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Nicht Totzukriegen

Titel: Nicht Totzukriegen
Autoren: Claus Vaske
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ihr Schicksal erfolgreich selbst in die Hand genommen haben«, als Schlagzeile in der
Cosmopolitan
liest sich das prima. Aber hatten die einen Ehevertrag? Und wie viele fliegen auf die Schnauze? Von denen liest man nichts. Außerdem fand ich mein Leben so, wie es bis vor kurzem war, eigentlich prima. Ich möchte gar nichts ändern. Bis auf Tom.
    Am Bahnhof falle ich erschöpft ins Taxi. »Nach Hellersheim, bitte.«
    »Gern«, fistelt der Fahrer.
    Man kann Pech haben mit Taxifahrern oder sehr viel Pech. Ich schau nach vorn: Da krallt sich ein wurstiger Eunuch am Lenkrad fest, mit Spinnenhaaren und aufgedunsenem Gesicht, ein Riesenbaby von fast zwei Metern Größe; ein speckig-schwarzer Lederblouson lässt ihn noch bleicher aussehen.
    Mein Bedarf an schrägen Typen war heute eigentlich schon gedeckt, der Kerl ist mir nicht geheuer, so stelle ich mir den geborenen Sadisten vor. Aber vielleicht tu ich ihm auch unrecht, und er muss nur Medikamente nehmen, die aufschwemmen.
    »Wo kommen Sie denn so spät am Abend her?«, will er wissen, wie in Lauerstellung sitzt er leicht geduckt da und lenkt mit weichen, fließenden Bewegungen das Auto. Beim Fahren wendet er den Kopf immer wieder gleichmäßig nach rechts und nach links, als suchte er ein Opfer, zwischendurch klimpert er mit ausgestreckten Fingern nervös oben auf dem Lenkradkranz. Ist das Hunger, dürstet ihn nach frischem Blut? Ob er heute schon einen Fahrradfahrer gefrühstückt hat oder eine Politesse gerissen? Wenn er auch nur einen Millimeter von der normalen Route abweicht, schreie ich.
    »Aus Frankfurt«, antworte ich knapp.
    »Beruflich?«
    »Privat.«
    »Und Ihr Mann?«
    »Ach, der … Betrügt mich mit ner anderen.«
    »Oh, das ist so charakterlos und egoistisch«, empört er sich hochoktavig.
    »Wem sagen Sie das. Wenn Sie jemanden wissen, der ihn mir unauffällig vom Hals schafft …«
    Der Fahrer beäugt mich im Rückspiegel, dann versucht er sich an einem Lächeln: »Ich kann mal meinen Cousin fragen. Soll ich?«

40
    »Schach!«
    Streu ich gern mal ein beim Backgammon, ist immer ein kleiner Lacher. Wir sitzen in Unterwäsche auf Björns Bett, das Spiel zwischen uns. Er mampft gerade den letzten Rest Pizza, und außerdem habe ich ihn gewinnen lassen, da hat er doppelt gute Laune. Es fühlt sich einfach gut an mit ihm, und, warum auch immer, da kommt mir eben diese Frage in den Sinn:
    »Was willst du eigentlich später mal machen?«
    Bevor ich mit ihm nach Australien auswandere, werde ich doch wohl mal nachhorchen dürfen, wie er sich das alles so vorstellt, wie soll es weitergehen mit uns, und hat er sich jemals Gedanken über seine Zukunft gemacht? Ja, ich weiß, das böse Z-Wort, Männer können es nicht leiden. Aber den Pizzaboten musste wieder ich bezahlen. Björn ist 31, lebt immer noch in seiner abgeranzten Studentenbude und lässt sich von mir mit durchfüttern. Es ist für mich völlig in Ordnung, wenn es nur Sex ist, dann haben wir eben nur Sex. Was heißt »nur«? Er ist gigantisch, er ist großartig, Björn katapultiert mich in ungeahnte Sphären. Er gefällt mir auch als großer Junge, eigentlich ist es sogar das, was ich an ihm liebe, aber falls wir mehr haben, dann will ich auch wissen, wie es weitergeht und worauf ich mich einlasse.
    Björn verschwindet in der Küche. Hände waschen. Ach, Scheiße. Wieso müssen Männer immer wegrennen, wenn es ernst wird?
    Als er zurückkommt, räumt er das Backgammon weg, setzt sich mir gegenüber hin und nimmt meine Hände, ganz süß fragt er: »Wir haben ein Problem, oder?«
    Und dann sondere ich wirklich konzentriert auf einen Schlag den ganzen sentimentalen Müll ab: »Ich bin durcheinander, es ist wunderbar mit dir, aber wo soll das alles hinführen?« Wie aus einem schlechten Groschenroman, ich sage es Wort für Wort haargenau so. Und das Allerschlimmste ist: Ich kann nicht anders, es ist das, was ich fühle. Wahrscheinlich hab ich grad meinen Eisprung. Genau: Mein Zyklus ist schuld, deshalb sehne ich mich mehr als sonst nach Bindung. Gegen seine Natur ist man machtlos.
    Björn hat mir geduldig zugehört, ganz sachlich und ruhig erwidert er: »Du bist verheiratet. Das macht es für mich nicht einfacher.«
    Na toll. Jetzt habe ich wieder den Schwarzen Peter, das Problem liegt bei mir, ich darf mich entscheiden zwischen einer nicht enden wollenden Ehe und einer unverbindlichen Affäre. Schachmatt.
     
    Wo ich grad sowieso schon nicht mehr weiß, wie mein Leben weitergehen soll – und vor allem mit
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