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Nicht Totzukriegen

Titel: Nicht Totzukriegen
Autoren: Claus Vaske
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wem, setzt Tom am nächsten Morgen noch locker einen drauf. Es geschieht, als er sich unter laufendem Wasser die angesengten Finger kühlt, schuld ist mal wieder die Espressomaschine, ganz nebenbei schlägt er plötzlich vor: »Wie wär’s, wenn wir für ein Wochenende wegfahren? Einfach so. Spontan.«
    »Ja, warum nicht. Mal schauen«, antworte ich so ausweichend wie möglich.
    »Wunderbar.« Er nimmt sich seinen Kaffee, küsst mich auf den Nacken und verschwindet ins Schlafzimmer, wo er sich fürs Büro anzieht.
    Was hat das nun wieder zu bedeuten? Will er sich sein Frauchen warmhalten, nur für alle Fälle? Oder ist Yvonne Vergangenheit? Was mache ich dann mit Björn, er mit mir und wir mit Tom? Allmählich verliere ich den Überblick. Maryam, hilf! Sie ist an diesem Morgen bei Gericht, vielleicht schaffe ich es, sie noch vor ihrem ersten Prozesstermin abzufangen.
     
    Während ich noch in der Einlasskontrolle festhänge, stürmt sie grad durchs Foyer, und sie streitet sich wieder mit der Häkelmütze, ihrem Erzfeind von der Staatsanwaltschaft.
    »Maryam! Maryam!«, rufe ich. Vergeblich. Sie hört mich nicht. Als ich von der Security endlich meine Handtasche zurückbekomme, schließt sich hinter den beiden gerade die Fahrstuhltür – und sie fetzen sich immer noch heftigst. Gut, dass ich mir gemerkt habe, wo der Knabe sein Büro hat. Ich nehme die Treppe.
    Im zweiten Stock angekommen, sehe ich gerade noch, wie die beiden, während er weiterhin energisch auf sie einredet, in seinem Büro verschwinden. Ich schicke ihr eine SMS , dass ich vor der Tür warte. Zehn Minuten gebe ich ihr. Und danach lege ich noch mal fünf Minuten drauf. Keine Maryam, keine Häkelmütze, keine SMS . Ich hätte nie gedacht, dass diese beiden Hitzköpfe es länger als zehn Sekunden miteinander in einem Raum aushalten. Schreiben die zwei das BGB um? Muss ich mir Sorgen machen? Wenn sie so lange mit einem Mann in den gleichen vier Wänden war, hatte sie schon oft genug einen Heiratsantrag an der Backe. Mir egal, meinetwegen können sie sich auch gegenseitig die Haare ausreißen, mir dauert das hier zu lange, ich muss mich endlich in der Agentur blicken lassen.
     
    Vor mir liegt die Akte »Patrizia Stilsken«, Yvonne hat mir eine Infomappe über die ehemalige Eisprinzessin zusammengestellt; den Fotos nach zu urteilen, ist sie heute allerdings eher Königinmutter on Ice. Und da heißt es, Sachen blieben auf Eis länger frisch.
    »Sie lässt fragen, ob sie besser zu
One Moment in Time
laufen soll oder zu
Schwanensee
«, informiert Yvonne mich.
    Doch so originell. Zielsicher hat sie sich zwei der abgedroschensten Titel ever herausgepickt. Ich werde mir eine Alternative überlegen müssen.
    Inzwischen bin ich bei den neuesten Fotos angekommen. Schlanker ist Patrizia Stilsken in all den Jahren auch nicht geworden, sie sieht sogar regelrecht moppelig aus.
    Ich halte eines der Fotos hoch und kann mir den Kommentar nicht verkneifen: »Wie wäre es mit
Baby Elephant Walk

    »Kenn ich nicht.«
    »Ist ne alte Filmmusik.« Ich mache Yvonne den wackeligen Gang eines jungen Elefanten vor und singe dazu die Melodie des
Baby Elephant Walk
, sie lacht, bevor sie auf den Flur verschwindet, hüftwackelnd wie immer.
    Wie absurd: Hier albern wir herum, aber in der Liebe sind wir Rivalinnen. Wobei, läuft da noch was mit Tom, oder ist irgendwer von irgendwem abserviert worden? Ich würd’s gern wissen, noch sind Flüge fürs kommende Wochenende sensationell günstig zu bekommen. Wie soll ich auf einer so schmalen Datenbasis den Urlaub buchen? Gib mir ein Zeichen, ein Indiz nur, einen klitzekleinen Hinweis, da bin ich anspruchslos. Es muss gar kein Nervenzusammenbruch sein, verheulte Augen würden mir völlig reichen, meinetwegen könnte Yvonne sich auch stundenlang auf dem Klo einschließen, so wie ich neulich, ich erhebe kein Monopol darauf. Doch ihr ist keine Veränderung anzumerken.
    Johannes kommt in mein Büro, na ja, nicht ganz; er bleibt auf der Schwelle stehen und lehnt sich mit der Schulter voran gegen den Türrahmen. Während er mit mir spricht, schaut er mich gar nicht an, stattdessen stiert er gebannt Yvonne auf den Wackelhintern. So wie ich diese Agentur kenne, wird ihr Vertrag bestimmt bald verlängert werden.
    »Ihr wollt übers Wochenende wegfliegen?«, fragt Johannes. Woher weiß er das schon wieder. Beratschlagt Tom sich erst mit ihm, bevor er etwas mit mir unternimmt?
    »Ja.«
    »Find ich gut. Spann ein paar Tage aus, du hast ab
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