Nicht schon wieder Liebe
Richtung Stadtzentrum brauste.
»Aber so richtig überzeugt davon bist du nicht, wie?«, fragte Eddie neben ihm.
»Nein.« Coop warf seinem Bruder einen Blick von der Seite zu. »Ronnie hat keine Hemmungen, mir zu sagen, dass ich unter aller Kanone bin, wenn sie der Meinung ist, dass ich das bin. Mir zieht sich der Magen zusammen, wenn ich bloß daran denke, was sie sagen könnte, wenn sie die Wahrheit über Peavy rauskriegt.«
»Die Chancen, dass das passiert, sind aber doch eher gering, meinst du nicht?«
»Ich würde sogar sagen, die sind gleich null.« Aber seine Nerven funkten trotzdem unentwegt die Warnung, so schnell wie möglich zu Neil Peavys Büro zu fahren.
Plötzlich schoss ihm ein Gedanke durch den Kopf, der ihn abrupt von seiner Sorge um Veronica ablenkte. »Jesus!«, sagte er. »Du dürftest überhaupt nicht hier sein! Es ist helllichter Tag - wenn dich jemand sieht, werden sie dich in einem solchen Affenzahn ins Gefängnis befördern, dass wir dich vor lauter Staubwolken gar nicht mehr sehen können. Und das auch nur, wenn die Cops nicht als Erstes schießen und sich ihre Fragen für später auf heben.«
»Ich glaube nicht, dass wir uns wegen der Cops allzu große Sorgen machen müssen«, erwiderte Eddie trocken. »Die Polizeidienststelle von Fossil ist wohl kaum das, was man als FBI-Sondereinsatzkommandozentrale bezeichnen würde. Und wenn wir wirklich von den Bullen angehalten werden, dann sagen wir ihnen einfach die Wahrheit: dass ich auf dem Weg zum Revier wäre, um mich zu stellen.«
Coop starrte ihn eine Sekunde lang an. »Ist das dein Ernst?«
»Ja. Ich hätte überhaupt nicht erst abhauen dürfen - das war eine feige, hirnlose Kurzschlussreaktion. Und trotz all jener Nächte, die ich damit verbracht habe, fanatisch alle Möglichkeiten durchzuspielen, um mit Lizzy abzuhauen, weiß ich, dass das überhaupt nicht in Frage kommt. Und deshalb ist es höchste Zeit, dass ich die Suppe, die ich mir eingebrockt habe, auslöffle. Sobald wir uns vergewissert haben, dass mit Veronica alles okay ist, werden wir zum Revier fahren und sehen, ob wir diesen Schlamassel irgendwie wieder in Ordnung bringen können.«
»Du bist wirklich nicht mehr der Junge, dessen Bild ich all diese Jahre über im Kopf mit mir herumgetragen habe, oder?«, fragte Coop langsam. Er hätte das eigentlich nicht als große Offenbarung empfinden sollen, da er verstandesmäßig längst erkannt hatte, dass sein kleiner Bruder erwachsen geworden war.
In emotionaler Hinsicht jedoch und trotz der Bereitwilligkeit seines Bruders, für sein Tun die Verantwortung zu übernehmen, haute ihn diese Erkenntnis regelrecht um.
»Ich bin sicher, die Nachricht ist ein Schock für dich, wenn man bedenkt, wie ich mich vor kurzem erst benommen habe«, erwiderte Eddie trocken, »aber die Wahrheit ist, dass ich an dem Tag aufgehört habe, ein Kind zu sein, an dem mein Kind geboren wurde.«
Coop dachte mit einem plötzlich Gefühl der Wehmut an all die Jahre, die sie verloren hatten. »Ich bin dir kein sonderlich guter Bruder gewesen«, sagte er leise. »Das tut mir Leid.«
»Was?« Eddie starrte ihn verdutzt an. »Wo zum Teufel ist denn das hergekommen?«
»Ich bin nicht für dich da gewesen - ich bin nicht annähernd oft genug in deiner Nähe gewesen. Jedenfalls nicht dann, wenn ich hätte da sein sollen.«
»Hey« Eddie zuckte die Achseln. »Dieses Thema hatten wir doch eigentlich schon abgehakt. Außerdem haben wir uns doch immer mal wieder gesehen.«
»Ja, aber auch nur dann, wenn du dir während deiner Geschäftsreisen in meinen Teil des Landes die Mühe gemacht hast, mich zu besuchen.« Coop dachte einen Moment darüber nach. »Es ist doch irgendwie eine seltsame Art von Witz, wirklich. Ich hab` mich immer in dieser Vorstellung verhakt, dass du ein ewiges Kind bist... dabei ist es in Wirklichkeit so, dass ich derjenige bin, der endlich erwachsen werden und weiterkommen muss. Ich habe zu viele verdammte Jahre lang zugelassen, dass Moms Meinung über mich mein Handeln und Denken beherrscht, und das hat mich davon ab gehalten, zurückzukommen, um dich zu sehen - denn das bedeutete, dass ich in diesen Teil der Welt hätte zurückkehren müssen. Ganz zu schweigen davon, dass die Art, wie ich sogar jetzt noch, viele Jahre nach ihrem Tod, für sie empfinde, mich daran gehindert hat -« Er brach unvermittelt ab und verdrängte das Thema. Über die Art nachzudenken, wie er auch mit Veronica alles vermasselt hatte, war etwas, was er sich jetzt
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