater für ihre Enkel, die lieben.
Ein Schwiegersohn sollte ins Haus.
Um ihn in Aktion zu erleben,
flog Lenchen in die USA,
Wo sich die Pazifikwellen erheben,
dort bracht auch der Storch die Tanja.
Als dann ein Münchner Kindel geboren,
da war die Familie komplett.
Nun brauchte man nur noch auszulosen:
Wer bringt heut die Kinder ins Bett?
Doch werktags in Geislingen
Schafft Leni wie ein Schwab,
damit im Beutel die Münzen klingen
und reif wird der Bausparvertrag.
Nun wohnt Leni im eignen Gemäuer
Mit Blick auf den ‚Schwabinger See’.
Und alle, die ihr lieb und teuer,
sind heute in ihrer Näh’.
Sogar der Eiserne Vorhang,
der wurde ein bisschen gelupft.
Da sind, ‚s ist kein alltäglicher Vorgang,
fünf Verwandte hindurch geschlupft.
Nun heben wir alle vergnügt unsre Tassen
In dieser fröhlichen Rund:
Das Glück, es möge dich nie verlassen!
Bleib heiter und stets gesund!
Was du dir erwünschst, soll gelingen!
Viel Schönes erleben mögst noch!
Auf, lasset hell die Gläser erklingen:
Leni-Omi, leb dreimal hoch!
Die Zeit rinnt durchs Stundenglas
Unsere Romi, meine Mutti , hat ihre ‚Plaudereien aus dem Nähkästchen‘, wie sie es nennt, beendet. Ihr Fazit: „Jahrgang 1913 war dennoch lebenswert. Ich bin zufrieden, seid ihr es auch!“
I hre Sehkraft wird immer weniger. Die letzten Notizen konnte sie nur schreiben mit einem riesiges Vergrößerungsglas in der linken Hand. Das war schon Schwerarbeit!
Zum Muttertag kann ich ihr den ausg edruckten Text ihrer Lebenserinnerungen überreichen. Einige alte Fotos dazwischen rufen helles Entzücken hervor.
Mit viel Freude liest sie in ihrem eigenen Werk und zeigt es jedem, der sie noch b esuchen kommt.
Wenn ich beladen mit Lebensmitteln zu ihr komme, freut
Weitere Kostenlose Bücher