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Nicht so laut vor Jericho

Nicht so laut vor Jericho

Titel: Nicht so laut vor Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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mein Bestreben, dem Kritiker immer ein Ventil offenzuhalten, durch das er seinen Zorn auspuffen kann. Sonst erstickt er und vernichtet etwas wirklich Wertvolles. Man muß ihm sein Opfer griffbereit servieren. In unserem Fall ist es der Komponist der Begleitmusik.«
    »Wie das?«
    »Ganz einfach. Ich habe einen Komponisten engagiert, der aus Ungarn stammt. Kunstetter – denken Sie nur an seine rumänischen Beziehungen – ist allergisch gegen alles Ungarische. Infolgedessen wird die Bühnenmusik unseres Komponisten ›banal, einfallslos und der geistigen Atmosphäre unseres Landes völlig fremd‹ sein. Der arme Kerl muß alles auf sich nehmen, was Kunstetter an Galle auszuscheiden wünscht.«
    »Ich bewundere Ihren Überblick.«
    »Selbst das kleinste Detail will berücksichtigt sein. Wir hätten ebensogut schon vor zwei Monaten Premiere haben können, aber damals war es zu heiß. Besser gesagt: der Feuchtigkeitsgehalt der Luft war zu hoch. Kunstetter verträgt das nicht. Wenn’s über fünfundachtzig Prozent geht, schlägt er wahllos um sich. Auch das habe ich einkalkuliert. Und die ihm zunächst liegenden Sitze habe ich ausnahmslos an Verwandte von Schauspielern vergeben, die ihn vor Beginn der Vorstellung und während der Pause mit Schmeicheleien überschütten werden. Auf den Eckplatz drei Reihen hinter ihm habe ich seinen schärfsten Konkurrenten gesetzt, den Kritiker Gurewitsch.«
    »Was wird Gurewitsch über das Stück schreiben?«
    »Gurewitsch wird gar nichts schreiben, weil er das Stück übersetzt hat. Kunstetter ist diesmal konkurrenzlos.«
    »Eine wirklich perfekte Planung.«
    »Ich tue, was ich kann. Schließlich steht bei so einer Premiere das Wohl und Wehe von ungefähr sechzig Menschen auf dem Spiel, und da muß man auf Nummer Sicher gehen. Werden Sie sich das Stück anschauen?«
    »Wahrscheinlich.«
    »Wann?«
    »Das weiß ich nicht. Ich warte auf die Kritik von Kunstetter.«
     
     

Das Geisterkommando
     
     
    Die nächste Etappe in der schwindelerregenden Karriere von Jarden Podmanitzki war der Film. Natürlich ist er dem Theater deshalb nicht untreu geworden. In unserem kleinen Land muß jeder alles können, und die Gage ist dementsprechend gering. Damit steht es auch im Zusammenhang, daß die Drehbücher unserer Filme allmorgendlich vor Drehbeginn umgeschrieben werden.
     
    Gestatten Sie, daß ich mich vorstelle. Ich mache einen israelischen Abenteuerfilm, betitelt ›Wo sich die Adler paaren‹. Es ist eine der kühnsten Unternehmungen in der Geschichte der heimischen Filmindustrie, geschrieben und inszeniert von mir, finanziert von ausländischem Geld, nämlich durch eine Subvention der Regierung. Die Handlung beruht auf einer wahren Geschichte meiner Phantasie: Ein israelischer Kommandotrupp sprengt die Raketenbasis von Tanger und kehrt ohne Verluste ins Atelier zurück, was gar nicht so einfach ist, denn die Schauspieler müssen Ägypten, Libyen und Algerien zu Fuß durchqueren. Aber dafür zahle ich ihnen ja auch ein Vermögen.
    Bei den ersten Szenen ging alles glatt ab. Der Kommandant des Kommandotrupps – Jarden Podmanitzki in der Rolle des grimmigen Grischka – rief seine Leute zusammen, führte sie durch die Sahara (für die drei Tage und drei Nächte lang der im Negev gelegene Kibbuz Ejn-Schachar als Double einsprang), kam am vierten Tag vor meiner Hütte an und trat ein und sagte:
    »Morgen muß ich nach Tel-Aviv zurück.«
    »Verrückt geworden? Morgen geraten Sie in einen feindlichen Hinterhalt, das wissen Sie doch.«
    »Tut mir leid. Die Sekretärin der Theaterdirektion hat vorhin
    eigens angerufen. Wir beginnen morgen mit den Proben zu ›Hamlet‹. Ich spiele den Geist des Vaters. Auf diese Rolle habe ich mein Lebtag gewartet.«
    »Sie wollen also kontraktbrüchig werden?«
    »Ich will nicht, ich muß. Ich bin Mitglied eines Kollektivs. Wenn ich kann, komme ich wieder. Alles Gute!«
    Damit entfernte er sich in nördlicher Richtung.
    Ich beschloß, die Dreharbeiten planmäßig weiterzuführen und nur in den Dialog einen Satz einzufügen, eine kurze Erklärung für das plötzliche Verschwinden des Truppenkommandanten infolge plötzlicher Hamlet-Proben. Der Dialog fand zwischen einem Sergeanten namens Trippoli und dem Funker statt.
    Funker: »Wir nähern uns Tanger. Aber Grischka ist nirgends zu sehen. Wo steckt er?«
    Trippoli (mit vielsagendem Lächeln): »Er wird rechtzeitig da sein, verlaß dich auf ihn…«
    Leider konnte man sich nicht auf ihn verlassen. Noch in der

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