Nicht tot genug 14
erwiderte Grace.
Binns zog die Augenbrauen hoch, und Grace wurde einen Moment lang flau, weil er fürchtete, der Staatsanwalt werde Zeugenaussagen von Bishops Golfpartnern verlangen. Zu seiner Erleichterung fügte dieser jedoch nur hinzu: »Vielleicht war es der Adrenalinrausch. Die Erregung, die das Töten verursacht.«
Grace lächelte. Diesmal stand Binns ausnahmsweise mal auf seiner Seite.
Der Staatsanwalt schob den Ärmel zurück, wobei er elegante goldene Manschettenknöpfe enthüllte, und sah auf die Uhr. »So, wie sollen wir nun verfahren?«
Grace hatte die Uhr genau im Auge behalten. Es war fünf Minuten vor sieben. »Nach unserem Gespräch gestern Abend haben wir Bishops Anwalt kontaktiert. Er trifft sich um sieben mit seinem Mandanten. Dann wird DS Branson ihn gemeinsam mit DC Nicholas des Mordes beschuldigen.«
Um halb acht betraten Branson und Nicholas mit einem Wärter das Vernehmungszimmer, in dem Brian Bishop bereits mit seinem Anwalt wartete.
Er trug noch den blauen Papieranzug, hatte dunkle Ringe unter den Augen, und seine Haut zeigte schon die typische Blässe des Gefängnisinsassen. Er hatte sich rasiert, doch das Licht oder die Zeit hatten anscheinend nicht ausgereicht, sodass er einige Stellen übersehen hatte. Auch sein Haar war nicht ordentlich gekämmt. Erst sechsunddreißig Stunden, und er sah schon aus wie ein alter Mann. Branson wusste, was das Gefängnis einem Menschen antat; man veränderte sich dort schneller, als man glaubte.
Leighton Lloyd blickte hoch. »Guten Morgen, meine Herren. Ich hoffe, Sie werden meinen Mandanten endlich freilassen.«
»Bedauere, Sir, aber nach den Ermittlungen, die wir in der vergangenen Nacht angestellt haben, liegen uns jetzt ausreichende Beweise für eine offizielle Beschuldigung vor.«
Bishop sackte in sich zusammen; mit offenem Mund drehte er sich zu seinem Anwalt um.
Leighton Lloyd sprang auf. »Und was ist mit dem Alibi meines Mandanten?«
»Das haben wir genau überprüft«, entgegnete Branson.
»Das ist eine Unverschämtheit! Mein Mandant ist Ihnen sehr kooperativ begegnet. Er hat Ihre Fragen beantwortet.«
»Das wird bei der Verhandlung auch berücksichtigt.« Nun wandte Branson sich unmittelbar an Bishop. »Brian Desmond Bishop, Sie werden beschuldigt, am 4. August dieses Jahres in Brighton, Grafschaft East Sussex, Ihre Ehefrau Katherine Margaret Bishop getötet zu haben. Sie müssen jetzt nichts sagen, aber es kann Ihre Verteidigung beeinträchtigen, wenn Sie bei der Vernehmung etwas verschweigen, das Sie später vor Gericht vorbringen. Alles, was Sie sagen, kann als Beweismittel verwendet werden. Ist das klar?«
Bishop schaute von seinem Anwalt zu Branson. »Ja«, flüsterte er.
Branson wandte sich an Leighton Lloyd. »Wir werden dafür sorgen, dass Ihr Mandant heute Nachmittag um zwei dem Haftrichter vorgeführt wird, wo wir eine Haftverlängerung beantragen werden.«
»Wir stellen einen Antrag auf Kaution«, sagte der Anwalt entschlossen und lächelte Bishop ermutigend zu. »Mein Mandant ist ein aufrechtes Mitglied dieser Gemeinde und eine Säule der Gesellschaft. Ich bin mir sicher, dass er seinen Pass gern als Pfand hinterlegen wird. Außerdem ist er in der Lage, eine beträchtliche Sicherheitsleistung anzubieten.«
»Das entscheidet der Richter«, sagte Branson. Dann kehrte er mit seinem Kollegen nach Sussex House zurück und überließ Bishop seinem Anwalt und den Gefängniswärtern.
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NACHDEM DER S TAATSANWALT GEGANGEN WAR , rief Grace seinen Freund und Kollegen Brian Cook, den Leiter der Scientific Support Branch, an und erkundigte sich nach dem ausgebrannten MG, den die Polizei in der vergangenen Nacht beschlagnahmt hatte.
»Ich habe die Sache noch niemandem zugeteilt, Roy. Es sind zu viele Leute in Urlaub, und alle anderen arbeiten an den beiden Mordfällen. Meinst du, es gibt eine Verbindung zu den Frauenmorden?«
»Nein, ich bin nur neugierig, was da passiert ist.« Trotz Glenn Bransons notorischer Indiskretion war seine Beziehung zu Cleo Morey noch nicht öffentlich bekannt geworden, und so sollte es auch bleiben.
»Dem Vernehmen nach gehört der Wagen Cleo Morey vom Leichenschauhaus«, sagte Cook.
Grace war sich nicht sicher, ob er dies als Anspielung verstehen sollte, doch Cooks nächste Frage vertrieb jeglichen Zweifel. »Sie ist deine Freundin, oder?«
»Wir sind befreundet, das ist richtig.«
»Freut mich für dich! Ich halte dich auf dem Laufenden. Einer unserer Beamten liegt im Krankenhaus, und
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