Nicht Totzukriegen
Peter Maffay.
Seine Jungs in schwarzen Synthetik-Jacken schauen mich an, sie schauen sich gegenseitig an, dann stellen sie ratlos fest: »Keine Ahnung.«
Den Moment der Verunsicherung muss ich nutzen, sonst bin ich wahrscheinlich ganz schnell wieder draußen. Vielleicht möchte jemand ein Tic Tac? Ist mit Orangengeschmack! Nein, damit komme ich hier nicht weiter.
»Ich möchte ein Geschäft vorschlagen.«
Geschäft, ja! Geschäft ist immer gut, welcher Gangster würde schon ein lohnendes Geschäft ausschlagen, oder gibt es etwa Kriminelle, die sagen: Mich interessieren Inhalte, ich möchte einen Job, der mich intellektuell ausfüllt und in dem ich mit Menschen zu tun habe?
»Dreißig Euro, höchstens«, murmelt einer hinter mir, und ich kann fast spüren, wie er mich dabei anglotzt und mein Hinterteil taxiert.
»Ja, aber ohne Gummi«, ergänzt sein Kollege.
»Was meinst’n, ob die auch peitscht?«
Mir platzt der Kragen. Es ist Zeit, Tacheles zu reden und diesen beiden aufgeplusterten Gorillas gehörig den Kopf zu waschen, stellvertretend für alle schwanzgesteuerten Idioten der Welt.
»Was glaubt ihr eigentlich, wer ihr seid? Wer hat euch nur ausm Busch gelockt? Ihr … ihr Brüllaffen meint, nur weil euch was zwischen den Beinen baumelt, ist die Welt nur für euch geschaffen!?«
Der große, grimmig dreinschauende Mann in einer schwarzen Synthetik-Jacke, den ich meinte, zieht den Rotz in der Nase hoch, er greift sich in den Schritt und erklärt laut und deutlich: »Ja!« Triumphierend blickt er um sich.
»Hat die Feuer im Arsch! Ich zahl hundert.«
»Hundertzwanzig.«
Ja, was in diesem Milieu geschieht, ist diskriminierend und entwürdigend. Aber niemals hätte ich dabei an mich gedacht. Und jetzt? Bieten sie auf mich!
»Jetzt hört mal gut zu, ihr Schwachköpfe, euch fault evolutionsmäßig euer Chromosom unterm Arsch weg, und ihr haltet euch immer noch für die Krone der Schöpfung? Unglaublich! Euch müsste man –«
»Hamma! Ich zahl jeden Preis!«
Nur der Bratklops vor mir hat plötzlich ganz schlechte Laune. Nicole, warum kannst du nicht einfach mal den Mund halten? So einer braucht doch nur mit den Fingern zu schnippen, und ich bin Matsch. Er geht bedrohlich auf mich zu und babbelt los: »Ey, Alde, mir fault gar nichts unnnäm Ahsch weg.«
Okay, so breites Hessisch nimmt viel von dem Bedrohungspotenzial. Außerdem hält sein Boss ihn zurück, er schiebt sich zwischen uns und sieht mich prüfend an.
»Was willst du?«, fragt er, ganz geschäftsmäßig.
»Ich suche einen Killer.«
Seine Miene trübt sich ein, er wendet den Kopf zur Seite, als würde er zutiefst trauern. »Ja, wer nicht?«, erhebt er klagend die Stimme, »gutes Personal ist schwer zu bekommen, das sag ich immer wieder. Was ich schon probiert habe! Die einen sind unzuverlässig, oder sie treffen schlecht, die anderen hinterlassen Spuren, sie machen Fehler, einfachste Fehler, und werden verhaftet. Oder sie verpfeifen dich bei den Bullen, und du landest selbst hinter Gittern. Findest du aber mal einen wirklich zuverlässigen Mann, kannst du ihn nicht bezahlen. Traurig, aber es ist wahr. Die Welt sähe anders aus, hätten wir mehr gut ausgebildete Fachkräfte. Auch in unserer Branche. Aber Baby – das sind die Zeiten.«
Ich bin platt. »Es gibt keine?«
Er schüttelt bedauernd den Kopf: »Es gibt keine. In Berlin, vielleicht. Da ist viel möglich. Hier nicht. Aber«, fährt die Stimme von Peter Maffay fort, »ich gebe dir meine Nummer. Sag Bescheid, wenn du was hörst.« Er drückt mir seine persönliche Visitenkarte in die Hand, auf der wirklich nur seine Telefonnummer steht, mehr nicht. »Viel Erfolg.«
Mit den Worten bin ich entlassen. Einer der großen, grimmig dreinschauenden Männer in einer schwarzen Synthetik-Jacke geleitet mich zum Ausgang.
Für die Heimfahrt gönne ich mir ein Ticket erster Klasse, ich genieße die Ruhe und Abgeschiedenheit des Luxusabteils.
Es ist aussichtslos. Ich kann Tom nichts anhaben. Und jeder weitere Tag mit ihm ist wie ein neuer Nadelstich. Was bleibt mir jetzt noch übrig? Vielleicht werde ich doch Alkoholikerin; oder ich läute vorzeitig die Menopause ein, peppe mein Leben mit irgendeiner exotischen Neurose auf, hocke mich frustriert vor den Fernseher und bestelle auf dem Homeshopping-Kanal nutzlosen Kram wie beleuchtete Nagelfeilen, kompostierbare Duschhauben und Armeen absurder Porzellanfigürchen.
Oder ich schmeiße alles hin und fange ganz mutig mit Björn neu an. »Frauen, die
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