Nicht tot genug 14
gewesen, er hatte das unglaublich schöne Sommerwetter genossen, eine der besten Golfpartien seines Lebens gespielt. Jetzt, nur achteinhalb Stunden später, war sein Leben zerstört. Katie war tot.
Seine geliebte Katie.
Und die Polizei schien ernsthaft zu glauben, dass er etwas damit zu tun hatte.
Mein Gott.
Er hatte fast den ganzen Nachmittag mit zwei Polizistinnen verbracht, die sich als Familienbetreuerinnen vorstellten. Nette Frauen, die sehr hilfsbereit gewesen waren, aber ihre Fragen hatten ihn ganz schön mitgenommen. Er brauchte dringend eine Pause.
Und dann die süße Sophie – was hatte das nun wieder zu bedeuten? Warum behauptete sie, sie hätten die Nacht miteinander verbracht? Das stimmte doch gar nicht. Nie im Leben.
Sicher, er fand sie attraktiv. Aber eine Affäre? Er doch nicht. Seine Ex-Frau Zoe hatte eine Affäre gehabt. Er hatte schließlich herausgefunden, dass sie ihn fast drei Jahre lang betrogen hatte, und der Schmerz war fast unerträglich gewesen. So etwas würde er niemandem antun. Zudem hatte er in letzter Zeit gespürt, dass zwischen Katie und ihm nicht alles zum Besten stand und sich daher besonders um ihre Beziehung bemüht.
Sicher, er hatte mit Sophie geflirtet, ihre Gesellschaft genossen. Herrgott, es war eben schmeichelhaft, wenn sich ein Mädchen von Mitte zwanzig für einen interessierte. Aber mehr war es auch nicht gewesen. Vielleicht hatte er sie zu sehr ermutigt. Warum er sie überhaupt nach dieser Konferenz zum Essen eingeladen hatte, war ihm inzwischen schleierhaft. Er hatte die Warnsignale durchaus gespürt, aber trotzdem weitergemacht. Danach hatten sie sich mehrmals getroffen, zwei oder drei E-Mails am Tag geschrieben – wobei ihre in letzter Zeit ganz schön anzüglich geklungen hatten. Er hatte mehrfach mit dem Gedanken gespielt, mit ihr zu schlafen.
Getan hatte er es nie. Verdammt, er hatte sie nicht einmal auf den Mund geküsst.
Oder doch?
Tat er womöglich Dinge, an die er sich nicht erinnern konnte? So etwas kam durchaus vor. Stress konnte zu psychischen Problemen führen, die Funktion des Gehirns beeinträchtigen, und er hatte in letzter Zeit beträchtlichen Stress gehabt, weil ihn seine Firma und Katie viel Kraft kosteten.
Seine Firma, International Rostering Solutions, die er vor neun Jahren gegründet hatte, lief gut – fast schon zu gut. Jeden Morgen musste er früher ins Büro fahren, um die E-Mails vom Vortag zu bearbeiten, meist an die zweihundert, bevor die nächste Flut über ihn hereinbrach. Und nun, da sie Niederlassungen in aller Welt gegründet hatten – zuletzt in New York, Los Angeles, Tokio, Sydney, Dubai und Kuala Lumpur –, lief die Kommunikation rund um die Uhr. Er hatte Personal eingestellt, Arbeit aber noch nie gut delegieren können. Also hockte er zunehmend bis abends im Büro, fuhr dann nach Hause und arbeitete nach dem Essen weiter. Und auch an den Wochenenden, was Katie überhaupt nicht gefiel.
Er hatte gespürt, dass mit ihrer Ehe etwas nicht stimmte. Obwohl sie sich für karitative Zwecke engagierte, fühlte Katie sich zunehmend alleingelassen. Er versuchte ihr begreiflich zu machen, dass er nicht in alle Ewigkeit so viel arbeiten würde – in ein paar Jahren könnte er die Firma vielleicht gewinnbringend verkaufen, sodass er überhaupt nie wieder arbeiten müsste. Doch Katie erinnerte ihn daran, dass er das vor zwei Jahren auch schon gesagt hatte. Und vor vier Jahren.
Erst kürzlich hatte sie ihm wutentbrannt vorgeworfen, er werde immer ein Workaholic bleiben, weil er keine Interessen außer seiner Arbeit habe. Brian hatte wenig überzeugend erwidert, sein Baby, der Jaguar von 1962, den er liebevoll restauriert hatte, interessiere ihn sehr wohl. Worauf sie höhnisch gefragt hatte, wann er ihn denn zum letzten Mal aus der Garage geholt habe. Die Antwort darauf war er ihr schuldig geblieben.
Er konnte sich erinnern, dass ihm sein Arzt während der Trennung von Zoe vorgeschlagen hatte, sich für einige Wochen in eine psychiatrische Klinik zu begeben. Damals hatte er es abgelehnt und die Sache irgendwie so durchgestanden. Doch nun verspürte er das gleiche Gefühl der Niedergeschlagenheit wie damals. Und Katies Verhalten hatte große Ähnlichkeit mit dem von Zoe, bevor er von der Affäre erfahren hatte. Andererseits bildete er sich das alles vielleicht nur ein.
Womöglich funktionierte sein Verstand im Augenblick einfach nicht richtig.
29
DIE KAMERA FUHR LANGSAM und ein wenig ruckartig durch das Schlafzimmer der
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