Nicht tot genug 14
Verdächtigen aufzulisten – bislang nur den Ehemann. Brian Bishops Alibi musste daraufhin abgeklopft werden, ob er vielleicht doch zum Zeitpunkt des Mordes vor Ort gewesen sein konnte. Hatte es ähnliche Morde in der Gegend gegeben? Morde, bei denen eine Gasmaske verwendet wurde?
Grace hatte Norman Potting angewiesen, Luftbilder vom Haus der Bishops und seiner Umgebung wie auch aller Zufahrtsstraßen zu besorgen. Außerdem verlangte er eine detaillierte Bewertung des Tatorts einschließlich der Berichte der Nachbarschaftsbefragung, mit der man am Nachmittag begonnen hatte.
Potting berichtete, dass man die beiden im Haus gefundenen Computer bereits in die High Tech Crime Unit gebracht hatte; außerdem waren die Telefonrechnungen der letzten zwölf Monate und die Handyrechnungen beider Ehepartner beschlagnahmt worden.
»Ich habe das Handy, das man in ihrem Wagen gefunden hat, analysieren lassen, Roy«, ergänzte Potting. »Nur eine Nachricht, um zehn nach elf gestern Morgen, männliche Stimme.« Potting schaute auf seinen Notizblock. »›Bis später‹.«
»Sonst nichts?«
»Wir haben versucht anzurufen, aber die Nummer wurde unterdrückt.«
»Wir müssen herausfinden, von wem sie stammt.«
»Ich habe schon mit der Telefongesellschaft gesprochen«, erwiderte Potting. »Aber ich bekomme die Unterlagen erst am Montag, wenn das Büro wieder besetzt ist.«
Freitag, Samstag und Sonntag waren die schlimmsten Tage, um eine Ermittlung zu beginnen, dachte Grace. Die Labore hatten geschlossen, ebenso alles, was mit Büro und Verwaltung zu tun hatte. Und gerade jetzt benötigten sie ganz schnell diese Informationen, sonst verloren sie zwei oder drei entscheidende Tage mit nutzlosem Warten. »Besorgen Sie mir eine Aufnahme davon. Wir fragen Brian Bishop, ob er die Stimme erkennt. Womöglich ist er es selbst.«
»Nein, das habe ich schon überprüft«, sagte Potting. »Ich habe die Aufnahme dem Gärtner vorgespielt.«
»Gehört er zu den Verdächtigen?«
»Er ist an die achtzig und ziemlich klapprig. Ich würde ihn nicht gerade auf Platz eins setzen.«
Nun lächelten alle.
»Nach meinen Berechnungen steht er damit auf Platz zwei von zwei«, sagte Grace.
Er trank Kaffee, danach einen Schluck Wasser. »Gut, also weiter. Im Augenblick ist es in allen Abteilungen ziemlich ruhig, sodass wir, wenn nötig, weitere Unterstützung anfordern können. Wir müssen damit rechnen, dass sich die Presse ganz auf uns konzentrieren wird, daher sollten wir möglichst schnell Ergebnisse erzielen. Wir wollen ihnen doch keine Angriffsfläche bieten.« Allerdings ging es ihm nicht nur um die Öffentlichkeit, sondern auch darum, seiner Chefin Alison Vosper zu beweisen, dass er gute Arbeit ablieferte.
Als er sich dem forensischen Teil zuwandte, spürte er, wie die Konzentration wuchs. Er überging Nadiuskas technische Details und kam gleich zur Sache. »Katie Bishop starb durch Erdrosseln, vermutlich mit einer dünnen Schnur oder einem Draht. Wir haben Gewebe vom Hals zur weiteren Analyse ins Labor geschickt, da wir uns Hinweise auf die Mordwaffe erhoffen.« Er trank noch einen Schluck Kaffee. »In ihrer Vagina wurde eine beträchtliche Menge Sperma gefunden, was daraufhindeutet, dass sie kurz vor ihrem Tod Geschlechtsverkehr hatte.«
»Dann hat sie wenigstens noch ein bisschen Spaß gehabt«, murmelte Potting.
»Sie sind widerlich!«, stieß Bella Moy hervor.
Grace kochte innerlich vor Zorn. »Norman, das reicht jetzt. Wir sprechen uns gleich noch. Keiner hier legt Wert auf Ihre geschmacklosen Scherze, verstanden?«
Potting senkte die Augen wie ein gescholtener Schuljunge. »War nicht so gemeint, Roy.«
»Das Sperma wurde ebenfalls ins Labor geschickt.«
»Wann rechnen Sie mit den Ergebnissen?«, fragte Nick Nicholas.
»Nicht vor Montag.«
»Wir brauchen eine Probe von Brian Bishop«, warf Zafferone ein.
»Das haben wir heute Nachmittag erledigt«, erklärte Grace.
Er schaute zu Glenn Branson gegenüber, der mit düsterer Miene nickte. Er schien den Tränen nahe. Vielleicht hätte er ihm noch ein bisschen Zeit lassen sollen, dachte Grace schuldbewusst. Eheprobleme, körperlich nicht in bester Verfassung, furchtbar verkatert und dazu noch diese Ermittlung. Aber jetzt konnte er nicht mehr zurück.
Potting hob die Hand. »Hm, Roy – das Vorhandensein von Sperma – können wir annehmen, dass sie vergewaltigt wurde?«
»Nein, Norman, bloße Annahmen gefährden jede vernünftige Ermittlung.« Grace trank einen Schluck Wasser und
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