Nicht schon wieder ein Vampir! (German Edition)
»Hast du an etwas Bestimmtes gedacht?«
»Eigentlich suche ich nach einem Vampir, ungefähr so groß«, sagte er und hielt die Hand etwa zehn Zentimeter über seinen Kopf. »Es sieht mir ein bisschen ähnlich, nur dass er nicht so attraktiv ist, und er zieht sich an wie ein Automechaniker.«
»Ein gefragter Artikel«, entgegnete ich. »Ich hatte heute Morgen schon einen Kunden, der sich dafür interessiert hat.«
»Tatsächlich?«
Mátyás spielte den Überraschten sehr überzeugend. Er hätte Schauspieler werden sollen, denn ich ging davon aus, dass er sehr wohl wusste, dass der Vatikan hinter Sebastian her war. Jemand musste den Agenten schließlich gesteckt haben, dass sie ihn in meiner Wohnung fanden. Sebastian hatte Mátyás gegenüber vermutlich seine Pläne für den Abend erwähnt.
»Ja«, sagte ich und begann, die Stifte neben der Kasse zu sortieren. »Das Interesse an diesem Artikel war letzte Nacht sogar so groß, dass ich schon befürchtete, er wäre heute restlos vergriffen.«
»Das wäre ja eine Tragödie«, entgegnete Mátyás. »Doch ich nehme an, ich könnte ihn noch bekommen, wenn ich einen guten Preis dafür zahle, oder?«
Lilith begann, unruhig zu werden. Ich atmete tief durch, um meinen wachsenden Zorn im Zaum zu halten. »Das kommt darauf an. Wenn du vorhast, ihn weiterzuverkaufen, machst du wahrscheinlich ordentlich Gewinn. Vielleicht will ich ja daran beteiligt werden.«
Er lachte. »Du willst, dass der Papst auch bei deiner Mutter eine Geisteraustreibung durchführt?«
Dazu fiel mir erst mal nichts ein. Ich war in mehrfacher Hinsicht überrascht, aber am meisten verblüffte mich Mátyás‘ unglaubliche Dummheit. »Glaubst du im Ernst, dass die Kongregation ein solches Versprechen tatsächlich einlöst?«
Zwischen seinen Augenbrauen bildete sich eine kleine Falte.
Er antwortete nicht, doch ich fuhr fort, als hätte er etwas gesagt. »Okay, du hast recht. Vielleicht tun sie es wirklich. Ich meine, warum sollten sie einen Dhampir mit leeren Versprechungen nach Rom locken, der ihnen seine auf wundersame Weise konservierte Hexenmutter frei Haus liefert?«
Mátyás wirkte leicht konsterniert. »Meine Familie ist katholisch.«
»Oh, dann wirst du sicherlich verschont. Ich meine, offensichtlich berücksichtigen sie bei Sebastian ja auch, dass er katholisch ist, nicht wahr?«
Darauf hatte er keine Antwort.
»Aber wie dem auch sei«, fuhr ich fort. »Ich werde Sebastian ganz sicher nicht verpfeifen.«
»Nein?« Er widmete seine Aufmerksamkeit wieder dem mit Edelsteinen besetzten kleinen Spiegel in der Auslage. »Ich hatte gehofft, es wäre dir wenigstens ein bisschen ernst, als wir über den Preis gesprochen haben. Bist du an Geld interessiert? Ich werde nämlich jede Menge davon erben.«
Ich fragte mich, ob es Nachlassgesetze gab, die sich speziell mit Leuten befassten, die eigentlich schon tot waren, aber vermutlich galt man, wenn die Regierung bei dieser Sache ein Mitspracherecht hatte, als halbwegs lebendig, solange man Geld verdiente und seine Steuern bezahlte. Nein, jetzt mal im Ernst, Garnet! Wenn die Regierung von Vampiren wüsste, würde sie sicherlich dafür sorgen, dass die Erbschaftsgesetze die Lebenden begünstigten und die Toten doppelt besteuert wurden.
»Wenn du nicht an Geld interessiert bist, dann vielleicht an etwas anderem?«, fuhr Mátyás fort, als ich nicht antwortete, und sah mich fragend an. »Wie würde es dir gefallen, von der Liste gestrichen zu werden? Stell dir vor, du würdest von der Kongregation freigesprochen? Ein ungestörtes Leben hat sicherlich seinen Reiz.«
Ich schüttelte den Kopf, obwohl ich zugeben musste, dass ich die Vorstellung, nicht mehr verfolgt und den Rest meines Lebens von Stadt zu Stadt gejagt zu werden, durchaus verlockend fand. »Ich glaube nicht, dass du so viel Einfluss …«
Ich hielt inne. Schlagartig dämmerte es mir. »Aber Rosa schon, nicht wahr? Sie ist die Strippenzieherin. Sie steckt hinter dieser ganzen Sache. Die Jungs mit den Knarren haben überhaupt nichts zu sagen; die sind nur der Schlägertrupp.«
Mátyás schien entsetzt darüber zu sein, dass ich Rosas Namen kannte, aber er fasste sich recht schnell wieder. »Sie genießt das Vertrauen derjenigen, die das Sagen haben. Sie könnte dafür sorgen, dass man dich nicht mehr behelligt.«
»Das ist mir nicht so viel wert wie Sebastians Leben.«
Mátyás steckte die Hände in die Hosentaschen und kam auf mich zugeschlendert. Die Kassentheke stand auf einem
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