Nicht schon wieder Champagner! - The Ex-Debutante
das Memorial Hospital. Vor Savannahs Zimmer, im Korridor mit den weiß getünchten Wänden und dem Linoleumboden, kam uns ihr Arzt entgegen.
»Was ist passiert?«, herrschte meine Mutter den jungen Mann an.
»Das sollten Sie die Patientin fragen.«
»Offenbar wissen Sie nicht, wer ich bin!«
»Madam, falls Sie nicht zu den Verwandten der Frau gehören, spielt es keine Rolle, wer Sie sind. Ich unterliege der ärztlichen Schweigepflicht. Auf diesem Formular steht der Name Ben Carter.«
»Doktor …« Ich schaute auf das Namensschild des Mannes. »Dr. Pressman, ich bin Carlisle Cushing, Savannahs Schwester. Und das ist unsere Mutter.«
Dann war der Arzt aus dem Schneider, weil Ben das Krankenzimmer verließ, die Krawatte gelockert, die Augen blutunterlaufen. Er sah ziemlich deprimiert aus. Und viel älter als seine vierzig Jahre. »Eine Fehlgeburt«, verkündete er ohne einleitende Floskeln. »Wieder einmal.«
Mit schweren Schritten folgte er dem Flur und floh aus dem Krankenhaus. Schon dreimal hatte meine Schwester eine Fehlgeburt erlitten und trotzdem nie die Hoffnung aufgegeben, eines Tages doch noch ein Baby zu bekommen. Darin liegt das Problem mit der »Leugnung«. Es ist sehr schwierig zu entscheiden, ob man sich selbst belügt - oder ob man einen Traum aufgeben sollte, der einfach nur Ausdauer erfordert.
Im Krankenzimmer wurden wir mit der üblichen Arroganz einer Primadonna empfangen. Aber das Selbstvertrauen, das normalerweise in Savannahs Augen glänzte, war erloschen. »Höchste Zeit, dass ihr endlich antanzt!«, fauchte sie.
»Habe ich dir nicht gesagt, dass dabei nichts Gutes herauskommen wird?« Meine Mutter ergriff ihre Hand. »Das hat Ben dir auch erklärt.«
Savannahs blaue Augen verdunkelten sich. Dann wandte sie sich zu mir. »Was für eine Überraschung! Auch du bist hier.«
Warum sie auf mich losging, wusste ich. Um ihre Verzweiflung zu überspielen. »Ja, natürlich.«
Nachdem wir mit dem Arzt gesprochen und erfahren hatten, dass Savannahs Zustand keinen Anlass zur Sorge bot, blieb ich noch eine Weile bei ihr, bis meine Mutter mich davonscheuchte - mit dem Hinweis, ich müsse mich um ihre Scheidung kümmern. Im Gegensatz zu Ridgely hatte meine Schwester sich niemals an mich gewandt, wenn sie in Schwierigkeiten geraten war.
Ernesto fuhr mich nach Hause, und ich ging durch die Hintertür hinein. In der Küche öffnete ich den Kühlschrank und nahm eine Sodawasserflasche heraus. Nun musste ich anfangen, das Problem meiner Mutter zu lösen. Als es an der Tür läutete, war ich froh über die Ablenkung und ging zum Vordereingang.
Halb zerknirscht, halb herausfordernd stand Phillip auf der Veranda.
»Phillip!«
Eine Zeit lang stand er nur da und starrte mich an, das
blonde Haar zerzaust, die sonst so perfekte Kleidung zerknittert, die Augen vom Schlafmangel gerötet.
»O Phillip, es tut mir so leid. Ich wollte dir alles erzählen, aber eins führte zum anderen und …«
»Ich verzeihe dir«, unterbrach er mich.
Einfach so? Darüber war ich nicht allzu glücklich.
»Das überstehen wir«, entschied er mit jener Stimme, die ich so oft im Gerichtssaal gehört hatte. Kontrolliert, leidenschaftslos. »Wir fliegen nach Boston, heiraten und leben so weiter wie bisher. Was hier geschehen ist, braucht niemand zu erfahren.«
Nach meiner Ansicht legte er viel zu großen Wert auf die Meinung anderer Leute. Aber wer ist schon fehlerlos? Bisher hatte ich diese Schwäche ignoriert, aber jetzt fiel mir das schwer. »Phillip«, begann ich vorsichtig, »warum willst du mich heiraten?«
Mit dieser Frage, die ich mir nie zuvor gestellt hatte, verblüffte ich mich selbst. Auch Phillip war überrascht.
»Weil du - hübsch, intelligent und vernünftig bist. Und du machst Karriere in der Kanzlei. Du bist mir ähnlich …« Dann schnitt er eine Grimasse. »Nun ja, eigentlich nicht, wegen deines Geldes. Und wir haben so viel ineinander investiert. Das sollten wir nicht wegwerfen. Wie gesagt, ich verzeihe dir die Lüge. Irgendwann werden wir’s vergessen - und das wundervolle Leben führen, das wir geplant haben.«
Während ich in der Haustür meiner Mutter stand, erkannte ich die Wahrheit - ich liebte Phillip nicht. Bei diesem Gedanken trat ich sogar einen Schritt zurück. Um mich aus dem Kokon zu reißen, in dem ich mich so
wohlgefühlt hatte, musste er einfach nur diese geschäftsmäßigen, kaltherzigen Worte aussprechen. Ja, das war es gewesen. Ein Kokon. Ein sicherer, warmer, komfortabler Ort.
Nun
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