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Nicht schießen, Johnny!

Nicht schießen, Johnny!

Titel: Nicht schießen, Johnny! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ball
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läutete.
    Mike rannte hinüber und reichte dann den Hörer enttäuscht an Tibbs weiter. »Es ist für Sie.«
    Das Gespräch war kurz und einseitig; nachdem Virgil einige Sekunden lang zugehört hatte, legte er auf und wandte sich zu Mike um. »Noch eine letzte, sehr wichtige Frage, Mr. McGuire. Haben Sie mit Ihrem Sohn je darüber gesprochen, wie er sich Widersachern oder vermeintlichen Feinden gegenüber verhalten soll?«
    Mike antwortete nicht sogleich. Das Muskelspiel um seine Kinnbacken verriet, daß er mit sich debattierte, ob er reden sollte oder nicht. Er sprach erst, als ihm klar wurde, daß er keine andere Wahl hatte. »Ich sagte ihm, er sollte nichts - er soll sich von niemandem herumschubsen lassen.«
    In dem beklommenen Schweigen, das folgte, dachten alle drei an den abhandengekommenen Revolver.
    »Mr. McGuire«, begann Tibbs erneut, »wie Sie vorhin erwähnten, hatten Sie ursprünglich vor, mit Ihrem Sohn zu einem Baseballspiel zu gehen, aber dann >kam was dazwischen<. Ferner war von einem Unfall die Rede. Mir wurde eben mitgeteilt, daß Sie vor kurzem wegen grob verkehrswidrigen Fahrens vorgeladen wurden; laut Aussage des Polizeibeamten, der Sie beobachtete, versuchten Sie einen andern Wagen von der Fahrbahn herunter und gegen die Leitplanke zu drängen.«
    »Müssen wir jetzt darüber reden?« brauste Mike auf.
    »Mich interessiert nur, ob Ihr Sohn von der Sache weiß.«
    »Ja, er weiß es. Er war dabei, als ich seiner Mutter davon erzählte.«
    Tibbs verfolgte das Thema nicht weiter; er wußte genug, um die Situation, der er gegenüberstand, beurteilen zu können. »In einem Punkt kann ich Sie beruhigen. Wir haben inzwischen sämtliche Krankenhäuser und andere Einrichtungen überprüft, wie wir das stets tun, wenn ein Kind vermißt wird. Bisher wurde kein Kind, das Johnny sein könnte, eingeliefert.«
    Er machte eine Pause, um seine Worte wirken zu lassen.
    »Da wir wissen, warum er von zu Hause fortgelaufen ist, können wir, glaube ich, die Möglichkeit, daß ihm etwas zugestoßen ist, ausschließen. Unser Problem ist nun, ihn zu finden und Ihnen zurückzubringen, bevor er die Chance hat, irgendwelchen Schaden anzurichten.« Er verbreitete sich nicht über den Schaden, den er meinte; sie wußten es ohnedies.
    Maggie schüttelte den Kopf und legte die Hände über die Augen.
    »Johnny kann selbst auf sich aufpassen«, sagte Mike.
    »Nein, Mr. McGuire, das kann er nicht. Kein neunjähriger Junge kann das; er hat weder die körperliche Kraft noch die geistige Reife, um sich in einer Welt der Erwachsenen durchzusetzen. Die Waffe in der Hand nützt ihm dabei überhaupt nichts - im Gegenteil.« Virgil erhob sich. »Ich werde mich jetzt auf die Suche nach Ihrem Sohn machen. Sie wissen ja, was Sie zu tun haben, falls er von selbst zurückkommt.«
    »Wir rufen Sie an«, versprach Mike.
    Tibbs ging rasch hinaus und schloß die Tür hinter sich. Draußen machte er sich sofort daran, die Umgebung des Apartmenthauses abzusuchen. Kinder, die Angst davor haben, heimzugehen, verkriechen sich oft irgendwo ganz in der Nähe, in der Hoffnung, daß ihnen vielleicht doch noch der Mut kommt, den erzürnten Eltern gegenüberzutreten. Tibbs schaute in McGuires Wagen und nahm sich danach alle anderen Wagen auf dem Parkplatz vor. Er durchstöberte sämtliche Ecken und Winkel, Haus- und Kellereingänge und andere geeignete Stellen, wo ein kleiner Junge sich verstecken konnte. Es kümmerte ihn nicht, daß das fragliche Kind einen geladenen Revolver bei sich hatte; mit diesem Problem würde er sich befassen, wenn er den Jungen gefunden hatte.
    Seine Suche war erfolglos; nach vierzig Minuten mußte er sich eingestehen, daß er sich verspekuliert hatte. Johnny McGuire war nicht hier, und dadurch bekam der ganze Fall etwas Bedrohliches. Kinder sind normalerweise nicht nachtragend; sie geraten schnell in Wut, beruhigen sich aber auch ebenso schnell wieder. Es war gewiß schwer für einen kleinen Jungen, an seinem Zorn festzuhalten, wenn es dunkel wurde, und er, fern von seinen Eltern, fern von seinem Heim, allein, müde und hungrig draußen herumlief. Verhielt es sich aber so, und dachte der Junge nicht daran, klein beizugeben, dann mußte man mit einer möglichen Katastrophe rechnen.
    Tibbs gab sich für den Moment geschlagen. Er stieg in seinen Dienstwagen, schaltete das Funksprechgerät ein und fuhr zurück zu dem Haus der Hotchkiss’. Auch dort mußte die Umgebung des Hauses gründlich durchsucht werden. Während der Fahrt

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