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Nicht so laut vor Jericho

Nicht so laut vor Jericho

Titel: Nicht so laut vor Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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den Mädeln, die Französisch können, noch weiter fragen lassen: Entschuldigen Sie, Boulanger, in der Regiebemerkung heißt es, daß ich unter den Tisch kriechen soll, aber es ist keine Rede davon, daß ich bis zum Ende des Stücks dort bleiben muß. Daraufhin hat er auf Französisch zu toben angefangen, daß mich das angeblich nichts angeht, und wenn er verlangt, daß ich zwei Monate unter dem Tisch liegen bleibe, dann habe ich zwei Monate lang unter dem Tisch liegen zu bleiben, Punkt. Daraufhin bin ich sofort zur Direktion gegangen und habe mit aller Schärfe festgestellt, daß man mich mit meinen achtunddreißig Jahren Bühnenerfahrung nicht so behandeln darf, und daß ich mir so etwas nicht gefallen lasse, das kann er vielleicht in einem Flohzirkus machen, aber nicht mit mir, Jarden Podmanitzki, ich denke gar nicht daran, stundenlang auf den bekannt dreckigen Brettern unserer Notbehelfsbühne liegen zu bleiben und mir womöglich einen Span einzuziehen. Die Direktion war außer sich und hat mich kniefällig gebeten, diesem französischen Kretin ausnahmsweise den Gefallen zu tun, er wird sowieso nie wieder engagiert. Damals wußten sie allerdings noch nicht, was für gute Kritiken er haben wird.«
    »Richtig, richtig. Die haben sich ja geradezu überschlagen vor Begeisterung. Wenn man den Kritikern glauben darf, hat Boulangers Regie das Marionettenhafte unserer zerrissenen Nachkriegsgeneration universell zum Ausdruck gebracht.«
    »Das sieht ein Blinder.«
    »Besonders hingerissen waren sie von der Szene, wo Sie und die fünf männlichen Prostituierten auf einer Nähmaschine sitzen, jeder mit einem anders gefärbten Taschentuch vor dem Gesicht. Übrigens – was bedeutet das?«
    »Ein Taschentuch ist ein kleines Tuch, das man in der Tasche trägt, und wenn man sich Gott behüte erkältet, dann –«
    »Was ein Taschentuch ist, weiß ich, Herr Podmanitzki. Ich möchte wissen, was diese Szene auf der Nähmaschine bedeuten soll.«
    »Haben Sie die Kritik von Avigdor ben Parrot nicht gelesen? Warten Sie, ich habe sie zufällig bei mir. Da, hören Sie: ›Die Orgie der Taschentücher auf der Nähmaschine weitet sich zu einem Kaleidoskop unseres paradoxen Bewußtseinszustands.‹ Klar?«
    »Vollkommen. Aber warum bedecken Sie die Augen?«
    »Warum, warum! Diskutieren Sie mit einem französischen Goj, der keine anständige Sprache kann, nicht einmal Russisch. Da muß man nachgeben. Er will ein Taschentuch haben – bekommt er ein Taschentuch. Was mich wirklich ärgert, ist etwas andres. Mundek, wie immer. Meinem ärgsten Feind wünsche ich keinen solchen Requisiteur. Ich habe ihm gesagt, ich habe ihn gebeten, ich habe ihn angefleht, die Taschentücher zu waschen, damit der Kampfergeruch herausgeht. Glauben Sie, er wäscht? Schon bei der zweiten Vorstellung sagt Honigmann mitten auf der Nähmaschine: ›Großer Gott, ich muß niesen!‹ Wir haben es alle gehört. Dann geh du hin und spiel eine tragische Szene…«
    In diesem Augenblick trat eine alte, vornehm gekleidete Dame an unseren Tisch, küßte Podmanitzki auf beide Wangen und wisperte:
    »Ich danke Ihnen, Herr Podmanitzki. Ich danke Ihnen, ich danke Ihnen.«
    Und mit vor Erschütterung bebender Stimme erzählte sie, daß sie den ›Wolkenbruch‹ schon dreimal gesehen habe, einzig und allein wegen der Szene zwischen Podmanitzki und seiner sterbenden Frau, die sich plötzlich im Sarg aufrichtet und ihm gesteht, daß das Kind gar nicht von ihr ist, sondern von einer andern… Noch als die alte Dame sich verabschiedete, schluchzte sie haltlos vor sich hin.
    »Eine sympathische, intelligente Person«, bemerkte Podmanitzki. »Aber welche Frau in dem Stück meint sie eigentlich?«
    »Die Hinkende. Die von einem Ziegenbock vergewaltigt wird. Ihre Frau.«
    »Die ist meine Frau?«
    »Das wissen Sie nicht?«
    »Nun ja, ich wußte, daß sie irgendeine Verwandte von mir spielt, aber ich hatte keine Ahnung, was für eine. Augenblick… aha, jetzt fällt mir ein, wo der Irrtum liegt.«
    »Wo?«
    »Am Beginn des zweiten Akts. Da hat sie mir zu sagen: ›Alfonso, du bist wie eine Schwester zu mir!‹ Deshalb.«
    »Ich entsinne mich dunkel. Was antworten Sie ihr darauf?«
    »Ich antworte: ›Du Hure!‹ und beiße sie ins Knie. Auf das hinauf soll ich wissen, daß sie meine Frau ist? Und sie… lassen Sie mich nachdenken… ja. Sie sagt, daß sie ja nur zuschauen will, wie sich die Molche begatten. Was, ich bitte Sie, sind Molche?«
    »Eine Art Eidechsen.«
    »Hab’ ich mir gleich

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