Nicht schon wieder Champagner! - The Ex-Debutante
an Ridgelys handgeschnitztem Schrank aus Kirschholz hinabsickerte.
Nur Morgan war unbeeindruckt. Mit einer dramatischen Gebärde, die meiner Mutter alle Ehre gemacht hätte, nahm sie die Kanne aus Lupes Händen, schenkte sich Kaffee ein, fügte großzügig Zucker und Sahne hinzu und rührte um. Klirrend stieß der Silberlöffel gegen das Porzellan. Das Geräusch klang wie das Ticken einer Zeitbombe.
»Was hältst du davon, Mom?«, fragte sie, ein sanftes Lächeln auf den orangegelb bemalten Lippen.
Was Janice dachte, war ihrer Miene unschwer zu entnehmen. Zweifellos hätte sie noch mehr Kaffee ausgespuckt, wäre meine Mutter in diesem Moment nicht hereingekommen.
»Guten Morgen allerseits«, trällerte Ridgely. Offenbar befand sich ihre Stimmung wieder im rosaroten Bereich. Es war immer sehr schwierig, ihre Laune vorauszusehen. Angesichts ihrer bevorstehenden Scheidung hatte ich ein Stimmungstief erwartet. Aber an diesem Tag war sie erstaunlich heiter, so als würde sie keinen Mann verlieren, sondern einen erobern. » Bonjour , meine Kätzchen.« Sie nahm eine Tasse Kaffee von Lupe entgegen und nippte daran. »Mmmm, gööööttlich!« Entzückt erschauerte
sie, dann blickte sie in die Runde. »Was ist eigentlich los?«
Morgan lächelte ihre Großmutter an. »Gerade habe ich Mom mitgeteilt, dass ich auf dem Symphony-Ball debütieren möchte.«
Um einen kleinen logistischen Punkt zu erwähnen, sie war nicht eingeladen worden. Aber he - wie sagt man so schön? Der Teufel steckt im Detail.
So wie alle anderen erstarrte auch meine Mutter. Dann stellte sie ihre Tasse ab und streckte ihrer Enkelin beide Arme entgegen. »Oh, beim Allmächtigen, du wirst die fabelhafteste Debütantin sein, die jemals geboren wurde!«
Wenn man Morgans modischen Stil und ihre Manieren in Betracht zog, war das etwas übertrieben. Außerdem bezweifelte ich, dass sie jemals den Texas-Knicks geübt hatte. Also würde sie möglicherweise in die unrühmlichen Fußstapfen ihrer Tante treten. Aber der verblüffende Altruismus meiner Mutter erschien mir viel wichtiger.
Sie wandte sich zu ihrer Schwiegertochter, packte ihre Schultern und umarmte sie. »Wie stolz musst du sein!«
Das können Sie sich sicher vorstellen.
Ich merkte Janice an, wie sie nach Fassung rang und einen inneren Konflikt zwischen ihrem Faible für Frauenrechte und ihrem Dogma ausfocht, man müsse stets seinem eigenen Willen gehorchen. Nun war sie in ein problematisches Dilemma geraten. Wenn sie aussprach, was ihre Miene besagte (keine meiner Töchter darf verdammt noch mal auf einen Debütantinnenball gehen), würde sie alles Lügen strafen, was sie Morgan eingetrichtert hatte.
Und wenn sie den Wünschen des Mädchens zustimmte, würde sie in einen sehr sauren Apfel beißen. Ich selber schwärmte nicht besonders für Debütantinnenbälle, aber meine Schwägerin hasste sie abgrundtief.
Nehmen Sie’s mir nicht übel - ich amüsierte mich.
»Also, was sagst du dazu, Mom?«, beharrte Morgan und verkniff sich nur mühsam ein Grinsen.
»Nun, ich …«
»Ich finde es einfach großartig«, fiel Ridgely ihrer Schwiegertochter ins Wort. »Und ich habe eine brillante Idee - du wirst den Ball gemeinsam mit Carlisle vorbereiten.«
Darüber amüsierte ich mich weniger.
»Überleg doch mal, Janice, die Wainwright-Familie hält eisern zusammen - und so weiter.« Sie machte eine Geste durch die Luft. »Das wird allen Leuten klarmachen, dass man uns besser nicht am Zeug flicken sollte. In der Tat, ein Geniestreich! Warum ist mir das nicht schon früher eingefallen?«
»Moment mal, Mutter«, mischte ich mich ein. »Ich freue mich genauso, dass Morgan auf unserem Ball debütieren wird. Aber Janice will mit diesem ganzen gesellschaftlichen Kram nichts zu tun haben. Das schaffe ich auch allein.«
»Wirklich, Ridgely …«, begann Janice zwischen zusammengebissenen Zähnen. Weiter kam sie nicht.
»Pah! Mein Plan ist einfach grandios!«
Anscheinend war meine Mutter tatsächlich verzweifelt, sonst würde sie meine Schwägerin und mich nicht ins selbe Joch spannen, was diesen unseligen Ball betraf. Janice
sah so unglücklich aus, wie ich mich fühlte. In ihrem Kinn zuckte ein Muskel. Offenbar brauchte sie ihre ganze innere Kraft, um sich zu beherrschen.
Mein Bruder stieß die Schwingtür zur Küche auf. Bei unserem Anblick gefror sein Lächeln, das er stets bereitwillig zur Schau trug, und seine Augen verengten sich. Abrupt erstarrte er und sah sich um. Er war klüger, als es seine
Weitere Kostenlose Bücher