Nicht ohne meinen Mops
kippt es in einem Zug hinunter. Dabei haftet sein sorgenvoller Blick auf dem Mops.
»Uppsala!«, sagt Chris. »Steht es so schlimm um Earl?«
»Nein, im Gegenteil«, antwortet Arne und nimmt sich auch ein Glas. Ich angle mir meines und Chris stößt mit seiner Blubberbrause gegen Rolfs leeres Glas.
»Na, dann Prost!« Unser stylisher Florist leckt sich die Lippen. »Ich habe langsam Hunger.«
Das Blubberwasser prickelt in meinem Glas.
»Chin chin!« Arne und ich stoßen über Earls Kopf hinweg miteinander an. Am liebsten würde ich es Rolf gleichtun und den Prosecco in mich hineinschütten. Aber das würde mit Sicherheit nicht den besten Eindruck auf den bestaussehenden Tierarzt der westlichen Hemisphäre machen, der mich über den Rand seines Glases hinweg anschaut. Also nippe ich vorsichtig.
Und dann macht es ›Zack!‹ und ich sage: »Die Dosierung des Medikaments, das kommt auf das Gewicht des Tieres an.« Oh, heiliger St. Internet – danke! Arne nickt.
»18 Kilo hat er«, sagt Rolf. Earl schaut betreten. Ich habe keine Ahnung, ob das für einen Mops seiner Größe normal oder fett ist. Aber da Arne nichts dazu sagt, wird Earl wohl noch im Maß liegen.
»Dann gebt ihr ihm am besten eine halbe Tablette. Immer abends. Die Dinger machen enorm schläfrig. Eigentlich ein prima Gong, wenn man jemanden ausknocken will.« Arne grinst.
Rolf schaut mich fragend an. »Der frisst doch freiwillig keine Tabletten!«
»Dann verpacken wir das eben in ein Stückchen Wurst oder Käse«, schlage ich vor.
Arne packt seine Tasche zusammen. »So, und nun hätte ich dann doch ein bisschen Hunger«, sagt er.
»Halleluja!«, ruft Chris in dem Moment, als die Eieruhr losrasselt und anzeigt, dass die Nudeln fertig sind.
Wenig später sitzen wir am Küchentisch, Rolf neben Chris, ich ihnen gegenüber und zu meiner linken wurde Arne platziert. Nach einigen Diskussionen und Begutachtungen meiner Optik hatten die Jungs einstimmig entschieden, dass links meine Schokoladenseite sei. Earl, der seine Pille eingewickelt in ein Stückchen Schinken verschlungen hat, liegt unter dem Tisch und schnarcht.
»Gong!« Arne nickt bestätigend.
Die Spaghetti con … ja, was eigentlich? sind extrem lecker. Ich könnte mich vergessen und mit dem Gesicht in meinen Teller tauchen. Aber erstens würde Chris mich lynchen, wenn ich das Make-up auf diese Art zerstöre und zweitens würde es nicht zu dem Kribbeln passen, das ich im Magen verspüre, seit Arne neben mir sitzt. Der rollt gerade professionell, als würde er den ganzen Tag nichts anderes tun, die Nudeln mit der Gabel auf und bugsiert sie kleckerfrei in seinen Mund.
»Meggt muuut!«
»Bitte?« Rolf sieht den Doc fragend an.
Der kaut, schluckt und spült mit einem kräftigen Schluck Wein nach.
»Schmeckt guuuut!« Er nickt mir anerkennend zu und ich merke, dass er eben zur Lobrede auf meine Kochkünste anheben will. Doch so viel Anstand habe ich und so rufe ich, ehe Arne sprechen kann: »Hat alles Rolf gezaubert!«
»Donnerwetter, Kompliment!«
Rolf strahlt und Chris zwinkert mir über den Blumenstrauß in der Mitte des Tisches zu.
»Ist doch keine große Sache«, sagt Rolf. Als Arne dann aber fragt, wie zum Geier er diese enorm bonforzionöse Soße gekocht hat, kommt er in Fahrt. Bei 42 Zutaten ist seine Liste beendet – und ich konnte mir davon grade mal einen Bruchteil merken. Knoblauch, Basilikum, Zucker und Oregano. Frisch gepellte Tomaten, Zwiebeln, etwas Lauch, Karotten, frische Minze … Schätzungsweise liegt der halbe Wochenmarkt auf unseren Tellern.
Und das war noch lange nicht alles, was Rolf zu bieten hat. In dem Moment, als ich versuche, so unauffällig wie möglich den Soßenfleck auf meinem Shirt mit einer künstlich gelegten Falte zu kaschieren (was Chris zum Kichern bringt), serviert unser Chef de Cuisine Panna Cotta. Was nichts anderes ist, als Sahne mit Zucker.
»Das kann ich mir ja gleich auf die Hüften schmieren«, nölt Chris gespielt, als er sich zum zweiten Mal aus der großen Auflaufform nachschöpft. Genussvoll lässt er Karamelsauce auf seinen Sahnetraum tröpfeln. Arne schmatzt leise, Rolf freut sich sichtlich und ich genieße. Sahne. Zucker. Vanille und Orangenlikör. Und drei schnuckelige Männer, deren Anblick jede Frau einer Ohnmacht nahe bringen würde. Und ich, Tanja, gescheiterte Arzthelferin und Verkäuferin in einem winzigen Tabakladen, habe die Ehre, das Vergnügen, die diebische Freude, mit diesen drei Prachtkerlen den Abend verbringen zu
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