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Nicht Totzukriegen

Titel: Nicht Totzukriegen
Autoren: Claus Vaske
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Donnerstag frei.«
    Damit dackelt er auch schon Yvonne hinterher. Dann soll es eben so sein. Ich buche für Tom und mich ein Wochenende zu zweit in Italien.
     
    Zwei Flüge nach Genua und zurück:
    282,36 €
    Cabrio vor Ort:
    213,– €
    Romantisches Hotel an der ligurischen Steilküste:
    330,– €
    Hohe Klippen & tosende Brandung:
    unbezahlbar.

41
    Die Schilddrüse ist ohne Befund, aber MacLeods Blutwerte sind, wie die Ärztin es ausdrückt, »bedenklich«, was auch immer das bedeuten mag, deshalb hat die Tierärztin seine inneren Organe mit dem Ultraschall abgetastet. Jetzt sitzen MacLeod und ich ihr im Sprechzimmer gegenüber und warten auf die Diagnose. Sie lädt die Bilder der Reihe nach auf den Monitor, sie sind sehr bunt, mir verraten sie nicht viel, aber der Tierärztin.
    »Ihr Hund leidet«, sagt sie, »es macht für ihn keinen Sinn mehr. Sie können ihm viele Schmerzen ersparen.«
    Ich habe mir Bedenkzeit erbeten. »Nehmen Sie sich so viel Zeit, wie Sie möchten«, hat die Tierärztin mit sanfter Stimme geantwortet, »ich kann Ihnen aber nur den Rat geben, sich nicht zu viel zuzumuten.«
    Sie betont noch einmal: »Ersparen Sie sich und dem Hund unnötig lange Qualen.«
    Ich muss Tom anrufen; MacLeod ist so sehr sein wie mein Hund. Und wenn ich ehrlich bin, wüsste ich mir auch gar nicht anders zu helfen, mit wem sonst sollte ich über MacLeod sprechen. Wir verlieren den Partner an unserer Seite, den Dritten im Bunde unserer Ehe. Ich weiß nicht, was uns dann noch zusammenhält, und ich weiß auch nicht, was mir überhaupt noch bleibt. Ich werde seine nasse Schnauze vermissen.
    Als ich mit MacLeod zu Hause ankomme, verkriecht er sich gleich wieder in sein Körbchen. In seinen letzten Stunden dürfte er aber auch aufs Sofa, ich möchte von ihm Abschied nehmen, und so lasse ich ihn ins Wohnzimmer und hebe ihn auf die Polster. Ich setze mich zu ihm. Doch nach kurzer Zeit trottet er wieder auf den Flur hinaus, er spürt, dass es zu Ende geht, und zieht sich zum Sterben zurück. Mir schießen die Tränen in die Augen, ich hocke mich neben sein Körbchen auf die Fliesen, um ihn zu streicheln.
    Tom hat in der Firma alles stehen und liegen lassen. Als er ankommt, nimmt er mich fest in den Arm, lange stehen wir schweigend da, und er streicht mir tröstend übers Haar. Es mag eine verdammte Lüge sein, dass ich mir bei ihm Trost hole, aber ich brauche ihn, er ist für mich da, und das ist gut so.
    Später kocht er mir Tee, und wir reden. Nicht über uns, über Yvonne, die Liebe, sondern über MacLeod, die Tierärztin, den Tod. Wir schauen ein paar sinnlose Filme, zwischendurch stehe ich auf und streichle den Hund, oder ich gehe auf die Terrasse hinaus, um zu rauchen. Das mache ich nur sehr selten, in besonderen Momenten, egal ob besonders gut oder besonders schlecht. Unter dem dunklen Hellersheimer Nachthimmel ziehe ich an der Zigarette, der Rauch kriecht tief in meine Lunge, und das Nikotin fährt meine Synapsen runter. Ich hatte beinahe vergessen, wie entspannend es ist, auf unserer Terrasse zu sitzen, und die Begonien bräuchten auch mal wieder Pflege. Tom bringt mir eine Decke, ich mummel mich darin ein und weine mich aus. So nehme ich Abschied von MacLeod.
    Wir haben beschlossen, es schnell hinter uns zu bringen, weil MacLeod anzusehen ist, wie starke Schmerzen er hat. Während ich draußen warte, übernimmt Tom den schweren Gang zur Tierärztin, und tatsächlich denke ich nur einen kurzen Moment lang darüber nach, ob Einschläfern vielleicht auch eine Option für treulose Ehemänner sein könnte. Zumindest wäre es unspektakulärer als der ganze Mist, den ich bisher probiert habe.
    Tom fährt kurz in die Firma, um ein paar dringende Angelegenheiten zu klären, außerdem brauche ich neue Tempos. Während seiner Abwesenheit sammle ich alles ein, was mich an MacLeod erinnert, seine Leine, die Spielsachen, den Fressnapf, ich lege es in sein Körbchen und trage es in den Keller. Neben die Garderobe, wo MacLeod bisher seinen Platz hatte, werde ich eine schöne Pflanze stellen. Als Erinnerung, die bleibt. »Es ist nur ein Hund«, sagen viele. Aber ein Hund ist kein Ding, MacLeod hatte Persönlichkeit, er besaß gute Eigenschaften und ein paar sehr schlechte, ich habe einen Vertrauten verloren, der mich mit seiner Nase angestupst hat, wenn ich traurig war, und über den ich mich aufregen konnte, wenn sein Sabbern mal wieder das Sofa durchsaftet hatte, ich habe ihn geliebt, und er wird mir fehlen. Aber wenn
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