Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nicht schießen, Johnny!

Nicht schießen, Johnny!

Titel: Nicht schießen, Johnny! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ball
Vom Netzwerk:
davon, was alles passieren konnte, und das hatte ihn ernüchtert.
    »Bevor ich gehe, hätte ich gern noch ein paar Auskünfte«, sagte Virgil. »Mit ihrer Hilfe können wir Ihren Sohn vielleicht schneller finden.«
    »In Ordnung«, antwortete Mike. »Was möchten Sie wissen?«
    »Ich hatte den Eindruck, daß Johnny sehr an seinem Radio hing.«
    »Es war sein Geburtstagsgeschenk. Er hatte es den ganzen Tag lang an. Er ist versessen auf Baseball, und wenn er nicht in der Schule ist, hört er sich sämtliche Spiele der Angels an.«
    »Interessiert er sich auch für die Dodgers?«
    »Nein, die Dodgers mag er nicht, bloß die Angels, und die hauptsächlich auch nur wegen Gene Autry, dem Westernstar. Kennen Sie Gene Autry?«
    »Den kennt doch jeder«, entgegnete Virgil, wobei er es sich nicht verkneifen konnte, das letzte Wort zu betonen.
    »Also, Johnny ist ihm mal begegnet. Bloß ganz kurz, ein Händedruck und ein paar Worte, aber für Johnny war’s ’ne große Sache. Autry sagte >Kumpel< zu ihm, und Johnny hat das nie vergessen. Das war noch bei uns zu Haus. Jetzt will
    Johnny unbedingt ein Baseballspieler werden, damit er später in Autrys Team eintreten kann.«
    »Es wäre vielleicht keine schlechte Idee, ihn mal zu einem Spiel mitzunehmen«, meinte Tibbs.
    Mike merkte nicht, daß der so harmlos klingende Vorschlag eigentlich eine Frage war; er spürte nur, daß er irgendwie darauf antworten mußte. »Tja, das hatte ich ja auch vor, aber dann kam was dazwischen ...«
    »Der Unfall?«
    »Das wissen Sie auch schon?« Mike kniff verärgert die Augen zusammen.
    »Sie erwähnten ihn vorhin am Telefon, als Sie mit Mr. Hotchkiss sprachen.«
    »Kann sein, daß ich so was sagte«, knurrte Mike. Er holte tief Luft und atmete langsam wieder aus.
    Tibbs wechselte das Thema. »Hat Johnny Geld bei sich?«
    Mike schüttelte den Kopf. »Er kriegt fünfzig Cent Taschengeld in der Woche, wenn ich’s erübrigen kann. Aber damit reicht er immer bloß ein paar Tage.«
    »Nein, das stimmt nicht«, sagte Maggie.
    Ihr Mann sah sie erstaunt und leicht gereizt an.
    »Es war ein Geheimnis, und ich habe ihm versprochen, es nicht weiterzusagen«, erklärte sie. Ihre Unterlippe zitterte, obwohl sie sich zu beherrschen versuchte. »Er hat von dem Geld fast gar nichts ausgegeben. Er spart seit Wochen jeden Cent, um sich eine Fängerausrüstung zu kaufen. Er will nämlich Fänger beim Baseball werden. Er weiß, daß wir knapp dran sind, und deshalb wollte er sich’s von seinem Taschengeld zusammensparen.«
    »Wissen Sie, wo er das Geld aufhebt?«
    Maggie nickte und ging voran. Bevor sie die unterste Schrankschublade aufzog und die Sparbüchse herausnahm, fuhr sie sich rasch mit der Hand über die Augen. Nun war sie doch gezwungen gewesen, Johnnys kleines Geheimnis zu verraten. Die Blechschachtel war nicht abgeschlossen; Maggie machte sie auf und reichte sie Tibbs. Innen am Deckel klebte ein Zeitungsfoto von Tom Satriano, dem besten Fänger der Angels, in vollem Dreß; sonst war nichts drin.
    Virgil besah sie sich genau, bevor er sie zurückgab. »Wissen Sie, wieviel er sich zusammengespart hatte?« fragte er. »Den ungefähren Betrag?«
    Maggie schluckte. »Sechzehn Dollar etwa, vielleicht auch ein bißchen mehr. Ich steckte ihm immer wieder mal was zu - wenn er besonders brav gewesen war.« Sie spähte ängstlich zu ihrem Mann hinüber und war sichtlich erleichtert, als sie merkte, daß er ihr nicht böse war.
    »Dann ist er also losgezogen und hat sein Geld mitgenommen«, sagte Mike.
    Tibbs antwortete nicht. Er schaute sich prüfend in dem schmalen Raum um und inspizierte, nachdem Maggie ihm mit einem Nicken die Erlaubnis dazu gegeben hatte, die Fächer des billigen Schranks. Als er schließlich wieder sprach, fragte er in gedämpftem, aber unmißverständlich befehlendem Ton: »Mr. McGuire, beschäftigen Sie sich viel mit Ihrem Sohn?«
    Mike sah ihn scharf an. »Sooft ich kann.«
    »Dann haben Sie ihn also auch über das aufgeklärt, was man die harten Tatsachen des Lebens zu nennen pflegt?«
    »Ja, soweit ich’s für erforderlich hielt«, erwiderte Mike gereizt. »Wollen Sie damit sagen, daß er fortlief, weil er seinen Alten nicht gern hat?«
    »Nein. Ich vermute sogar, daß Ihr Sohn Sie vergöttert. Sie sind sein Idol - sein Vorbild bei allem, was er sagt und tut.«
    »Am meisten hält er ja doch bloß vom Baseball«, wandte Mike ein, aber er war doch sichtlich besänftigt. Er wollte noch etwas hinzufügen, als das Telefon abermals

Weitere Kostenlose Bücher