Nicht schon wieder ein Vampir! (German Edition)
kennengelernt.
Parrish hatte nicht zu meinem Zirkel gehört und war nicht dabei gewesen, als ich Lilith das erste Mal gerufen hatte.
»Wie oft muss ich dir noch sagen, dass Frauen Männer nicht ausstehen können, die in ihre Wohnung einbrechen und ihnen auflauern?«, schimpfte ich, konnte mir ein Lächeln aber nicht verkneifen.
»Und wie sieht es mit denen aus, die beim Leichenverbuddeln helfen?«
Ich hatte ihn in der Tat hinterher angerufen und gebeten, mir dabei zu helfen, die sterblichen Überreste der Vatikan-Agenten verschwinden zu lassen.
In dieser Hinsicht hatte Parrish sich als ein wahrer Freund erwiesen. Die in Gartenfolie gewickelten Leichen waren zu schwer für mich gewesen. Allein hatte ich sie nicht tragen können. Und ohne Liliths Zutun war ich nicht in der Lage gewesen, sie in Stücke zu hacken. Das hatte Parrish vorgeschlagen, als ich ihn in meiner Verzweiflung angerufen hatte, doch letzten Endes hatte er sich bereit erklärt, es auf meine Art zu machen, und irgendetwas vom »Vorrecht des Killers« gesagt. Oh Gott, diese furchtbare Episode hatte ich bis zu diesem Moment glücklich verdrängt.
Das Wiedersehen mit Parrish weckte alle möglichen unangenehmen Gedanken; nicht zuletzt den Wunsch, mich an ihn zu kuscheln und ihm über seine prächtige Mähne zu streichen. »Was willst du?«
»Was ich schon immer wollte, Schätzchen. Dich!«
»Ach so«, sagte ich und versuchte, sarkastisch zu klingen, obwohl ich mich geschmeichelt fühlte und sofort Schmetterlinge im Bauch hatte. »Aber was willst du wirklich? Und wie hast du mich überhaupt gefunden?«
Er saß völlig regungslos da. Ich blieb mit dem Rücken zur halb offenen Tür stehen und wich nicht von der Stelle. Barney hatte inzwischen die Flucht ergriffen, wie ich feststellte: Ihr klagendes Miauen war von unten aus dem Flur zu hören.
»Das war nicht besonders schwer. Du benutzt immer noch deinen richtigen Namen und bist keine fünfhundert Kilometer von Minneapolis weggezogen«, entgegnete Parrish.
Sein Spott war nur schwer zu ertragen. Es war mir alles andere als leichtgefallen, noch einmal ganz neu anzufangen. Okay, dann gab ich eben keine besonders clevere Kriminelle ab, aber das war auch nie mein Ziel gewesen.
Außerdem war ich immer vorsichtig gewesen, egal, was Parrish sagte. Die Mitglieder des Zirkels waren tot. Ebenso alle in die Sache involvierten Vatikan-Agenten. Der Sitz des Zirkels war vollständig niedergebrannt. Keine von uns hatte jemals ihren richtigen Namen benutzt, nicht einmal, wenn wir unter uns gewesen waren. Ich bezweifelte sehr, dass außer Parrish irgendjemand eine Verbindung zwischen der Goth-Tussi Garnet Lacey und der blonden, blauäugigen Meadow Spring herstellen konnte.
Die Erinnerungen an jene Nacht kehrten wieder zurück. Ich hatte sogar den Duft der leckeren Schokokekse in der Nase, die ich extra für den »Wein und Gebäck«-Teil unseres Rituals gebacken hatte, und der Knall, mit dem der Teller auf dem Boden zersplittert war, hallte mir in den Ohren.
»Warum bist du hier?«
»Um dich zu warnen.«
»Die Vatikan-Agentin habe ich schon gesehen«, entgegnete ich.
»Die Vatikan-Agentin?« Er schüttelte den Kopf, sodass seine langen Locken auf seinen Schultern wippten. »Nein. Deinen – und meinen – gewissenhaften Vorkehrungen zum Trotz ist eine von den Leichen wieder aufgetaucht, Garnet. Wegen der anhaltenden Dürre ist der Wasserspiegel des Sees auf dem Friedhof gesunken. Und Mord verjährt nicht, wie du weißt.«
»Mord?«, fuhr ich empört auf. »Das war Notwehr!«
»Eine Behauptung, die weitaus überzeugender wäre, wenn du die Leichen nicht so gut versteckt hättest.« Parrish rührte sich immer noch nicht. Er saß so still, dass man fast meinen konnte, er atme nicht einmal. Nicht dass er die Luft brauchte – außer zum Reden natürlich –, aber wie die meisten Vampire atmete Parrish reflexhaft.
Ich begann mich zu fragen, ob er während des Tages irgendwie paralysiert war. Als wir zusammen gewesen waren, hatte ich Parrish tagsüber nie zu sehen bekommen. Wie viele andere Vampire machte er ein großes Geheimnis daraus, wo er schlief. Bevor ich nachfragen konnte, fuhr er fort: »Den Zeitungen in Minneapolis zufolge wird sich das FBI mit dem Fall befassen, vielleicht sogar Interpol.«
»Interpol?«
»Die Polizei vermutet wohl, dass deine Opfer in Vatikanstadt wohnhaft waren.«
»Meine Opfer ?«
»Du hast ihnen die Kehle herausgerissen, Garnet. Wie soll ich sie denn sonst nennen?«
Nicht ich,
Weitere Kostenlose Bücher